Rheinfelder Flohmarkt im „Adelsstand“
Von: Hans Berger
Es ist nicht völlig auszuschliessen, dass vergangenen Samstag der Enkel des letzten österreichischen Kaiserpaars Karl I. und Zita, Erzherzog Simeon von Habsburg-Lothringen bei seinem Bummel durch die pulsierende Rheinfelder Altstadt etwas wehmütig an die Zeit zurückdachte, als das Städtchen noch unter den Fittichen seiner Vorfahren stand und diese vom geschäftigen Treiben profitierten. Allerdings dürfte er sich auch gefragt haben, ob es den Menschen hier so schlecht geht, dass sie so auf Secondhand-Ware abfahren und vielleicht hinterfragte er sich auch, ob die Stadtregierung noch dieselben wirtschaftlichen und sozialen Kompetenzen wie sie seine Ur-Ur-Ur-Ur......-Grossgrossmutter Kaiserin Maria Teresia (1717-1780) hatte. Der den Aristokraten begleitende Stadtammann Franco Mazzi hatte ihn sicher dahingehend beruhigt, dass der Schein trügt und der immense Ansturm auf Gebrauchtes nur am zweimal pro Jahr abgehaltenen Rheinfelder Flohmarkt stattfinde.
Während der Erzherzog auf eine über tausendjährige Familiengeschichte zurückblicken kann, ist jene vom Rheinfelder Flohmarkt mit ihren zwölf Jahren doch recht bescheiden. Ihre Gemeinsamkeit ist jedoch, dass sie beide mal klein anfingen. Trennend wiederum sind a) die beiden Stammbäume; jener der Habsburger Dynaystie ist zwar grösser, aber weit verästelt, jener des Flohmarktes indes noch gradlinig und b), dass die Habsburger ihr Reich abgeben mussten, der Rheinfelder Flohmarkt indes seine vorherrschende Rolle im Fricktal kontinuierlich ausbaut. So konnte er vergangenen Samstag, wie das Bauchgefühl vermuten lässt, punkto Verkäufer wie ebenso potentiellen Käufern sicherlich einen erneuten Rekord verzeichnen. Kunststück, bei dem frühlingshaften Prachtwetter, das aber gleichwohl manche Marktfahrer nicht davon abhielt, ab und an einen besorgten Blick gegen den zunehmend bewölkten Himmel zu werfen.
Kunterbunte Vielfalt
Ein Wirrwarr an Brauchbarem und Schnickschnack, zum Teil gar Antikes wurde in unterschiedlichster Art von den vermutlich über hundert Händlern präsentiert. Keine Marktschreier, die um Kundschaft buhlten, gemütlich sitzend warteten die Marktfahrer auf die Käuferschaft, beantworteten geduldig die Fragen, liessen auch mit sich feilschen, wenn es dann mal sein musste und sie einen echten Feilscher als Gegenüber hatten. Die meistgestellte Frage aber war bestimmt: „Was choschtet das?“, denn die wenigsten Gegenstände waren mit einem Preisschild ausgezeichnet.
Auf unterschiedlichste Art wurden die Utensilien angeboten. Auf einer Mauer, einfach so am Gebüsch angelehnt, konnten Bilder erstanden werden, feines Porzellan wiederum wurde auf schönen Tischdecken präsentiert, Anderes lag einfach so auf der Strasse vor dem Verkaufsstand. Geschirr des täglichen Bedarfs hatte es in Hülle und Fülle, so, dass man einen ganzen Haushalt hätte einrichten können.
Mittelalterliches Feeling
Mit den vielen Secondhand-Textilien war es eine Leichtigkeit, die Garderobe preiswert zu erweitern. Auch Sammler von Grammofonen, Radios, Telefon- und Fotoapparaten, Uhren und anderen „Antiquitäten" kamen nicht zu kurz. Fassaden und Angebot bildeten eine Symbiose, die manchmal von schrillen Utensilien unterbrochen wurde und den geneigten Besuchern die Illusion nahm, sich im vorletzten Jahrhundert zu befinden. Hätten diese allerdings ihr Outfit betrachtet, hätten sie dies auch so gewusst.
Einmal mehr erwies sich auch die recherierte 24. Ausgabe vom Flohmarkt Rheinfelden als Treffpunkt von Krämern und Trödlern, welche mit ihrer Art und ihrem Angebot im Einklang mit der Kulisse den zahlreichen Besuchern ein mittelalterliches Feeling zu vermitteln vermochten. Wiederum eine stimmungsvolle Atmosphäre, die förmlich zum Schlendern und Schmökern einlud.
Es ist daher auch nicht gänzlich auszuschliessen, dass der Erzherzog Simeon von Habsburg-Lothringen und seine Gattin Erzherzogin Maria von Bourbon-Sizilien die vielen, abseits von jeglichem Protokoll, in aller Gemütlichkeit die Angebote frohgemut inspizierenden Gäste ein wenig beneideten.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»