Der Bundesrat hat am 23. September 2011 die Vernehmlassung für eine Anpassung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit eröffnet. Die Änderungen im Bundesgesetz über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (EntsG) sowie im Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG) sollen zu einer effizienteren Umsetzung der flankierenden Massnahmen führen. Insbesondere sollen die Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit und die Durchsetzbarkeit von Normal- und Gesamtarbeitsverträgen verbessert werden.
Sieben Jahre Erfahrung im Vollzug der flankierenden Massnahmen haben gezeigt, dass diese weitgehendst einen wirksamen Schutz der in- und ausländischen Arbeitnehmenden vor Lohnunterbietungen und Verstössen gegen die Arbeitsbedingungen gewährleisten.
Es hat sich jedoch herausgestellt, dass in der gegenwärtigen Gesetzgebung zu den flankierenden Massnahmen Lücken bestehen. Um diese Lücken zu schliessen, hat der Bundesrat gestern eine entsprechende Gesetzesvorlage in die Vernehmlassung geschickt. Diese schlägt die Umsetzung der folgenden Massnahmen auf Gesetzesebene vor:
Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit ausländischer Dienstleistungserbrin-gerinnen und Dienstleistungserbringer: Für selbstständige Dienstleistungserbrin-gerinnen und -erbringer aus dem Ausland soll neu eine Dokumentationspflicht eingeführt werden. Diese soll es den Kontrollorganen erleichtern, die Selbstständigkeit der betreffenden Personen zu überprüfen. Der Gesetzesentwurf (Änderung des EntsG) sieht weiter die Einführung von Sanktionen wie Bussen und Dienstleistungssperren vor, falls selbstständige Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer die Dokumentationspflicht bzw. die Auskunftspflicht verletzen. Zusätzlich soll die Möglichkeit zur Anordnung eines Arbeitsunterbruchs gesetzlich verankert werden. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung orientiert sich am Vorschlag einer vom SECO zur Problematik der Scheinselbstständigkeit eingesetzten Expertengruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner und der Kantone.
Sanktionsmöglichkeiten gegen Arbeitgebende, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen und gegen zwingende Mindestlöhne in Normalarbeitsverträgen (NAV) verstossen: Solche Verstösse sollen mit einer Verwaltungsbusse bis zu 5000 Franken sanktioniert werden können. Diese Massnahme trifft neu auch inländische Arbeitgeber. Bisher konnten lediglich Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsandt haben, bei Verstössen gegen zwingende Mindestlöhne in NAV sanktioniert werden. Die gesetzliche Grundlage für diese Busse soll im EntsG geschaffen werden.
Sanktionsmöglichkeiten bei Verstössen gegen erleichtert allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge (GAV): Die in einem GAV vorgesehenen Konventionalstrafen, Kontrollkosten und Vollzugskostenbeiträge sollen erleichtert allgemeinverbindlich erklärt werden können. Folglich können Verstösse gegen erleichtert allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge neu durch die für den Vollzug des GAV zuständigen paritätischen Kommissionen sanktioniert werden. Diese Massnahme trifft in- und ausländische Arbeitgeber. Sie bedarf einer Änderung des AVEG.
Die Vernehmlassung dauert bis zum 31. Dezember 2011.
Die Anpassung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit steht in direkten Zusammenhang mit den laufenden Arbeiten der bundesrätlichen Arbeitsgruppe Personenfreizügigkeit und Zuwanderung. Es handelt es sich dabei um eine der vom Bundesrat entwickelten Massnahmen zur Umsetzung der Strategie im diesem Bereich.
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