slowUp Hochrhein - „Freude herrscht“
Von: Hans Berger
Das selbe Privileg wie die Bevölkerung am Hochrhein - auf verkehrsfreier Strasse zu radeln - hatten gestern schweizweit nur noch in Bellinzona die 140 Radprofis der Tour des Suisse. Während jedoch die rund 25‘000 TeilenhmerInnen des slowUp Hochrhein für die 32 Kilometer lange Rundstrecke beinah alle Zeit der Welt hatten, musste Stefan Küng doch ganz gehörig in die Pedale treten, um den 34.1 Kilometer Parcours in 39:44 Minuten zu schaffen, womit er zum Sieger der 9. Etappe gekürt wurde. Übrigens: der Gesamtsieger der TdS ist mit 29:28:05 Std. (1‘212 km) der Australier Richie Porte.
slowUp Hochrhein in Bad Säckingen
Das Wetter am Hochrhein mit wechselnd Sonnenschein und leichter Bewölkung bei bis zu 24 °C war geradezu ideal für eine sportliche Betätigung unter freiem Himmel. Besonders einladend dafür waren natürlich die von zehn bis siebzehn Uhr beidseits des Rheines lastwagen-, auto- und motorradfreien Strassen zwischen Laufenburg und Stein vom 15. slowUp Hochrhein.
Novum
Weil unverständlicherweise trotz Hochkonjunktur schweizweit einige Sponsoren angeblich kein Geld mehr übrig haben, um solche Non-Profit-Events zu sponsern, war die freiwillig für fünf Franken/Euro zu erwerbende slowUp-Vignette in Form eines reflektierenden Klebers fürs Velo unter dem Motto „slowUp-Vignette – Ehrensache!“ ein Novum.
„Wir sind mit dem Verkauf sehr zufrieden und freuen uns über die vielen Menschen, die eine Vignette kauften und damit einen wichtigen Beitrag an die Realisation des slowUp leisten“ resümierten am Abend Helene Häseli und Wendel Hilti von der Geschäftsstelle slowUp Hochrhein.
„Freude herrscht“
Dieser finanzielle Aspekt tat der Freude der rund 25‘000 TeilenhmerInnen jedoch keinen Abbruch, wie den überwiegend strahlenden Gesichtern entnommen werden konnte. Wäre alt Bundesrat Adolf Ogi vor Ort gewesen, hätte er es sich zu Recht wohl kaum verkneifen können, seine berühmten, in die Geschichte eingegangen zwei Worte „Freude herrscht“ auszurufen.
Wilhelm Tell
Ein Epizentrum des slowUp war einmal mehr der aufgrund der riesigen Menschenansammlung kaum noch befahrbare Münsterplatz in Bad Säckingen, wo sich die in den Strassencafés dem Dolce Vita frönenden „Sportmuffels“ und die Sportbegeisterten ein Stelldichein gaben. Der verbindende Nenner der beiden Gruppen war die lockere Stimmung und der Durst.
Wie kaum jemals zuvor erwies sich dann unmittelbar vor der Holzbrücke die Rheinbrückstrasse als Nadelöhr der Strecke. Ein Bild wie in Schillers Drama, in dem Wilhelm Tell, die Armbrust im Anschlag, trocken feststellt: „Durch diese hohle Gasse muss er kommen, es führt kein andrer Weg nach Stein (Küssnacht)“. Ja und so war’s ja dann auch.
Vorfreude
Tell wäre sicher auch aufgefallen, dass einige der TeilnehmerInnen ihre Teams in Russland outfitmässig und mit Fahnen bereits feierten, obwohl die Spiele noch gar nicht gespielt waren. Na ja, Vorfreude ist eben oft die schönere Freude, das mussten jedenfalls die Fans der Deutschen Mannschaft erfahren. Besser erging es da den Schweizern, denn schliesslich „gewann“ ihr Team mit 1:1 gegen den fünffachen Weltmeister Brasilien.
Aber eben, kommt es wie es kommen mag, an einem solchen Freudenfest wie dem slowUp Hochrhein mochte verständlicherweise niemand auf Pessimismus machen.
Heimlicher Helfer
Ein Satz der Gegenwart, welcher auf der Holzbrücke sowohl in Mundart wie in Schriftdeutsch immer wieder zu vernehmen ist, lautet: „Sind wir jetzt schon in der Schweiz?“ Dass dem so ist, erweist sich kurz danach topographisch, weil’s aufgrund der im Gegenuhrzeigersinn verlaufenden Route nach der Brücke bis Laufenburg nur noch bergauf geht. Heuer erleichterte den FahrerInnen jedoch meist ein Rückenwind das Vorwärtskommen.
Fazit
Auch am 15. slowUp Hochrhein war wiederum eine Grossfamilie unterwegs, ganz ohne Stress, ohne Konkurrenzdenken; dabei sein war alles, was zählte, nicht mehr - aber auch nicht weniger. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies auch am 16. Juni 2019 wieder der Fall sein wird.
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