Stein will mehr Identität schaffen
Von: Hans Berger
Bauhistorisch gesehen hat Stein keine grosse Geschichte aufzuweisen. Egal, ob unter der Herrschaft vom Kloster Säckingen oder später jener der Habsburger hat Stein – aus städtebaulichem Blickwinkel - das Pech, jahrhundertelang im Schatten vom benachbarten Säckingen gestanden zu sein.
Gemeindeammann Hansueli Bühler
Laut einer Statistik von 1594/96 zählte das Dorf damals gerade mal dreissig erwachsene Einwohner und rund 200 Jahre später im Jahr 1803 lediglich 31 Häuser und 234 Einwohner. Die Tausendermarke wurde erst Ende der 1950er Jahre, mit der Ansiedlung der Ciba, der heutigen Novartis, überschritten, ab dann ging‘s aber rasant bergauf. Heute zählt Stein rund 3‘100 Einwohner, allerdings mit einem sehr hohen Ausländeranteil von beinah vierzig Prozent.
Natürlich den…
Die altgeschichtliche Entwicklung der Gemeinde ist also alles andere wie optimal, um über einen identitätsstiftenden, architektonischen Dorfcharakter zu verfügen, zumal dies in den Bauboomerjahren Steins kaum ein Thema war, im Gegenteil, altehrwürdige Gebäude mussten damals gar der Modernisierung weichen. Immerhin haben die Steiner mit der ältesten, längsten, gedeckten Holzbrücke Europas schon etwas vorzuweisen - nur, sie ist nicht in ihrem Eigentum, sondern… natürlich in jenem der Säckinger.
Potenzialanalyse
Doch es ist noch nicht aller Tage Abend, die Steiner haben noch längst nicht alles Pulver verschossen, wie am vergangenen Dienstag von Gemeindeammann Hansueli Bühler anlässlich einer Infoveranstaltung zu vernehmen war. Grund dieser Zuversicht ist eine Studie. Im Rahmen der IBA Basel 2020 wurde das Münchner Planungsbüro „Studio-Stadt-Region“ mit einer städtebaulichen Potenzialanalyse der Gemeinde Stein beauftragt.
Das Ergebnis vermag bei den vorwärtsgewandten Steinern durchaus Hoffnungen zu wecken. Die Studie entwickelt ein Verständnis der besonderen Rolle der Gemeinde Stein im grenzüberschreitenden Siedlungsgefüge. Vor diesem Hintergrund wurden konkrete, städtebauliche Strategien für die Aufwertung, Verdichtung, Verknüpfung und Weiterentwicklung des Siedlungsgebiets der Gemeinde Stein konzipiert. Dabei wurde auch das Wechselspiel von Erreichbarkeit und Siedlungsentwicklung berücksichtigt.
Ein wesentlicher Faktor der Studie ist zudem das Potenzial der öffentlichen Räume, der Freiräume und Landschaft sowie der Wege und Verbindungen innerhalb der Gemeinde und in der Verknüpfung nach Bad Säckingen. Im Fokus der Planer sind die Gebiete Bahnhof, Schaffhauserstrasse, Holzbrücke und das Sissler Feld als Steins grünes Herz.
Rheinuferweg
Ebenfalls aus der Zusammenarbeit mit der IBA-Basel und deren Projekt Rheinliebe resultiert eine Studie bezüglich Aufwertung des heute kaum genutzten, eher unattraktiven Rheinuferwegs als Naherholungsraum. Angedacht sind eine neue Treppe, eine „Riviera“, sowie Räume für Spiel/Sport, Naturbeobachtungen und Relaxen.
Wie das Ergebnis der Potenzialanalyse wurde vom rund 120-köpfigen Plenum auch die Attraktivierung des Rheinufers grundsätzlich positiv aufgenommen. Wenig Gefallen fanden jedoch einige Votanten an der Investitionssumme von 1,525 Millionen Franken.
„Kulturhaus am Zoll“
Identitätsstiftend wäre vermutlich auch die Umfunktionierung des alten Zollhauses an der Holzbrücke zum „Kulturhaus am Zoll“. Dies sei eine sinnvolle Ergänzung der kulturellen Aktivitäten und eine Aufwertung des Brückenkopfes, gab sich Gemeindeammann Hansueli Bühler überzeugt.
Das Haus soll dereinst Ausstellungen, Konzerten, Lesungen sowie Kleintheatern Platz bieten und auch privat für Festivitäten oder Konferenzen genutzt werden können. Stein des Anstosses einiger Votanten waren wiederum die Kosten von 1,2 Millionen Franken und der architektonisch moderne Anbau.
Fazit
Zur Ehrenrettung Steins muss festgehalten werden, dass es nebst einem relativ tiefen Steuerfuss von 98 Prozent, guten Wohnlagen durchaus auch lauschige Quartiere und architektonisch attraktive alte wie moderne Bauten vorzuweisen hat. Einer davon ist gewiss der Rheinfels-Park, welcher am kommenden Samstag eingeweiht wird.
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