Bundesrat rügt Steuerverwaltung und ändert Abläufe im EFD
Von: mm/f24.ch
Abläufe und Aufgabenteilung im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuersachen und der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sollen innerhalb des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) neu geregelt werden. Der Bundesrat ist an seiner gestrigen Sitzung einem entsprechenden Antrag von Eveline Widmer-Schlumpf, der Vorsteherin des EFD, gefolgt. Gleichzeitig hat er Kenntnis genommen von den Ergebnissen einer verwaltungsinternen Untersuchung, die den Gründen nachgegangen ist, die zum Widerspruch zwischen den Regeln des OECD-Standards für die Amtshilfe in Steuersachen und den von der Schweiz ausgehandelten Doppelbesteuerungsabkommen geführt haben. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die politische Brisanz der Frage unterschätzt und die Departementsführung zu spät informiert wurde.
Am 13. Februar 2011 beschloss der Bundesrat, die Anforderungen für die Amtshilfe in Steuerfragen gemäss Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nach OECD-Standard anzupassen. So soll Amtshilfe künftig auch ohne Nennung des Namens möglich sein, wenn der Betroffene oder die Bank mit einer Konto- oder Versicherungsnummer identifiziert und eine „Fishing Expedition" ausgeschlossen werden kann. Der Entscheid des Bundesrates stand im Zusammenhang mit der Gefahr, dass die Schweiz die erste Phase im laufenden Peer Review des Global Forums nicht bestehen könnte und ihr Gegenmassnahmen wie die Aufnahme auf eine kolorierte Liste der OECD drohten.
Im Zusammenhang mit der Anpassung der Amtshilfeanforderungen hat die Vorsteherin des EFD Abklärungen veranlasst, die aufzeigen sollen, wie und warum es zu dieser Situation gekommen war. Der entsprechende Bericht liegt nun vor und ist vom Bundesrat an seiner heutigen Sitzung zur Kenntnis genommen worden.
Das EFD kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) den Widerspruch zwischen den Regeln des OECD-Standards und den Regelungen in den revidierten DBA der Schweiz bereits zum Zeitpunkt der DBA-Verhandlungen ab Sommer 2009 hätte feststellen können.
Aufgrund von Verhandlungen, unter anderem in den Gremien der OECD, hätte dieser Widerspruch im Herbst 2009/Frühjahr 2010 auch erkannt werden sollen. Zwar habe die ESTV ab Herbst 2009 bemerkt, dass zwischen den von der Schweiz angewandten Regeln und dem OECD-Standard ein Spannungsfeld bestand. Aufgrund des Widerstands, der den Anträgen der Schweiz betreffend Namensnennung in den OECD-Gremien erwuchs, hätten die beteiligten Stellen im Frühjahr 2010 aufmerksam werden sollen, dass dieser Punkt nicht bloss untergeordnete Bedeutung hatte und dass ein Risiko des Scheiterns im Peer Review bestand.
Gemäss Bericht ist es zwar nachvollziehbar, dass die ESTV angesichts des politischen Umfelds und des auslegungsbedürftigen Gehalts des OECD-Standards ihr Augenmerk auf die Referendumstauglichkeit der DBA richtete und klare Regeln festhalten wollte. Der Entscheid, wie mit dem Spannungsfeld zwischen Referendumstauglichkeit und OECD-Konformität umzugehen war, stelle indessen keine juristisch-technische Frage dar, die innerhalb der ESTV zu entscheiden war. Der Bericht kommt deshalb zum Schluss, die politische Brisanz des Geschäfts und die weitreichenden Folgen eines möglichen Scheiterns im Peer Review hätten eine Information der Departementsführung geboten. Dies ist jedoch unterblieben.
Keine Hinweise fanden sich im Rahmen der Abklärungen auf ein bewusstes Zurückhalten von Informationen durch die ESTV. Ebenso kann nicht, wie teilweise behauptet, von einer bewussten Risikostrategie des Departementes oder der ESTV gesprochen werden.
Gemäss den Feststellungen des EFD hat eine für die Erfüllung dieser Aufgaben ungeeignete Organisation innerhalb des Departementes dazu geführt, dass die politische Dimension der Problematik unterschätzt wurde. Die Zuständigkeit im Bereich der DBA ist heute geteilt: Während das Erarbeiten von Vorgaben Sache des Staatssekretariats für Finanzfragen (SIF) ist, liegt die Zuständigkeit für die Umsetzung dieser Vorgaben, namentlich die Aushandlung von DBA und die Vertretung in internationalen Organisationen, bei der Abteilung für Internationales der ESTV. Dies erschwert die Beurteilung internationaler Zusammenhänge.
Der Bundesrat hat deshalb beschlossen, die Aufgaben der ESTV in diesem Bereich neu dem SIF zu übertragen. Die Umsetzung der ausgehandelten DBA in nationales Recht bleibt weiterhin Aufgabe der ESTV. Das EFD wird dem Bundesrat an einer der nächsten Sitzungen eine entsprechende Revision der Organisationsverordnung des Departements unterbreiten.
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