Erwin Rehmann - der Philosoph
Von: Hans Berger
In seiner neusten Ausstellung „Living Metals“ (lebende Metalle) zeigt sich der Künstler Erwin Rehmann beinah ausschliesslich von seiner philosophischen Seite. Für einmal ist nicht er der Meister der rund 300 Licht- und Schnittplastiken als vielmehr der Philosoph, welcher als Künstler die Schönheit der sich selbst erschaffenen Werke entdeckte und sie als Philosoph zu deuten weiss. Skeptiker können indes in der Ausstellung auch das Schreckensszenario der industriellen Revolution 4.0 erahnen, wenn dereinst Roboter Roboter erschaffen und des Menschen Grundrecht auf Arbeit zur Makulatur wird.
Blick in die Ausstellung „Living Metals“ im Museum Rehmann in Laufenburg
Wer jedoch den Gedanken des Philosophen Erwin Rehmann folgen will, muss sich zuerst mit dessen in einem Video im ersten Stock zu vernehmenden Kernsatz „alles, was sich bewegt lebt“ auseinandersetzen. In Bezug auf den Ausstellungstitel „Living Metals“ (lebende Metalle) keine leichte Sache, weil die Nichtfachfrau, der Nichtfachmann dem Metall eher keine Lebendigkeit zuordnete.
Der Schöngeist
Gegebenenfalls sollten sie dem 95-jahrigen Künstler jedoch zugestehen, dass er es wohl besser wissen muss, denn schliesslich hat er sich zeit seines Lebens mit der Materie Metall auseinandergesetzt und das mit grosser Ehrfurcht, wie dem erwähnten Video ebenfalls zu entnehmen ist. Ja, Erwin Rehmann scheint in der aktuellen Ausstellung die Rolle des das Schöne bewundernden „Taugenichts“ im gleichnamigen Gedicht von Gottfried Keller inne zu haben, die Betrachter sollten indes aufpassen, nicht jene des Vaters zu übernehmen.
Winterstarre
Beim Sinnieren kann einem dann irgendwann das biblische - in seiner Analyse nicht zu bestreitende - Gleichnis „Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch“ (Mt 6,26) und gleichzeitig auch Goethes Zitat: „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt“ in den Sinn kommen.
Spätestens jetzt wird einem bewusst, dass des Metalls Lebenselixier die Hitze ist und wenn es genug davon bekommt, es sich selbständig fortbewegt, wandelt und Rehmanns Erkenntnis „alles, was sich bewegt lebt“ auch fürs Metall zutrifft. Wird ihm die Hitze entzogen, fällt es wie Fische, Frösche, Eidechsen, Schildkröten und Insekten in die Winterstarre.
Und wie sich die Geschichte eines Menschen im Gesicht widerspiegelt ist auch in den Plastiken das Leben mit all seinen Freuden, Schmerzen und Sorgen mannigfach zu entdecken. Formen, die faszinieren, weil sie je nach Blickwinkel der Betrachter das eigene Wissen, die eigene Lebenserfahrung zu bestätigen oder gar Antworten auf offene Fragen zu geben vermögen. Die Songwriterin Barbara Morgenstern empfiehlt diesbezüglich:
Aus tausend Winkeln zeigt sich das Niemandsland
Fahr aus der Haut und spüre den Widerstand
Gegen die Zeit und jede Veränderung
Alles, was lebt bewegt sich und andersrum
„Living Metals“ ist eine Ausstellung mit Tiefgang, die zum Philosophieren über Sinn und Unsinn des Lebens geradezu animiert und Türen zur Förderung neuer Erkenntnisse und somit zum Aufbruch zu neuen Ufern öffnet.
Anmerkung: Die ausführliche Fotoreportage verschafft lediglich einen Eindruck der Ausstellung, ersetzt jedoch nicht deren Besuch, da die Fotos weder die Intensität, noch die Farben und Perspektiven der Werke zu wiedergeben vermögen.
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