Bauarbeiter kämpfen schweizweit für neuen LMV
Von: mm/f24.ch
Die Gewerkschaften Unia und Syna gestern die Bauarbeiter in Genf, Lausanne, Bern und Zürich aufgerufen, als erste mit einem Protesttag ein kämpferisches Zeichen für einen besseren Landesmantelvertrag (LMV) mit mehr Schutz vor Lohndumping und bei Schlechtwetter zu setzen. Über 7’000 Bauarbeiter von mehr als 1’000 Baustellen beteiligen sich an den Protestaktionen. Die Erwartungen der Gewerkschaften Unia und Syna wurden deutlich übertroffen. Die Gewerkschaften Unia und Syna gestern die Bauarbeiter in Genf, Lausanne, Bern und Zürich aufgerufen, als erste mit einem Protesttag ein kämpferisches Zeichen für einen besseren Landesmantelvertrag (LMV) mit mehr Schutz vor Lohndumping und bei Schlechtwetter zu setzen. Über 7’000 Bauarbeiter von mehr als 1’000 Baustellen beteiligen sich an den Protestaktionen. Die Erwartungen der Gewerkschaften Unia und Syna wurden deutlich übertroffen. Wie der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) verlauten liess, wird er gegen die Gewerkschaft Unia Klage wegen Verletzung der Friedenspflicht einreichen. Dies als Folge der auf mehreren Baustellen durchgeführten Kampfmassnahmen am sogenannten "Aktionstag" vom Freitag. Weil dabei in mehreren Fällen auch strafrechtliche Tatbestände erfüllt wurden.
Die Bauarbeiter sind wütend. Sie können nicht verstehen, wie der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) neun Monate lang mit den Gewerkschaften über einen neuen Landesmantelvertrag verhandelt und am Schluss alles bereits Ausgehandelte vom Tisch wischt. Sie fühlen sich vom SBV nicht ernst genommen. Denn der Bau boome seit Jahren und der Druck sei massiv gestiegen: Allein im letzten Jahr ging gemäss den Gewerkschaften die Zahl der Beschäftigten um 3,5 Prozent zurück, während der Umsatz um 3,1 Prozent stieg. Die Bauarbeiter müssten diesen massiv höheren Druck mit ihrer Gesundheit bezahlen.
Bauarbeiter brauchen mehr Schutz
„Die Bauarbeiter brauchen einen Gesamtarbeitsvertrag mit mehr Schutz, sonst leidet ihre Gesundheit. Zudem mehren sich die Fälle von massivem Lohndumping in erschreckender Weise“, hielt Hansueli Scheidegger, Leiter des Sektors Bau der Gewerkschaft Unia an der gestrigen Medieninformation fest. Die Gewerkschaften, so Scheidegger haben deshalb auch ganz konkrete Vorschläge eingebracht, welche wenig gekostet, aber viel gebracht hätten. Während zum Schluss eine vom Baumeisterverband modifizierte Lösung für den Schutz bei Schlechtwetter spruchreif auf dem Tisch lag, habe sich der Baumeisterverband standhaft geweigert, griffige Massnahmen umzusetzen, welche das ruinöse Preis- und Lohndumping bekämpft hätten. Dabei würden die Baumeister selber am lautesten den Margendruck wegen dem unseriösen Preiskampf auf den Baustellen beklagen!
Keine Verlängerung zum Nulltarif
Nach neun Monaten Verhandlungen mit 16 Treffen hat der Baumeisterverband fast alles Ausgehandelte vom Tisch gewischt und wollte einfach den bestehenden LMV unverändert übernehmen.
Die Gewerkschaften wollen auf der Basis des Erreichten weiter aufbauen. „Mit gegenseitigem Respekt und dem Willen zu fairer Vertragspartnerschaft müssen und können Lösungen für die Erneuerung des LMV gefunden werden“, erklärt Ernst Zülle, Branchenverantwortlicher Bau der Gewerkschaft Syna. Eine Verlängerung des unveränderten Vertrages komme daher nicht in Frage. „Nur mit klaren und verbindlichen Eckwerten für die Einführung von griffigen Schutzmassnahmen gegen Lohndumping, dem Erhalt des bisherigen Geltungsbereiches und einer akzeptablen Lohnerhöhung für nächstes Jahr“, könne eine Verlängerung diskutiert werden.
Mit ihrem Protesttag rufen die Bauarbeiter die Baumeister auf, jetzt wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um auf der Basis des bereits Erarbeiteten fortzufahren, damit der LMV mit einer ergänzenden Eckwertvereinbarung verlängert werden kann. Im Kanton Tessin findet am kommenden 2. Dezember ein Protesttag der Bauarbeiter statt.
Schwierige Ausgangslage für neue Verhandlungen
Weitere Verhandlungen mit der Gewerkschaft Unia zur Ausarbeitung eines neuen Landesmantelvertrags (LMV) sind für den Baumeisterverband nur noch schwer denkbar. Damit laufe der mit Abstand arbeitnehmerfreundlichste handwerkliche Gesamtarbeitsvertrag der Schweiz Ende dieses Jahres bis auf weiteres ersatzlos aus. Die Aktionen vom Freitag erwecken den Eindruck, dass die Unia den vertragslosen Zustand geradezu suche, resümiert der SBV.
Zu eigentlichen Streiks sei es am gewerkschaftlichen "Aktionstag" nicht gekommen. Kaum ein Arbeiter habe freiwillig die Arbeit niedergelegt. Es handle sich um Provokationen von Unia-Leuten, die dabei nicht vor kriminellen Handlungen wie Nötigung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung sowie Diebstahl bis hin zu Raub zurückgeschreckt seien. So seien etwa Baumaschinen sabotiert sowie einem Baustellenverantwortlichen gewaltsam die Kamera entrissen, mit der er die widerrechtlichen Aktionen dokumentieren wollte. In der Romandie wurde der Zugang zu einer Baustelle mit einem Vorhängeschloss verriegelt, wirft der SBV den Gewerkschaften vor.
Solche Aktionen seien eine schwere Verletzung der Friedenspflicht, zu der sich die Gewerkschaften im Landesmantelvertrag verpflichtet hätten. Bereits die Androhung eines Streiks sei unzulässig, ebenso jede Störung des Baustellenbetriebs, beispielsweise durch Blockaden. Letztere hat das Bundesgericht diesen Oktober als strafrechtswidrige Nötigung taxiert und Verurteilungen gegen die fehlbaren Gewerkschafter bestätigt.
Die Aktionen entbehre auch jeglicher sachlichen Grundlage: Der LMV Bau biete heute schon Mindestlöhne, die deutlich über jenen der meisten anderen Branchen lägen sowie eine einzigartige, weitgehend vom Arbeitgeber finanzierte Frühpensionierung ab 60 Jahren, hält der Baumeisterverband in einer Mitteilung fest.
Bis zur Einigung auf einen neuen Vertrag hat der SBV den Gewerkschaften die Verlängerung des LMV in seiner bisherigen Form vorgeschlagen und eine Lohnerhöhung um 1,5 Prozent sowie weitere Vergünstigungen im Gegenwert von 0,75 Lohnprozenten angeboten.
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