Connaissez-vous mit virtuosen Kontrasten
Von: Hans Berger
Die unter der Ägide von Hedy Stalder in der Laufenburger Kirche St. Johann stattfindende Konzertreihe Connaissez-vous erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Konnte vor rund vier Jahren, als der Violinist Thomas Wicky-Stamm die Konzertreihe von Riehen, wo sie längst triumphale Erfolge feierte, nach Laufenburg brachte noch wenige Besucher anlocken, so hat sie sich zwischenzeitlich zu einer Institution von überregionaler Bedeutung gemausert, die aus dem kulturellen Leben von beiden Laufenburg nicht mehr wegzudenken ist.
„Connaissez-vous?“ Das Caravaggio Quartett Basel mit Thomas Wicky-Stamm, Cosetta Ponte (Violinen), Andrey Smirnov (Viola), Ferdinando Vietti (Violoncello) und Antony Morf als Gast-Klarinettist
So fanden auch am vergangenen Donnerstag rund hundert Freunde der klassischen Musik den Weg in die immer wieder beeindruckende katholische Kirche St. Johann, um den hochbegabten Künstlern zu lauschen und deren „virtuose Kontraste“, so der Zyklus der diesjährigen Konzertreihe von Connaissez-vous, zu erleben. Da allerdings während des Konzertes über dem Publikum das göttliche und beim anschliessenden, von der Stadt offerierten Apéro im Gerichtsgebäude mit Kaiserin Maria Theresia das weltliche Gericht thronte, beschränkten sich die Diskrepanzen nicht nur auf die musikalischen Darbietungen, wo sie aber gewiss am ehesten empfunden wurden.
Freier Lauf
Die Frage Connaissez-vous (kennen Sie) erübrigte sich beim Publikum in der St. Johann Kirche mehrheitlich bezüglich des Komponisten Max Bruch, mit dessen Werk Opus 83 die drei Musiker Thomas Wicky-Stamm (Violine), Andrey Smirnov (Viola) und Laszlo Gyimesi (Klavier) das Konzert eröffneten. Als Kontrast zu den historischen Vorbildern schuf Bruch in seinen „Acht Stücken für Klarinette, Violoncello und Klavier“ Charakterbilder in bester romantischer Tradition; bei jedem Instrument spürte er dessen typische Klangfarbe und Spielweise nach, was acht farbenreiche und rhythmisch wie gesanglich ausdrucksreiche Miniaturen hervorgebracht hat, die sich im Konzertbetrieb grösster Beliebtheit erfreuen. Wie Bruch mit den acht Kompositionen, von denen in Laufenburg vier zu hören waren, setzt auch das Trio einen Kontrast zum Original und ersetzte Klarinette und Violoncello mit den Instrumenten Violine und Viola.
Was immer auch Max Bruch bei seinem Andante, Allegro con moto, Andante-con moto und Allegro agitato beschrieb, er liess der Zuhörerschaft freien Lauf für eine eigene Fantasieentwicklung, welche das Spektrum von melancholischer Stimmung über klagende, herzzerreissende Dynamik, wehmütiges Erinnern und freudiges Hoffen, was der Zwiesprache von Violine und Viola entnommen werden konnte, bis hin zur Eliminierung aller düsteren Gedanken im fulminanten Finale, beinhaltete.
Der Kontrast der Kontraste
Auch bei Béla Bartók erübrigte sich das Connaissez-vous, in der Klassikszene ist sein Name bestens bekannt, weniger aber dessen Musik. Für den Klarinettisten Antony Morf , der zusammen mit Thomas Wicky-Stamm (Violine) und Laszlo Gyimesi (Klavier) Bartóks Werk „Kontraste“, das der mausarme Komponist im Auftrag von Benny Goodman schrieb, spielte, gehört Béla Bartók (1891-1945) zu den grössten Tonkünstlern der Neuzeit.
Waren die Kontraste bis anhin nicht wirklich vernehm- und kaum sichtbar, änderte sich dies mit dem Werk „Kontraste“ schlagartig. Das Gros der Zuhörerschaft fand Bélas Komposition nicht sonderlich bella, zollte aber den drei Künstlern grossen Respekt für ihr Können, das Notentohuwabohu interpretieren zu können. Indes - wer genau hinhörte, vernahm schöne Melodien einzelner Instrumente - nur deren Zusammenspiel war für viele Ohren etwas fremd. Jazzfreunde unter der Zuhörerschaft hingegen kamen bei dem Stück voll auf ihre Rechnung. Antony Morf gestand im Gespräch ein, dass die Musik Bartóks nicht so leicht ins Ohr geht und empfahl sie mehrmals anzuhören, um deren Faszination erleben zu können.
Kontrast zum Kontrast
Beim Klarinettenquintett h-moll op 115 von Johannes Brahms (1833-1897), mit welchem das Caravaggio Quartett Basel mit Thomas Wicky-Stamm, Cosetta Ponte (Violinen), Andrey Smirnov (Viola), Ferdinando Vietti (Violoncello) und Antony Morf als Gast-Klarinettist, zu begeistern wussten war der einzig zu entdeckende Kontrast, dass es ein echter Kontrast zum vorangegangenen Stück „Kontrast“ war. Ausser vielleicht, dass der King of Swing, Benny Goodman selber auch sehr angetan davon war und es genau so beherrschte wie etwa sein „Sing, sing sing“.
Das Publikum jedenfalls genoss die träumerische, tänzerische Musik Brahms, bei der die zarten Töne davon schwebten, als hätten sie Flügel bekommen. Mit dem Adagio vermochte Antony Morf mit seiner beinah schon bluesigen Spielart die Seele seiner Zuhörerschaft zu berühren.
Ja, Connaissez-vous bot einen kontrastreichen, grossartigen Musikgenuss. Mann darf also auf die dritten „Virtuose Kontraste“ gespannt sein, wenn am 24. Februar, 19.30 Uhr wiederum in der Laufenburger St. Johann Kirche gefragt wird „Connaissez-vous?“. Bestimmt wird es auch dann wieder einiges zu entdecken geben.
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