Rosettas Landegerät Philae erfolgreich gelandet
Von: esa/f24.ch
Das Landegerät Philae der ESA-Mission Rosetta hat geschafft, was noch nie zuvor versucht worden war: die Landung auf dem 510 Millionen km von der Erde entfernten Kometen. Nach gespanntem Warten während des siebenstündigen Abstiegs zur Oberfläche des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erreichte das Signal zur Bestätigung der erfolgreichen Landung um 17.03 Uhr MEZ die Erde.
Künstlerische Darstellung vom Aufsetzen Philaes auf dem Kometen (Foto: Esa)
Die Bestätigung wurde über den Rosetta-Orbiter an die Erde weitergeleitet und zeitgleich von der ESA-Bodenstation in Malarguë, Argentinien, und der NASA-Station in Madrid empfangen. Das Signal wurde vom Raumflugkontrollzentrum der ESA (ESOC) in Darmstadt und vom DLR-Kontrollzentrum für das Landegerät in Köln umgehend bestätigt.
Die ersten von den Instrumenten des Landegeräts erfassten Daten wurden an das Wissenschafts-, Betriebs- und Navigationskontrollzentrum für Philae bei der französischen Raumfahrtagentur CNES in Toulouse übertragen.
„Unsere ehrgeizige Rosetta-Mission hat sich einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert: Nachdem sie zunächst als erste Sonde überhaupt einen Kometen angeflogen und umrundet hatte, hat sie nun in einer weiteren Premiere ein Landegerät auf der Oberfläche eines Kometen abgesetzt“, stellte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain fest. „Mit Rosetta öffnen wir die Tür zum Ursprung des Planeten Erde und fördern ein besseres Verständnis unserer Zukunft. Die ESA und ihre Partner bei der Rosetta-Mission haben heute Aussergewöhnliches geleistet.“
„Nach einer mehr als zehnjährigen Reise durch den Weltraum können wir nun die bisher beste wissenschaftliche Analyse eines der ältesten Bestandteile unseres Sonnensystems vornehmen“, so der ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration, Alvaro Giménez. „Der Weg zum heutigen Erfolg wurde in jahrzehntelanger Vorbereitung geebnet, um sicherzustellen, dass Rosetta in der Kometenwissenschaft und der Weltraumexploration auch künftig eine Pionierrolle spielt.“
„Wir sind sehr erleichtert, dass das Landegerät sicher auf der Oberfläche des Kometen steht, vor allem angesichts der besonderen Herausforderung im Zusammenhang mit seinem Zustand“, meinte Stephan Ulamec, Philae-Projektleiter beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „In den nächsten Stunden werden wir genau erfahren, wie und wo wir gelandet sind, und damit beginnen, so viele wissenschaftliche Erkenntnisse wie möglich über die Oberfläche dieser faszinierenden Welt zu gewinnen.“
Rosetta wurde am 2. März 2004 gestartet und ist am 6. August 2014 nach einem Flug von 6,4 Milliarden km durch das Sonnensystem an ihrem Zielkometen angekommen.
„Rosettas Reise war eine ständige betriebliche Herausforderung und erforderte ein innovatives Konzept, Präzision und langjährige Erfahrung“, sagte Thomas Reiter, der Direktor der ESA für bemannte Raumfahrt und Betrieb. „Dieser Erfolg zeugt von der herausragenden Teamarbeit und dem einzigartigen Know-how beim Betrieb von Raumfahrzeugen, das die Europäische Weltraumorganisation in den letzten 50 Jahren erworben hat.“
Der Landeplatz namens Agilkia, der auf der grösseren der beiden Hälften des eigentümlich geformten Kometen liegt, wurde nur sechs Wochen nach dem Einschwenken der Sonde in die Umlaufbahn des Kometen anhand von Bildern und Daten aus Entfernungen zwischen 30 und 100 km zu dem Kometen ausgewählt. Die ersten Bilder zeigten bald, dass die Oberfläche des Kometen mit Gesteinsbrocken übersät ist, hoch aufragende Felswände und steile Abgründe und Gruben aufweist und Gas- und Staubfontänen hinter sich lässt.
