Globalisierung und Demokratie
Von: mm/f24.ch
Am 14. Oktober 2011 führte die Direktion für Völkerrecht des EDA ihren traditionellen Tag des Völkerrechts im Grossratssaal des Kantons Bern durch. Die Veranstaltung war den Auswirkungen der Globalisierung auf das schweizerische System der direkten Demokratie gewidmet. Der Völkerrechtstag leistete damit einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über die Bedeutung des Völkerrechts und seine Wechselwirkungen mit dem nationalen Recht.
Die Globalisierung führt zu einer wachsenden internationalen Verflechtung unseres Landes und damit zu immer mehr völkerrechtlichen Verpflichtungen. Welche Veränderungen ergeben sich daraus für die schweizerische Rechtsordnung? Wie verhalten sich die zunehmenden internationalen Verpflichtungen zu den direktdemokratischen Institutionen der Schweiz?
Müssen die Volksrechte den veränderten Umständen angepasst werden? Werden die demokratischen Mitwirkungsrechte durch das Völkerrecht beschnitten? Was passiert, wenn ein Widerspruch zwischen Völkerrecht und nationalem Recht droht? Solche Fragen wurden anlässlich des Völkerrechtstags, zu dem die Direktion für Völkerrecht (DV) eingeladen hatte, diskutiert.
Der Schwerpunkt der Diskussionen lag auf der Frage nach dem Verhältnis zwischen Volksentscheiden und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz. Dabei wurde insbesondere Bezug genommen auf die Debatte über die Gültigkeit von möglicherweise völkerrechtswidrigen Volksinitiativen.
Eingeleitet wurde der Tag durch eine Grundsatzrede von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey zum Verhältnis zwischen Globalisierung und Demokratie. In ihrer Rede wies die Bundespräsidentin darauf hin, dass die zunehmende Globalisierung die Rolle der Nationalstaaten tiefgreifend verändert hat. Die ausgeprägte weltweite Verflechtung und der Übergang von einer bipolaren zu einer multipolaren Welt mit zahlreichen Akteuren haben die vorherrschende Stellung der Nationalstaaten auf der internationalen Bühne stark relativiert und verpflichten sie zu vermehrter Zusammenarbeit mit anderen Akteuren.
Die Herausforderung besteht gemäss Bundespräsidentin Calmy-Rey darin, diesen Entwicklungen in unseren direktdemokratischen Institutionen Rechnung zu tragen: „Das Instrument der Volksinitiative muss der zunehmenden internationalen Verflechtung angepasst werden, damit es seine Wirksamkeit beibehalten kann. Eine solche Anpassung stellt die schweizerische Identität in keiner Weise in Frage.“
Elisabeth Bronfen, Professorin für englische und amerikanische Literatur an der Universität Zürich, beleuchtete die Frage „Warum Völkerrecht?“ aus einer kulturtheoretischen Sicht. Prof. Bronfen zeigte anhand ihrer Forschungen Beispiele für das Bedürfnis demokratischer Systeme nach einem universellen Rechtsprinzip wie dem Völkerrecht auf. Professor Adrian Vatter, Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern, ging auf das Stimmverhalten bei minderheitenrelevanten Initiativen und Referenden in der Schweiz ein.
Die im Frühjahr der Öffentlichkeit vorgestellten Reformvorschläge des Bundesrates zum Verhältnis zwischen Volksinitiativen und völkerrechtlichen Verpflichtungen bildeten die Grundlagen für zwei Diskussionsrunden unter Juristen, Politikern, Journalisten und Kulturschaffenden. Diese setzten sich sowohl mit der Bedeutung und der Rolle direktdemokratischer Institutionen angesichts zunehmender Globalisierung, wie auch mit der Frage der Existenz und Berechtigung möglicher Schranken der demokratischen Volksrechte auseinander.
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