STAF und Waffengesetz im Ja-Trend
Von: mm/f24.ch
Wäre bereits am 29. März 2019 über die eidgenössischen Volksabstimmungen vom 19. Mai 2019 entschieden worden, wäre die Steuer- und AHV-Vorlage knapp und die Neuen EU-Waffenrichtlinien deutlich angenommen worden. Die Beteiligung hätte bei 45 Prozent gelegen. Das sind die Hauptergebnisse der ersten von zwei Befragungen zur Volksabstimmung vom 19. Mai 2019. Realisiert wird die Serie vom Forschungsinstitut gfs.bern für die Medien der SRG SSR.
Steuer-/AHV-Vorlage
Gegen Ende März hätten 54 Prozent der teilnahmewilligen Stimmberechtigten bestimmt oder eher für die Steuer- und AHV-Vorlage gestimmt. 37 Prozent wären dagegen gewesen. Die Ja-Seite startet so mit einem Vorsprung von 17 Prozentpunkten in den Hauptabstimmungskampf zur Steuer- und AHV-Vorlage, kurz STAF.
Die Teilnahmewilligen gehen allerdings nur knapp mehrheitlich von einer Annahme der Vorlage am Abstimmungstag aus. 51 Prozent erwarten das. Die mittlere Schätzung aller Teilnahmewilligen für den Ja-Anteil beträgt aber nur minderheitliche 49 Prozent.
Stand der Meinungsbildung
47 Prozent haben eine feste Stimmabsicht; sie sind entweder bestimmt für oder be-stimmt gegen die STAF. Eher entschieden sind weitere 44 Prozent; hier führt die Ja-Seite (28% zu 16%). Unter den Unschlüssigen neigen 3 Prozent eher ins Ja, 2 Prozent ins Nein. 4 Prozent sind noch ganz unentschieden. Die Meinungsbildung ist für den Zeitpunkt nur schwach bis mittel ausgeprägt.
Konfliktmuster
Das Konfliktmuster ist von zwei Faktoren im ähnlichen Ausmass geprägt: Von der Parteibindung und vom Regierungsvertrauen. Am meisten dafür sind die Wählenden der FDP und der CVP. In allen anderen Parteianhängerschaften sind relevante Anteile kritisch, bei der SVP-Anhängerschaft ist das Nein mit 55 Prozent knapp mehrheitlich. Links ist die Beurteilung nicht einheitlich: Eine knappe relative Mehrheit unter der Anhängerschaft der Grünen ist entgegen der Parole noch im Ja, bei der SP ist es eine nicht gefestigte Mehrheit dafür. Bei der SP-Anhängerschaft ist die Unterstützung in der Ausgangs-lage höher als bei der Unternehmenssteuerreform III zum ähnlichen Zeitpunkt.
In solchen Situationen mit Kritik von Links und von Rechts lohnt sich der Blick auf die Haltung der Parteiungebundene und später auf die Mobilisierung der Regierungs-misstrauischen. Parteiungebundene neigen zu knapp mehrheitlichen 50 Prozent der Ja-Seite zu, mit 39 Prozent ist aber ein relevanter Anteil kritisch mit der STAF. Mit 53 Pro-zent Nein zu 38 Prozent Ja sind Regierungsmisstrauische ähnlich kritisch mit der Vor-lage wie die SVP-Anhängerschaft.
In der frühen Phase der Meinungsbildung treten auch deutliche Altersunterschiede auf. Personen im Alter über 65 sind zu 62 Prozent für STAF, 18-39-Jährige lediglich zu 41 Prozent, während 43 Prozent gegen die Vorlage sind. Mit 16 Prozent Unentschiedenen besteht bei Jüngeren noch viel Raum für die Meinungsbildung in beide Richtungen.
Neben diesen zentralen Konfliktlinien treten weitere signifikante Unterschiede hervor. Höhere Einkommensklassen und Personen mit akademischer Bildung neigen deutlicher dem Ja zu. In Grossstädten und Agglomerationen ist die Ja-Neigung ebenfalls leicht er-höht. Nach Sprachregionen gibt es noch keine sehr deutlichen Unterschiede ausser dass in der französischsprachigen Schweiz die Ja-Neigung noch etwas höher ist. Frauen sind ausserdem noch etwas stärker unentschieden als Männer.
