Frau Luna „boykottiert“ Rheinfelder Vollmondnacht
Von: Hans Berger
Weil dicke Wolken die freie Sicht behinderten, hätte vergangenen Samstagabend Matthias Claudius (1740-1815) bestimmt die Inspiration gefehlt, um die ersten Zeilen seines Abendliedes „Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar“ zu ersinnen. Und so kam es eben, dass auch die ansonsten für ihre Sangeslust bekannten Gäste der Rheinfelder „Vollmondnacht“ das Lied nicht anstimmten, obwohl Frau Luna ein Ständchen verdient gehabt hätte, denn schliesslich war es die 100. „Vollmondnacht“ des am 5. Mai 2004 gestarteten Kultevents.
Der Blick auf Frau Luna blieb den Gästen der 100. Rheinfelder Vollmondnacht verwehrt. (Fotomontage) (Mondbild: Andreas Morlok / pixelio.de)
Anfänglich war es eine verschworene Gemeinschaft, welche sich unabhängig der meteorologischen Verhältnisse, egal ob warm, kalt, trocken oder nass, monatlich beim Spielplatz im romantischen Rheinfelder Stadtpark versammelte. Getreu dem Motto:„s`het solang s`het“ serviert das Vollmondnacht-Team seinen Gästen kulinarische Freuden, angefangen vom einfachen Klöpfer bis hin zu fremdländischen Spezialitäten.
Im Zentrum des Treffens steht seit Beginn mehrheitlich „von Hand gemachte“ Musik. So ist die Vollmondnacht für viele regionale Bands auch eine Plattform, wo sie ihr Können einem breiten Publikum vorstellen konnten. Da gemäss Wilhelm Busch bekanntlich Musik oft für nicht schön empfunden wird, weil sie mit Geräusch verbunden ist, kann es jedoch schon mal vorkommen, dass sich Nichtbeteiligte der Analyse Buschs anschliessen.
Non Profit verteilt Profit
Während die Musiker jeweils eine Gage kassierten, fliesst der Rheinerlös nie in die Taschen des Vollmondnachtteams, sondern kommt immer Rheinfeldern Vereinen, Institutionen oder auch wohltätig wirkenden Einzelpersonen zugute.
Dieses Nichtprofitdenken verleit der Vollmondnachtparty dann auch das besondere Ambiente. Konsumzwang ist inexistent, wer nur den kulturellen Teil geniessen will, kann sich irgendwo hinsetzen und dem Gebotenen kostenlos lauschen, genauso kommen aber auch jene auf ihre Rechnung, die nur auf einen Schwatz vorbeikommen.
Renaissance
So verwunderten sich vergangenen Samstag vermutlich nur Outsider, dass angesichts der 100. Vollmondnacht nicht die grosse Fete stattfand. Die Letzte fand im Juli 2011 statt, als deren „Urheber“ zu ihrem 90. und letzten Kultevent einluden. Zwei Jahre später, am 19. September 2013 liess die Rheinfelder Fasnachtsgesellschaft die im Zähringerstädtchen vermisste „Nacht der Nächte“ wieder auferstehen. Angesichts der Daten fällt Mathematikergenies natürlich sofort auf, dass demnach am vergangenen Samstag die 101. Vollmondnacht angestanden wäre. Dies wäre jedoch nur dann der Fall gewesen, wenn die neuen Organisatoren zur Fasnachtszeit nicht darauf verzichtet hätten.
Birthday-Party
Wenngleich die Organisatoren nicht mit den grossen Kellen anrührten, so machte dies indes die fürs kulinarische Vergnügen zuständige Bierchuchi Rheinfelden. Ihrem „Roten Thai-Curry mit Rind“, „Pad Thai mit Poulet“ oder „Pfannengerührtem Gemüse“, selbstverständlich auch thailändisch, war a) nicht zu widerstehen und b) gaben die lukullischen Genüsse der Birthday-Party die richtige Würze. Nicht alltäglich ist jedoch auch, sich von einer Stadträtin bedienen zu lassen, was aber Béa Bieber zusammen mit Roger Wendelspiess mit sichtlicher Freude machte.
Dazu hatte die Initiatorin der Neuauflage der Vollmondnacht auch allen Grund, denn trotz WM-Halbfinale fanden sich weit über hundert „Vollmondsüchtige“ im Stadtpark ein, um dem Erdtrabanten ihre Referenz zu erweisen. Zum fröhlichen und gemütlichen Ambiente trug auch das Duo Amarettos mit seinem Schlager-Partysound bei.
Hypothese
Da der Mond einen gewissen Einfluss auf das Wetter hat, und der Regen am vergangenen Samstag viel später wie von den Meteorologen prognostiziert hernieder prasselte, kann mit Fug und Recht davon ausgegangen werden, dass Frau Luna die 100. Rheinfelder Vollmondnacht vorerst wohlwollend zur Kenntnis nahm.
Weil jedoch die Partygäste partout ihre Hymne „Der Mond ist aufgegangen“ nicht singen wollten, so lässt sich jedenfalls vermuten, hat sie aus Enttäuschung ihren Widerstand innerhalb des Wetterteams aufgegeben, was aber die Vollmondnachtschwärmer nicht sonderlich beeindruckte.
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