Doppelt bestraft
Von: Sibylle Augsburger, Interpharma
Sowohl die genetische Veranlagung als auch bescheidene Lebensverhältnisse erhöhen das Risiko für Fettleibigkeit. Spielen beide Faktoren zusammen, ist das Erkrankungsrisiko noch stärker ausgeprägt, als die einzelnen Einflussgrössen vermuten lassen.
Wie in vielen anderen Städten gibt es auch in Lausanne ein soziales Gefälle. So leben die Menschen im Westteil der Stadt tendenziell in ärmeren Verhältnissen als die Bewohner der östlich gelegenen Quartiere.
Um die Armut von Stadtteilen zu messen, gibt es verschiedene Wege. Einer davon ist der 'Townsend deprivation index'. Diese Messgrösse für Armut hatte der britische Soziologe Peter Townsend in den später 1980er Jahren erdacht. Sie definiert Stadtteile als arm, wenn die Menschen dort überdurchschnittlich oft arbeitslos sind, oft weder Auto noch Wohneigentum besitzen sowie über wenig Wohnraum verfügen.
Genetik und Umwelt spielen zusammen
Eine schweizerisch-britische Studie hat nun untersucht, wie die Armut eines Stadtteils und die Fettleibigkeit seiner Bewohner zusammenhängen. Die Forscher bestätigten dabei den bekannten Befund, dass Menschen, die in ärmeren Gegenden wohnen, eher zu Fettleibigkeit neigen als Menschen aus gut situierten Stadtteilen.
Die Studie von Forschern der ETH Lausanne, des Waadtländer Universitätsspitals (CHUV) und der britischen University of Exeter Medical School ging aber noch einen wichtigen Schritt weiter: Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Personen, die in einer armen Gegend wohnen und zusätzlich eine genetische Veranlagung für Fettleibigkeit haben, ein besonders hohes Risiko für Fettleibigkeit haben.
„Wir können das Risiko aus der armen Umgebung und das Risiko aus der genetischen Veranlagung nicht einfach zusammenzählen; unsere Studie zeigt vielmehr, dass das Erkrankungsrisiko deutlich höher ist als die Summe der beiden Einflussgrössen für sich genommen“, sagt Zoltán Kutalik, Assistenzprofessor am Institut für Sozial- und Präventivmedizin des CHUV.
69 Mutationen begünstigen Übergewicht
Die Forscher hatten 120‘000 Personen aus Grossbritannien in ihre Untersuchung einbezogen und bestätigten die Ergebnisse dann mit 6‘000 Einwohnerinnen und Einwohnern aus Lausanne.
Bei allen Teilnehmern wurde anhand des Body-Mass-Indexes das Mass an Fettleibigkeit bestimmt. Darüber hinaus wurde zu jeder Person eine genetische Analyse angefertigt. Hierbei wurde im Erbgut nach 69 genetischen Mutationen gesucht, von denen bekannt ist, dass sie Fettleibigkeit hervorrufen können.
Auf dieser Grundlage konnten die Forscher für jede der beteiligten Personen bestimmen, in welchem Mass sie aufgrund ihrer Erbanlagen dazu neigt, eine Fettleibigkeit zu entwickeln. Die Untersuchung wurde im 'International Journal of Epidemiology' veröffentlicht.
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