Mehrheit für Behandlungen im Ausland
Von: mm/f24.ch
52 Prozent der Schweizer sind dafür, dass die Krankenkassen im Rahmen der Grundversicherung die Kosten für Behandlungen im Ausland bezahlen sollten. Damit stützen sie laut Umfrage des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch die Stossrichtung eines vom Bundesrat geplanten Vorschlags, der noch in diesem Herbst in die Vernehmlassung soll. Signifikante Unterschiede zeigen sich allerdings zwischen Grenzkantonen und Binnenkantonen. Allgemein weit verbreitet ist die Sorge negativer Auswirkungen auf den Schweizer Arbeitsmarkt – selbst unter den Befürwortern.
Jeder sechste Schweizer hat sich schon einmal im Ausland von einem Arzt behandeln lassen – entweder auf eigene Kosten, zu Lasten einer Zusatzversicherung oder im Notfall. Gesetzlich allerdings noch nicht erlaubt ist, dass Krankenkassen auch im Rahmen der Grundversicherung Auslandsbehandlungen bezahlen.
Genau das will der Bundesrat nun aber durch eine Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) ermöglichen. Der Vorschlag soll noch in diesem Herbst in die Vernehmlassung . Auf die Unterstützung der Bevölkerung kann der Bund dabei laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch setzen: 52 Prozent der Schweizer befürworten das Vorhaben. Nur 30 Prozent lehnen es ab. 18 Prozent äusserten sich unentschlossen.
Pro und Contra
Die Befürworter erhoffen sich hauptsächlich reibungslosere Arztbesuche bei Auslandsaufenthalten und eine finanzielle Entlastung für das Schweizer Gesundheitssystem aufgrund niedrigerer Behandlungskosten. In der Westschweiz lockt jeden zehnten Befürworter die Aussicht, Behandlungen mit Ferien im Ausland kombinieren zu können – in der Deutschschweiz nur jeden zwanzigsten. Die Deutschschweizer sehen in einer grösseren Auswahl an Ärzten, Spitälern und Rehakliniken die grossen Vorteile.
Auf der anderen Seite begründet mehr als jeder zweite Gegner sein Nein mit der Befürchtung, dass Behandlungen ausserhalb der Schweiz höhere Kosten und mehr Verwaltungsaufwand verursachten. Nur jeder Siebte sieht keine Notwendigkeit von Auslandsbehandlungen, weil das Schweizer Gesundheitssystem in seiner jetzigen Form schon ausreiche.
Forderung nach hohem Prämienrabatt
Auch wenn es eine Mehrheit dafür gibt, den Kassen die Erstattung von Auslandsbehandlungen grundsätzlich zu erlauben: 47 Prozent der Schweizer – unter ihnen auch Befürworter – würden persönlich generell keine Behandlung ausserhalb der Schweiz durchführen lassen. Diejenigen, die dazu bereit wären, würden am ehesten für Rehakuren oder ambulante Behandlungen ins Ausland reisen, weniger für stationäre Behandlungen.
Auf eine breite Ablehnung stösst die Idee eines eigenen Versicherungsmodells ähnlich dem Telmed- oder dem Hausarztmodell, das bei bestimmten Behandlungen zum Arztbesuch im Ausland verpflichten und dafür einen Prämiennachlass gewähren würde. Zwei von drei Schweizern sagen dazu: «Auf gar keinen Fall». Selbst von denen, die Ja sagen oder es sich je nach Prämienrabatt vorstellen könnten, würde die Mehrheit erst ab einer Prämienreduktion von 30 Prozent diesem Modell zustimmen.
Befürworter haben schon gute Erfahrungen gemacht
In den Grenzkantonen ist die Zustimmung zu Arztbehandlungen im Ausland mit 54 Prozent signifikant höher als in den grenzfernen Kantonen, wo diese nur bei 46 Prozent liegt. Der Vergleich der Regionen zeigt auch: Wo Patienten bereits Erfahrungen gemacht haben, steigt die Befürwortung. Während jeder fünfte Bewohner aus den Grenzkantonen schon einmal zur Arztvisite im Ausland war, ist es in den Binnenkantonen hingegen nur jeder neunte. Was die einzelnen Sprachregionen betrifft, so haben die Westschweizer mit 22 Prozent die meisten Erfahrungen mit Auslandsbehandlungen, vor den Deutschschweizern mit 17 Prozent und den Tessinern mit 12 Prozent.
Mit Blick auf die möglichen Folgen kassenfinanzierter Auslandsbehandlungen in der Grundversicherung äusserten 53 Prozent die Sorge negativer Auswirkungen auf den hiesigen Arbeitsmarkt. Selbst bei den Befürworter befürchten dies 46 Prozent. Starke Unterscheide zeigen sich hier zwischen den Regionen: In der Westschweiz haben nur 47 Prozent entsprechende Bedenken, gegenüber 55 Prozent in der Deutschschweiz und 62 Prozent im Tessin.
Chancen für das Gesundheitssystem
Felix Schneuwly, Krankenkassen-Experte von comparis.ch, betont die mehrfachen Vorteile der Auslandsbehandlungen für das Gesundheitssystem und die Patienten: «Zum einen entschärfen die geringeren Kosten im Ausland den Kostendruck auf das Schweizer Gesundheitssystem. Das kommt letztlich den Prämienzahlern zugute. Zum anderen profitieren Patienten auch von mehr Qualität. Die Medizin spezialisiert sich nämlich so sehr, dass es für einige Krankheiten nur wenige Spezialisten gibt. Da möchten sich Patienten gern auch von Fachärzten im Ausland behandeln lassen.» Zugleich sieht Schneuwly in der Öffnung der Gesundheitsmärkte viel Potential für die Schweiz, «indem sie ihrerseits Qualitätsmedizin für zahlungskräftige ausländische Patienten anbietet und so die Auslastung ihrer medizinischen Kräfte sichert».
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