Argumente
Nur ein getestetes Argument spricht unter den heute Teilnahmewilligen mehrheitlich für die Vorlage: Die Verbesserung der Rentensicherheit. Die Verhinderung der Abwanderung von Unternehmen und der Verweis auf die drohende Schwarze Liste sind umstrittene Argumente, die nicht mehrheitlich entschieden sind.
Auf der Nein-Seite gibt es drei mehrheitsfähige Argumente. Die Verknüpfung von zwei sachfremden Themen und die Ausfälle von Steuern wegen Privilegien sind wirksame Argumente gegen die Reform. Ebenfalls mehrheitsfähig, aber nicht im gleichen Mass wirksam, ist die Argumentation mit der Verhinderung einer echten AHV-Reform.
Die aktuelle Ja-Mehrheit gründet auf der Abwehr der drohenden Schwarzen Liste, der nötigen Rentenreform und ist wirtschaftlich geprägt. Die Nein-Seite hat mit Steuerausfällen und der undemokratischen Verknüpfung aber überzeugende Argumente, um die Meinungsbildung auch in ihrem Sinn zu beeinflussen.
Trend in der Meinungsbildung
Insgesamt ist die Situation für die Steuer- und AHV-Vorlage leicht positiv vorbestimmt. In der Regel haben bei Gesetzesvorlagen Bundesrat, Parlament und Ja-Akteure in der Schlusskampagne Möglichkeiten, mit ihren Argumenten zu punkten. Dafür könnten am Schluss die Vernunft eines Kompromisses und wirtschaftliche Argumente sprechen. Das kommt bei den aktuellen Argumenten-Bewertungen und Stimmabsichten erst undeutlich zum Ausdruck.
Die Nein-Seite startet jedoch mit einigen Trümpfen in die Kampagne: Sie hat starke Argumente und weiss eine überzeugte minderheitliche Gegnerschaft bereits hinter sich, die vom Scheitern der Vorlage auch überzeugt ist. Da die Argumente gegen die STAF Links und Rechts überzeugen können und auch regierungskritische Kreise sowie Partei-ungebundene erfassen, kann sich die Meinungsbildung relativ rasch gegen die Mehrheitsposition von Regierung und Parlament entwickeln. Das alles zeigt: Es kommt auf die Kampagne in den nächsten Wochen an.
Neue EU-Waffenrichtlinien
Die Gegenwärtigen Stimmabsichten zu den neuen EU-Waffenrichtlinien sind eindeutig: Zwei Drittel der Stimmbürger (66%) sind zum jetzigen Zeitpunkt "bestimmt" oder "eher" für die Vorlage. Rund ein Drittel (33%) des Stimmvolkes stellt sich auf die Nein-Seite. Ein Prozent der Stimmüberinnen und Stimmbürger, welche sicher am Urnengang teilnehmen möchten, kann sich noch nicht für eine Seite entscheiden. Die Pro-Seite hat damit rund sieben Wochen vor dem Abstimmungstermin einen Vorsprung von 33 Prozentpunkten.
In dieses Bild passt, dass eine grosse Mehrheit der Befragten (64%) davon ausgeht, dass die Vorlage angenommen wird. Lediglich 33 Prozent gehen vom Gegenteil aus.
Stand der Meinungsbildung
Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt des Abstimmungskampfes ist der Stand der Meinungsbildung zu den neuen EU-Waffenrichtlinien weit fortgeschritten. Schon jetzt äussert eine Mehrheit der Befragten eine dezidierte Stimmabsicht: 75 Prozent von Ihnen wollen "bestimmt" für oder gegen die Vorlage stimmen.
Auch die Tatsache, dass lediglich ein Prozent der Befragten noch nicht weiss, ob es eher für oder gegen die Vorlage stimmen will, spricht für einen hohen Stand der Meinungsbildung und geringen Spielraum für grössere Verschiebungen der Zustimmungswerten während des Abstimmungskampfes.
