Aargauer Regierung will Kindes- und Erwachsenenschutz optimieren
Von: mm/f24.ch
Der Regierungsrat legt dem Grossen Rat die Botschaft mit Optimierungsmassnahmen im Kindes- und Erwachsenenschutz vor. Für die Umsetzung eines Teils dieser Optimierungsmassnahmen sind Rechtsänderungen nötig, weshalb dem Grossen Rat der Entwurf zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz zur ersten Beratung unterbreitet wird. Die Optimierungsmassnahmen sind in der Anhörung auf sehr breite Zustimmung gestossen.
Die Vorschläge zur Optimierung im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts sind im Anhörungsverfahren auf grosse Zustimmung gestossen. Insbesondere wurden sie von der Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau, vom Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber und einer Vielzahl von Gemeinden integral begrüsst.
Vereinheitlichung und Standardisierung
Die Optimierungsmassnahmen beinhalten Standardisierungen und Vereinheitlichungen an den elf Familiengerichten, namentlich bei den Berichts- und Rechnungsprüfungen der Beiständinnen und Beistände, der Entscheidbegründung und den Gerichtskosten. Die vorgeschlagenen Verfahrensoptimierungen legen bei der Entscheideröffnung vermehrt Gewicht auf das Gespräch mit den Betroffenen. Die Praxis hat gezeigt, dass die Massnahmen dadurch besser verstanden und akzeptiert werden.
Pragmatische Zusammenarbeit mit den Gemeinden
Die Familiengerichte sollen die Gemeinden künftig über Gefährdungsmeldungen von Drittstellen und Drittpersonen informieren, damit die Gemeinden ihre für das Verfahren relevanten Kenntnisse an die Familiengerichte weiterleiten können.
Darüber hinaus soll das Instrument der "Vorabklärung" gesetzlich verankert werden. Damit können die Familiengerichte wenn nötig bei den Gemeinden sachdienliche Informationen zu einer Gefährdungsmeldung abholen. Erfährt das Familiengericht von der Gemeinde bei einer Vorabklärung, dass sich die hilfsbedürftige Person freiwillig helfen lässt, kann das Verfahren bereits im Anfangsstadium abgeschlossen werden.
Über 200 Anmeldungen für Schulungen im Subsidiaritätsprinzip
Behördliche Massnahmen der Familiengerichte sind subsidiär, also letztes Mittel. Sie sind nur dort angebracht, wo die freiwillige Betreuung durch die Familie oder durch öffentliche oder private Dienste nicht ausreichend ist oder von vornherein nicht zum Ziel führt.
Der Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber organisiert dazu im November und Dezember 2016 vier Weiterbildungsveranstaltungen. Über 200 Mitarbeitende von Gemeinden und Familiengerichten haben sich angemeldet. Mit der konsequenten Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips sollen die Gemeinden für ihre Aufgaben im Kindes- und Erwachsenenschutz sensibilisiert und die Familiengerichte von unnötigen Verfahren entlastet werden.
Kommunale Berufsbeiständinnen und -beistände
Die Gemeinden sind die Anstellungsbehörden der Berufsbeiständinnen und -beistände. Die Gemeindeammänner-Vereinigung hat Empfehlungen zum Anforderungsprofil sowie zur "Best Practice" hinsichtlich Organisationsgrösse der Berufsbeistandschaften erarbeitet.
Die Empfehlungen sollen eine Diskussionsgrundlage und Hilfestellung für die Gemeinden sein. Zudem werden die Gerichte Kanton Aargau ein Handbuch mit Standards im operativen Bereich für die Berufbeiständinnen und -beistände erarbeiten.
Angehörige als private Mandatstragende
Rund ein Drittel der Beistandschaften für Erwachsene werden im Aargau von privaten Mandatstragenden geführt, oft von Familienangehörigen. Für sie werden Einführungskurse angeboten und die Berichterstattung und Rechnungslegung wird in den meisten Fällen vereinfacht, um den persönlichen Beziehungen Rechnung zu tragen.
Pauschalentschädigung für Beiständinnen und Beistände
Der Regierungsrat hat beschlossen, dass die Beiständinnen und Beistände ab 1. Januar 2017 grundsätzlich pauschal entschädigt werden sollen. Diese Massnahme entlastet die Familiengerichte. Mit einer kantonsweit identischen Pauschalregelung wird zudem eine Gleichbehandlung der Betroffenen erreicht.
Verbundaufgabe von Kanton und Gemeinden
Vor rund zwei Jahren beauftragte der Grosse Rat den Regierungsrat und die Justizleitung, zusammen mit den Gemeinden Verbesserungsvorschläge im Bereich der Verfahrensabläufe des Kindes- und Erwachsenenschutzes zu erarbeiten. Da das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht eine Verbundaufgabe zwischen Kanton und Gemeinden ist, wurde eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsgruppe mit Vertretungen von Gemeinden und Kanton eingesetzt. Diese hatte die Zusammenarbeit und die Verfahrensabläufe zwischen den Familiengerichten und den Gemeinden zu untersuchen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.
Mit der vorliegenden Botschaft wird nach Auffassung des Regierungsrates der Auftrag des Grossen Rats erfüllt. Zuständig für die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge sind die Gerichte Kanton Aargau, die Gemeinden und – soweit Erlassänderungen erforderlich sind – der Grosse Rat und der Regierungsrat.
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