Kreiselfahrt durchs Fricktal
Von: Hans Berger
Wer gerne Kreisel fährt, kann sich über ein mangelndes Angebot im Fricktal nicht beklagen. Auf den beiden Kantonstrassen Kaiseraugst bis Effingen (K292) und Stein bis Schwaderloch (K293) dürfen sich die Kreiselfans auf der rund siebzig Kilometer langen Strecke neunzehn Mal aufs „Karussell“ begeben und dabei sowohl stählerne wie florale Kunstwerke umkreisen.
So richtig auf ihre Kosten kommen die Kreiselfans auf der K292 zwischen Kaiseraugst und Rheinfelden, wo sie auf einer Distanz von rund sieben Kilometern sechs Mal ihrem „Hobby“ frönen könnten, so sie dies auch von Gesetzes wegen tun dürften. Würden die Rating-Agenturen die Anzahl Kreisel einer Gemeinde als ausschlaggebenden Faktor für eine hervorragende Kreditwürdigkeit nehmen, so bekäme Frick mit seinen fünf Kreiseln ein Triple AAA, die beiden Bezirkshauptstädte dagegen allenfalls ein Triple BBB, respektive BB+.
Schlag auf Schlag
Eines scheint gewiss: der Verkehr käme auf den beiden Fricktaler Kantonsstrassen ohne die neunzehn Kreisel arg ins Stocken. Sie sind heute schlichtweg nicht mehr wegzudenken.
Der Weg zu dieser Erkenntnis indes war lang. Die ersten Kreisel wurden 1904 in New York und Paris nicht zum Vergnügen der Automobilisten, sondern schon damals zur Verflüssigung des Verkehrs gebaut. Bis auch der Aargau den Vorteil des Kreisverkehrs erkannte, vergingen allerdings noch rund neunzig Jahre. Nach dem ersten Kreisel – er wurde 1987 in Wettingen eingeweiht – dauerte es sieben Jahre, bis in Aarau und Muri zwei weitere Verkehrsknotenpunkte mit Kreisverkehr reguliert wurden.
Danach ging’s Schlag auf Schlag. Lichtsignalanlagen zur Verkehrsregelung sind bei den Autofahrern out; Kreisel - und mögen sie noch so klein sein - sind in. Vor einer Ampel stehen ist verpönt! Zwar reden alle von „Entschleunigung“, aber wer wartet denn in dieser hektischen Zeit schon gerne zwei oder drei Minuten? Zumindest teilweise verhindern heute im Aargau auf seinen 1'150 Strassenkilometern weit über 150 Kreisel diesen „wertvollen“ Zeitverlust.
Kunstinseln
Der ausführlichen Fotoreportage über die neunzehn Kreisel kann entnommen werden, dass die Fricktaler Gemeinden deren Gestaltung grosse Aufmerksamkeit schenken und deren Kreativität allenfalls nur sicherheitstechnische Grenzen gesetzt sind, was allerdings die künstlerische Freiheit der KünstlerInnen oft drastisch einengt.
Die Inseln bieten ihnen jedoch die Chance, grossformatige Kunstwerke zu schaffen, die kaum anderswo einen Platz fänden, wie beispielsweise der von Daniel Schwarz geschaffene Dino in Frick, dessen drei freundliche Smileys von Sisseln oder die Hornisse von Hornussen. Aber auch Hansjörg Gisigers „Vater Rhein“ in Stein und Gunter Frentzels filigrane Plastik in Kaiseraugst sowie die gleichenorts zu findenden „Archimedischen Schrauben“ könnten sich keinen besseren Standort wünschen.
Zu den floralen Kunstwerken gehört zur Zeit der Kreisel in Laufenburg, dessen vielfältige Blütenpracht beim schnellen Vorbeifahren jedoch kaum wahrgenommen werden kann. Diesbezüglich hat es die Salmen-Lokomotive schon einfacher, um die Aufmerksamkeit der AutofahrerInnen zu erlangen, obwohl für Fremde eigentlich nicht klar ist, weshalb Rheinfelden dort einem Loser unter den Brauereien und nicht dem ihm zu Ruhm und Ehre verhelfenden Feldschlösschen seine Referenz erweist.
Aber eben, die Kreiselgestaltung kann immer hinterfragt werden. So ist auch der „Vater Rhein“ von Stein oder der neuste, von den beiden Künstlern Roger Oechslin und Toni Hollenstein gestaltete Kreisel von Kaiseraugst, der den Zerfall vom einst grossen Augusta Raurica und die Auferstehung des modernen Kaiseraugst symbolisieren soll, sehr umstritten.
Vincent van Gogh meinte diesbezüglich. „Die Normalität ist eine gepflasterte Strasse; man kann gut darauf gehen - doch es wachsen keine Blumen auf ihr.“ oder: „Ich kann nichts dafür, dass meine Bilder sich nicht verkaufen lassen. Aber es wird die Zeit kommen, da die Menschen erkennen, dass sie mehr wert sind als das Geld für die Farbe.“
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