Konfliktmuster
Die soziodemografischen Konfliktmuster sind wie auch bei der Steuer- und AHV-Vorlage nur schwach ausgeprägt. Ältere Personen und solche mit einer höheren Schulbildung, sowie Städter stehen der Vorlage positiver gegenüber als ihre jeweiligen Gegengruppen. Am wenigsten Differenzen zeigen sich in Bezug auf die drei Sprachregionen, welche allesamt die Vorlage klar annehmen würden.
Was hingegen bei den Stimmabsichten zu den neuen EU-Waffenrichtlinien sehr deutlich in Erscheinung tritt, ist die Spaltung des Stimmvolkes anhand politischer Faktoren. In Bezug auf die Parteiorientierung der Befragten zeigt sich das bekannte Muster bei Abstimmungen zu einer solchen Thematik:
Die SVP-Wählerschaft gegen den Rest der Schweiz. Einzig SVP-Wählende wollen mehrheitlich gegen die Vorlage stimmen. Die Anhänger von GPS, SP, GLP, CVP, FDP und BDP sind alle mehrheitlich deutlich im Ja-Lager. Nur bei den Parteiungebundenen hat es einen erwähnenswerten Teil (35%), welcher gegen die Vorlage votieren will.
Ebenso stark lässt sich die Stimmabsicht über das Regierungsvertrauen der Stimmbürgerschaft erklären: Würden nur Personen abstimmen, welche der Regierung grundsätzlich eher misstrauen, würde die Vorlage klar verworfen. Im umgekehrten Fall würde sie mit einem Ja-Anteil von über 80 Prozent angenommen.
Argumente
Der hohe Wert der Zustimmung zur Vorlage spiegelt sich fast perfekt in der Zustimmung zu den Argumenten wider: Die Pro-Argumente werden von breiten Teilen des Stimmvolkes geteilt. Am meisten Unterstützung erfahren die folgenden beiden Argumente: Der Schutz von Menschenleben sei wichtiger, als die Freiheit, Waffen zu tragen und die neuen Richtlichtlinien hätten keine negativen Konsequenzen für die Schützen.
Hingegen findet keines der Kontra-Argumente derzeit eine Mehrheit. Klar am beliebtesten ist die Kritik, dass der Bundesrat mit der Übernahme der Waffenrichtlinien der EU unnötig nachgegeben habe. Weniger stark verfangen die Argumente, dass die neuen Richtlinien antischweizerisch seien, respektive einen ersten Schritt zur Entmündigung der Bürgerinnen und Bürger darstellten.
Weiter zeigt sich eine sehr hohe Kongruenz zwischen der Haltung der Stimmbürgerschaft zu der Vorlage und ihrer Haltung zu den einzelnen Argumenten. Dies ist zu diesem Zeitpunkt im Vergleich mit anderen Vorlagen ungewöhnlich. Aber es passt ins Bild des hohen Anteils dezidierter Stimmabsichten:
Die Stimmbürgerschaft hat sich bei dieser Vorlage schon eine relativ klare Meinung basierend auf grundsätzlichen Wertehaltungen gebildet. Wer Nein stimmen will ist sich seiner Sache in den meisten Fällen sicher und weiss auch warum. Für die Ja-Seite gilt das gleiche.
Trend in der Meinungsbildung
Die neuen EU-Waffenrechtlinien haben eine sehr positive Ausgangslage vor der Haupt-phase des Abstimmungskampfes. Eine klare Mehrheit will derzeit für die Vorlage stimmen und die Meinungsbildung ist bereits weit fortgeschritten. Die Wahrscheinlichkeit einer Annahme der EU-Waffenrichtlinien ist zum jetzigen Zeitpunkt sehr hoch. Verschiebungen in den Stimmabsichten insbesondere der Parteiungebunden können den Ja-Anteil noch nach oben oder unten verändern, die Mehrheitsverhältnisse hingegen wohl kaum mehr umkehren.
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