Faszination Universum - Garnelennebel brütet junge Sterne aus
Von: eso/f24.ch
Das leuchtende Durcheinander der im Titelbild sichtbaren Gaswolken bilden eine riesige Sternkinderstube, die den Spitznamen Garnelennebel trägt. Mit ziemlicher Sicherheit ist dieses Bild die schärfste Aufnahme dieses Objektes überhaupt. Sie zeigt Ansammlungen von heissen, neugeborenen Sternen, eingebettet in die Wolken, aus denen der Nebel besteht.
Garnelennebel brütet junge Sterne aus (Foto: ESO. Acknowledgement: Martin Pugh)
Etwa 6’000 Lichtjahre [1] von der Erde entfernt im Sternbild Scorpius (der Skorpion) befindet sich der offiziell als IC 4628 bekannte Garnelennebel. Dabei handelt es sich um eine riesige Region, angefüllt mit Gas und Klumpen dunklen Staubs.
Diese Gaswolken sind Sternentstehungsgebiete, die hell leuchtende, heisse junge Sterne produzieren. Im sichtbaren Bereich des Lichts erscheinen diese Sterne in einer bläulich-weissen Farbe. Sie senden allerdings auch intensive Strahlung in anderen Teilen des elektromagnetischen Spektrums aus – vor allem im ultravioletten Bereich [2].
Es ist das ultraviolette Licht dieser Sterne, das die Gaswolken zum Leuchten bringt. Die Strahlung reisst die Elektronen von Wasserstoffatomen ab. Anschliessend rekombinieren Elektron und Proton wieder zu neutralem Wasserstoff. Dabei wird Energie in Form von Licht freigesetzt. Jedes chemische Element strahlt Licht in charakteristischen Farben ab, wenn dieser Prozess statt findet. Bei Wasserstoff dominiert die Farbe Rot. IC 4628 ist ein Beispiel für eine solche H II-Region aus ionisiertem Wasserstoff [3].
Der Garnelennebel hat einen Durchmesser von etwa 250 Lichtjahren und erstreckt sich über einen Bereich des Himmels, der der vierfachen Fläche des Vollmondes entspricht. Trotz dieser riesigen Ausmasse ist er oft von Beobachtern übersehen worden, da er nur eine geringe Leuchtkraft besitzt und sich ein Grossteil des abgestrahlten Lichts in einem Spektralbereich befindet, der für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Der Nebel ist auch bekannt als Gum 56, benannt nach dem australischen Astronomen Colin Gum, der 1955 einen Katalog von H II-Regionen veröffentlichte.
Über die letzten Jahrmillionen sind in dieser Himmelsregion viele Sterne entstanden, sowohl einzelne Sterne als auch Sternhaufen. So gibt es einen grossen, verstreuten Sternhaufen mit dem Namen Collinder 316, der sich über einen Grossteil des Bildes erstreckt. Dieser Sternhaufen ist Teil einer sehr viel grösseren Ansammlung von sehr heissen und leuchtkräftigen Sternen. Es sind ausserdem viele dunkle Strukturen und Aushöhlungen zu sehen. An diesen Stellen wurde die interstellare Materie von starken Winden weggefegt, die von den nahegelegenen heissen Sternen ausgehen.
Das Titelbild wurde mit dem VLT Survey Telescope (VST) am Paranal Observatorium der ESO in Chile aufgenommen. Das VST das grösste Teleskop der Welt, das für die Durchmusterung des Himmels im sichtbaren Spektralbereich konstruiert wurde. Es handelt sich dabei um ein modernes 2,6-Meter-Teleskop, das für die OmegaCAM Kamera gebaut wurde, die aus 32 einzelnen CCD-Detektoren besteht, die zusammen 268-Megapixel-Bilder erstellen können. Dieses neue Bild mit einer Diagonale von 24’000 Pixeln ist ein Mosaik aus zwei solchen Aufnahmen und ist eines der grössten Einzelbilder, die bis jetzt von der ESO veröffentlicht wurden.
Endnoten
[1] Ein Lichtjahr (Lj) ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. Das sind rund 9,5 Billionen Kilometer. In einer Sekunde sind es 300’000 Kilometer.
[2] Bei ultraviolettem Licht handelt es sich um die Strahlung, die bei ungeschützter Haut Sonnenbrand verursacht, wenn man sie zu lange direktem Sonnenlicht aussetzt. Allerdings schirmt die Atmosphäre der Erde das Leben auf der Oberfläche vom Grossteil der ultravioletten Strahlung ab und lässt nur Licht längerer Wellenlängen (zwischen ca. 300 und 400 Nanometern) zur Erdoberfläche hindurch. Sie verursacht beim Menschen die Bräunung der HAut, aber auch den Sonnenbrand. Ein Teil der ultravioletten Strahlung, die von sehr heissen Sternen in H II-Regionen ausgesandt wird, liegt bei sehr viel kürzeren Wellenlängen (kürzer als 91,2 Nanometer) und kann somit Wasserstoff ionisieren.
[3] Astronomen verwenden den Begriff „H II” (ausgesprochen „Ha-zwei”) für ionisierten Wasserstoff und „H I” („Ha-eins”) für atomaren Wasserstoff. Ein Wasserstoffatom besteht aus einem Elektron, das an ein Proton gebunden ist. In einem ionisierten Gas werden Atome in freie Elektronen und positive Ionen aufgeteilt, in diesem Fall sind die positiven Ionen nur einzelne Protonen.
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