Antibiotika zur richtigen Zeit
Von: Sibylle Augsburger, Interpharma
Wann müssen Antibiotika vor einer Operation verabreicht werden, damit Wundinfektionen aufgrund des operativen Eingriffs möglichst wirksam unterbunden werden können? Diese Frage hat eine Studie mit Beteiligung von zwei Schweizer Spitälern geklärt.
Operationen dienen der Heilung kranker oder verunfallter Patientinnen und Patienten. Zugleich ist eine Operation immer auch ein Eingriff in einen Organismus und geht zwangsläufig mit einem Infektionsrisiko einher. Um dieses Risiko so weit wie möglich zu minimieren, bekommt ein erheblicher Teil der Patienten vor einer Operation verbeugend ein Antibiotikum.
„Dank der Antibiotika-Prophylaxe können wir die Wundinfektionen nach Operationen auf rund die Hälfte reduzieren“, sagt Prof. Dr. Walter Paul Weber, Chefarzt für Brustchirurgie am Universitätsspital Basel. Er ergänzt: „Etwa ein Drittel der Patienten braucht keine Antibiotika-Prophylaxe. Das gilt in erster Linie bei Operationen ohne verschmutze Wunden und bei chirurgischen Eingriffen, bei denen Wundinfektionen einfach zu behandeln sind.“
Zeitfenster
Lange Zeit diskutierten Fachleute die Frage, wie lange vor einer Operation das Antibiotikum verabreicht werden muss, damit es seine bestmögliche Wirksamkeit entfaltet. Diese Frage wurde nun in einer Studie unter der Leitung von Prof. Weber geklärt.
Fazit der Untersuchung: Die antibiotischen Wirkstoffe sollten in den letzten sechzig Minuten vor dem Hautschnitt, der die Operation einleitet, verabreicht werden. Wann genau in diesem Zeitfenster die Abgabe des Antibiotikums erfolgt, spielt keine Rolle. Damit zeigt sich, dass den Ärzten für die Antibiotika-Prophylaxe ein relativ grosser Zeitraum zur Verfügung steht. Über ihre Erkenntnisse berichten die Wissenschaftler in der Fachzeischrift 'The Lancet Infectious Diseases'.
Zwei Spitäler beteiligt
Für die Studie wurden Daten von rund 5‘500 Patientinnen und Patienten von Universitätsspital Basel und Kantonsspital Aarau analysiert. Die statistische Auswertung wurde von der Universität Bern vorgenommen.
Der praktische Nutzen der jüngsten Untersuchung lässt sich am Beispiel des Universitätsspitals Basel veranschaulichen: Dort wurde seit dem Jahr 2008 auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Studie angestrebt, die Antibiotika-Prophylaxe 75 bis 30 Minuten vor dem Schnitt zu verabreichen; es stand also ein Zeitfenster von 45 Minuten zu Verfügung. Dank der neusten Erkenntnisse wächst dieses Zeitfenster nun auf 60 Minuten, und die Verabreichung kurz vor dem Hautschnitt im Operationssaal ist erlaubt. Das schafft für den Spitalalltag wertvolle Flexibilität.
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