Musikschule Stein auf grosser „Schlittenfahrt“
Von: Hans Berger
Auf ihren imaginären Schlitten sausten vergangenen Sonntag im Saalbau Stein rund achtzig Schülerinnen und Schüler der Musikschule Stein - anlässlich ihres Jahreskonzertes „Eine musikalische Schlittenfahrt“ - durch eine glitzernde, von vielen begeisterten Zuschauern flankierte Winterwunderlandschaft. Auf und ab, schnell und langsam, so aufregend und spannend wie die Töne und Klänge, die dabei zu vernehmen waren. Was jedoch nur möglich war, weil vorgängig das „Pistenpersonal“ (Lehrerschaft) die Piste hervorragend präpariert hatte.
Musikschule Stein auf grosser Schlittenfahrt
Mit auf den ersten Blick stiller, im Kern dennoch grosser Begeisterung „tobten“ sich die SchülerInnen, ob Gross oder Klein, bei ihrer fiktiven Schlittenfahrt aus, wobei diese - unüblicherweise - nie bergab als vielmehr immer bergauf ging. Was wiederum von einem beispielhaften Mentaltraining seitens der Coachs zeugt, denn kamen die musikalischen Athletinnen und Athleten mal von der Fahrbahn, setzten sie ihre Fahrt mit einem Selbstverständnis fort, so als wäre nichts geschehen.
Und da soll doch mal eine/einer behaupten, dass das Musizieren nicht das Selbstvertrauen fördert, zumal wenn das Publikum - so wie jenes in Stein - im Sinne einer modernen Fehlerkultur - „Ausrutscher“ als wichtigen Teil der Persönlichkeitsentwicklung anerkennt.
Jung vor Alt
Die mutmassliche Ideologie der Musikschule Stein (zuerst die Jungen, dann die Alten) widerspiegelte sich im Programm des Jahreskonzertes, denn eröffnet wurde es von einem Blockflötenensemble mit der Arie von Papageno „Der Vogelhändler“ aus der Oper Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart und endete mit der Schlittenfahrt von dessen Vater Leopold Mozart. Im Vergleich der beiden Kompositionen war eindeutig festzustellen, dass auch in der Musik die Zukunft der Jugend gehört.
Jene von Stein jedoch vermochte ihren Meisterinnen und Meistern noch nicht das Wasser zu reichen, welchen es dereinst aber sicher leichter fallen wird, ein Überholmanöver ihrer SchülerInnen zu anerkennen wie seinerzeit Leopold.
Arabisch, karibisch, französisch
So leichtfüssig beschwingt wie der Vogelhändler kam nach der Begrüssung von Musikschulleiter Christoph Bolliger auch der vom Blockflötenensemble „Facetten“ beschriebene Kamelzug „Camel Train“ daher. Wie klein die Welt doch sein kann bewies das Querflötenensemble und dessen „Angélique“, denn im Nu befand sich das Auditorium im Karibischen Meer auf der Insel Haiti. So, als ob sie dort bleiben wollte, verabschiedete sich via Flügel Emilia Marggraf im Dreivierteltakt mit Frédéric Chopins „Les Adieu“.
Himmlische Klänge
Wie unrecht doch dieser ungehobelte, bayrische Tölpel Aloisius mit seiner Beurteilung des himmlischen Instrumentes hat, war dem Spiel der drei Harfenistinnen Bada Künzi, Meret Meier und Aymin Nussbaum zu entnehmen.
Da Mozart schon im zarten Alter von sechs Jahren als Wunderkind galt und an den grossen Höfen Europas konzertierte, hatte er vermutlich in Sachen Können die Realität verloren, als er mit 32 die Sonate Nr. 16 C-Dur schrieb und sie als „Eine kleine Klavier-Sonate für Anfänger“ bezeichnete. Denn was das Plenum im Saalbau von Yasmina El Hozayel zu hören bekam, tönte alles andere wie „facile“ (mühelos), wie die Sonate seit der Erstausgabe 1805 betitelt wird.
Zart besaitet
Zu begeistern wusste auch ein weiteres Blockflötenensemble mit dem Soundtrack „He's a Pirate“ zum Film „Fluch der Karibik“, desgleichen das riesengrosse Gitarrenensemble, welches durch seine Klangfarbe dem Instrument eine „New Soul“ (neue Seele) gab.
Wer auch immer diese Amelie war, die Yan Tiersen in seinem „Valse d‘Amelie“ beschreibt, sie muss eine besonders hübsche, zarte, aber auch anspruchsvolle Dame gewesen sein, wie dem Spiel von Laura Walz am Flügel entnommen werden konnte.
Grenzenlose Musikpalette
Nein, blau waren die Musiker der Saxformation nicht, als sie „Blue Note Blues“ spielten, aber sicher ist: den Blues haben sie genauso im Blut wie die nachfolgende Perkussionsgruppe den Rhythmus oder Patrick Güntert, Joel Tschan, Kenai Rios und deren Lehrer Mauel Meinen den Rock. Ein Feuerwerk an Rhythmik entfachte die zweite Perkussionsgruppe unter der Leitung von Roland Hasler.
Zur letzten Ab-, respektive Auffahrt versammelten sich nochmals rund dreissig Akteure auf der Bühne und erstürmten mit Leopold Mozarts „Schlittenfahrt“ den musikalischen Berggipfel.
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