Dauerkrisen stellen Schweizer Unternehmen auf harte Probe
Von:mm/f24.ch
Nach einer kurzen Post-Corona-Verschnaufpause deuten wichtige Risikoindikatoren auf die nächste (Dauer-)Krise hin. Zwar ist die Anzahl krisenresilienter Unternehmen in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland und Österreich überproportional hoch, jedoch machen sich auch hierzulande die Auswirkungen der Krisen allmählich spürbar. Dass es den Schweizer Unternehmen immer noch vergleichsweise gut geht, ist nebst einem erfolgreichen Risikomanagement, auch der Schweizer Wirtschaftspolitik geschuldet. Dies zeigt eine Studie der Hochschule Luzern und Fachhochschule Kiel.
Klimawandel, COVID-19, Krieg in Europa und Nahost, politische Instabilitäten, Energiekrise, Inflation und eine schwächelnde Wirtschaft – in den vergangenen Jahren reiht sich eine Krise an die nächste. Die anhaltende Serie von Herausforderungen hinterlässt deutliche Spuren in der finanziellen Performance von zahlreichen Unternehmen.
Auch wenn viele Unternehmen seit der Pandemie ihre Resilienz-Hausaufgaben gemacht haben, stieg in den Jahren 2023/2024 die Anzahl krisenanfälliger Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz erneut an.
Diese negative Entwicklung kann auf die anhaltenden geopolitischen Spannungen, ausgelöst durch den russischen Krieg in der Ukraine, und den deutlichen Anstieg der Inflations-, Energie- und Lebensmittelpreise zurückgeführt werden. Dies zeigt eine internationale Studie der Hochschule Luzern (HSLU) und Fachhochschule Kiel. Dabei zeigen sich aber deutliche Unterschiede zwischen den Ländern.
Verschiedene Faktoren fördern Krisenresilienz in der Schweiz
Wie die Studie zeigt, sind Schweizer Unternehmen in der Gruppe der krisenresilienten Unternehmen überproportional häufig vertreten – fast doppelt so oft wie deutsche. Resiliente Unternehmen zeichnen sich durch eine hohe Eigenkapitalquote, höhere Liquidität, stabileres reales Umsatzwachstum und flexiblere Kostenstrukturen aus.
Diese Faktoren helfen, Umsatzschwankungen besser zu glätten und die Umsatzrendite hochzuhalten. Zudem tendieren Schweizer Unternehmen dazu, ihre Geschäftsmodelle und Einnahmequellen gut zu diversifizieren, wodurch sie weniger anfällig für externe Schocks sind.
Auch ein effektives Risikomanagement und gute Beziehungen zu Partnern und Stakeholdern stärken die Resilienz von Schweizer Unternehmen. Langfristig orientierte Führungskräfte sowie antizyklische Puffer- und Reservebildung tragen ebenfalls zur Schweizer Krisenfestigkeit bei.
Flachere Hierarchien und die Unternehmenskultur der Schweizer Unternehmen fördern laut Studienautor Prof. Dr. Stefan Hunziker zudem eine offene Diskussionskultur, den Digitalisierungsgrad und den Einsatz von flexiblen Arbeitszeitmodellen - alles Faktoren, welche Unternehmen in Krisen widerstandsfähiger machen, erklärt der HSLU-Professor.
Erfolgreiche Schweizer Wirtschaftspolitik
Die Resilienz wird aber nicht nur durch Unternehmenskultur und erfolgreiches Risikomanagement erhöht, sondern auch von externen Faktoren beeinflusst. Auch hier zeigen sich laut den Studienautoren klare Unterschiede zwischen den drei Ländern. Deutsche Unternehmen erhielten beispielsweise mehr Staatshilfe als ihre Schweizer Pendants. Dies verringert Anreiz zum Resilienz-fördernden Abbau von Kosten oder eigenen Effizienzbemühungen, wie andere Studien zeigen.
Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) trug zur Widerstandsfähigkeit der Schweizer Unternehmen bei. Sie ist vergleichsweise flexibel und kann ihre Politik stärker auf die Bedürfnisse des Inlandmarktes zuschneiden, während die Europäische Zentralbank ihren Fokus auf die gesamte Eurozone legen muss.
«Der länderübergreifende Vergleich verdeutlicht die Unterschiede zwischen den Märkten in Bezug auf die Reaktion auf die Pandemie, den Krieg in der Ukraine oder die anschließende Energiekrise», sagt Hunziker. «Nebst strukturellen Unterschieden zwischen den DACH-Ländern ermöglichte die Flexibilität der SNB niedrigere Inflationsraten und schwächere Zinserhöhungen», erklärt der Wirtschaftsprofessor.
Trotz guter Resilienz: Auch Schweizer Unternehmen leiden zunehmend
Obwohl österreichische Unternehmen, insbesondere in der Tourismus- und Energiebranche, Widerstandsfähigkeit zeigten, sahen sie sich mit hoher Inflation und Baukosten konfrontiert. Deutsche Unternehmen wurden am stärksten von den Energiepreisen und Lieferkettenunterbrechungen getroffen, insbesondere in den Sektoren Industrie und Werkstoffe.
Zudem sind Schweizer Unternehmen im Allgemeinen weniger energieintensiv als ihre deutschen und österreichischen Pendants, da die Schweiz weniger stark auf energieintensive Industrien angewiesen ist. So benötigt die Deutsche Industrie rund zweieinhalb Mal so viel Energie für jeden Dollar Wertschöpfung, wie die Schweizer Industrie.
Allerdings zeichnet sich auch in der Schweiz seit 2023 ein negativer Trend bezüglich finanzieller Resilienz ab, wie die HSLU-Studie klar zeigt. «Zwar stehen die Schweizer Unternehmen im europäischen Vergleich sehr gut da, aber die Marktrisiken und höheren Zinssätze belasten zunehmend auch die finanzielle Widerstandsfähigkeit der Schweizer Unternehmen», meint Stefan Hunziker.
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