Nach einer gewissen Zeit in 10 km Entfernung wurde Rosetta zur Vorbereitung des Ausklinkens von Philae wieder in eine höhere Umlaufbahn befördert.
In der Nacht auf Mittwoch und am frühen Morgen wurden fünf kritische Entscheidungen zur Bestätigung der verschiedenen Bereitschaftsstufen getroffen und das letzte Manöver des Orbiters vor der Abtrennung durchgeführt.
Die Abtrennung in einer Entfernung von 22,5 km vom Mittelpunkt des Kometen wurde bestätigt. Während des siebenstündigen Abstiegs ohne Antrieb oder Lenkung nahm Philae Bilder auf und sammelte Informationen über das Umfeld des Kometen.
„Eine der grössten Unsicherheiten in Verbindung mit dem Absetzen des Landegeräts war die Position von Rosetta zum Zeitpunkt des Ausklinkens, die von der Aktivität des Kometen zu diesem besonderen Zeitpunkt abhing, von der wiederum auch die Abstiegsbahn des Landegeräts hätte beeinflusst werden können“, erklärte Sylvain Lodiot, der Rosetta-Flugbetriebsleiter der ESA. „Hinzu kommt, dass wir diese Vorgänge in einer 510 Millionen km von der Erde entfernten Umgebung durchführen, mit deren Erkundung wir gerade erst begonnen haben.“
Für die Landung war eine Geschwindigkeit von etwa 1m/Sek. geplant, wobei der dreibeinige Landeuntersatz den Aufprall abfing, um ein Zurückfedern in den Weltraum zu verhindern, und an jedem Bein angebrachte Eisschrauben sich in den Boden drehten. Gleichzeitig wurden zwei Harpunen abgeschossen, die das Landegerät an der Oberfläche festzurrten.
Indes wurde während der letzten Überprüfungen des Zustands des Landegeräts vor der Abtrennung ein Problem bei der kleinen, oben auf dem Gerät angebrachten Düse festgestellt, die dem Rückstoss der beiden Harpunen entgegenwirken und das Raumfahrzeug wieder auf die Oberfläche des Himmelskörpers drücken sollte. Die Landungsbedin gungen einschliesslich der Frage, ob die Düse funktioniert hat oder nicht, und die genaue Position von Philae auf dem Kometen werden zurzeit analysiert. Die ersten Aufnahmen von der Oberfläche sind auf ihrem Weg zur Erde und dürften wenige Stunden nach der Landung zur Verfügung stehen.
Das Landegerät wird in den nächsten zweieinhalb Tagen erste wissen schaftliche Beobachtungen vornehmen, vorausgesetzt die Hauptbatterie bleibt funktionsfähig. Anschliessend könnte eine weitere wissenschaft liche Beobachtungsphase unter Nutzung der wieder aufladbaren Zweitbatterie erfolgen, wenn das Sonnenlicht ausreicht und die Solar paneele nicht durch Staubablagerungen beeinträchtigt werden. Diese erweiterte Phase könnte bis März 2015 anhalten, bis sich die Temperatur im Landegerät für einen weiteren Einsatz zu stark aufgeheizt hat.
An wissenschaftlichen Highlights der ersten Beobachtungsphase werden eine Panorama-Ansicht des Landeplatzes, Ausschnitte davon auch in 3D, hochauflösende Aufnahmen der Oberfläche unmittelbar unter dem Landegerät, eine In-situ-Analyse der chemischen Zusammensetzung der Kometenoberfläche sowie die Entnahme von Bohrkernen aus einer Tiefe von 23 cm und deren anschliessende Analyse durch die Laborgeräte an Bord erwartet.
Philae wird auch die elektrischen und mechanischen Eigenschaften der Oberfläche messen und ausserdem durch den Kometenkern hindurch Radiosignale mit niedriger Frequenz zum Rosetta-Orbiter senden, um den inneren Aufbau des Kometen zu erforschen.
Die Messungen, die Philae von seinem Landeplatz aus im Detail vornehmen wird, werden die den gesamten Kometen erfassenden Fernerkundungsdaten des Rosetta-Orbiters ergänzen und kalibrieren.
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