Der «Ladysitter» von der Theatergruppe Oeschgen
Von: Hans Berger
Ist er nun zu beneiden oder zu bedauern, der Archie, welcher sich nach dreizehn Jahren Knast auf einen Schlag mit einem temperamentvollen Frauentrio konfrontiert sieht? Das ist wohl die Frage aller Fragen, welche Mann bei der perfekt, professionell inszenierten und von der Theatergruppe Oeschgen herrlich gespielten Komödie „der Ladysitter“ einen Moment lang beschäftigt. Gar bald sieht aber Mann ein, zu beneiden ist der ehemalige Häftling wahrlich nicht.
Die hochmotivierte Theatergruppe Oeschgen
Im Irrenhaus
Da hängt Betty (Edith Plattner) am Terrassengeländer und droht in die Tiefe zu stürzen, die liebestolle Charlotte von Castelberg (Eveline Refer) wartet im Bad sehnsüchtig, ungeduldig auf Archie (Hans Welte), die mehr wie beschwipste Coiffeuse Linda (Jacqueline Loosli) kann kaum noch auf ihren Beinen stehen, Vögi der Hauswart (Patrik Hugo), der wohl einzige Nüchterne in der Runde, ist mit sich beschäftigt und vor der Haustüre begehren dreissig Rocker Einlass um Party zu feiern - wen wundert’s, wenn unter diesen Umständen Archie verzweifelt ausruft „Willkommen im Irrenhaus“.
Dies ist nur eine der vielen Szenen, welche das Ensemble punktgenau herauszuspielen versteht und dafür vom Publikum mit jeweils tosendem Applaus belohnt wird. Die Regisseurin Esther Herzog hat nicht nur die Komödie gut erfasst, sondern auch den Darstellern einen glaubhaften Charakter eingeimpft.
Tohuwabohu
Nein, Maximilian Odermatt (Peter Schlienger) hegte bestimmt keine böse Absichten, als er seinem Grossvater nach dreizehn Jahren hinter schwedischen Gardinen in seiner Wohnung für eine Nacht Gastrecht gewährte. Blöd allerdings ist, dass der Enkel ausgerechnet an jenem Abend auswärts seinen Polterabend feiert und Archie alleine seinem Schicksal überlässt. Blöd ist aber auch, dass Maximilian seinen Grossvater zwar über die Eigenheiten der drei Nachbarinnen orientierte, Archie diese Informationen dann aber nicht richtig zuzuordnen vermag. Denn schnell wird klar: In diesem Haus ist „Mann“ mit seinen Hausgenossinnen nie allein. Klar wird auch: Maximilians flüchtige Anleitung zur Bändigung dieser ganz besonderen Ladys reichen nicht aus um zu verhindern, dass es so kommt wie es wohl kommen muss… ein unbeschreibliches Tohuwabohu. Dabei wollte doch Archie an seinem ersten Abend in Freiheit eigentlich nur ein gemütliches, wohltuendes Bad nehmen.
Die turbulente, freche, liebestolle, hemmungslose, schaumgeladene, überstürzte, frivol angehauchte, unvorhersagbare und vor allem aber rundum lustige „Lady’s Night“, mit ihren witzigen Dialogen, den drei ganz besonderen „Ladys" und dem armen, armen Archie sorgt für ungetrübten Spass und lässt die Bauchmuskeln tanzen.
Unbelehrbar
Bei der Rückkehr von seinem Polterabend findet Maximilian Odermatt ein unbeschreibliches Chaos in der Wohnung, einen verstörten Grossvater und verkaterte Nachbarinnen vor. Grossmutter Agatha (Nadja Rätzer), gerade aus der Kur zurückgekehrt und Maximilians zukünftige Ehefrau Maja (Nicole Kopp) sind entsetzt. Das Ergebnis des turbulenten Abends: Zoff zwischen den Senioren, eine geplatzte Hochzeit und Grossvater Archie, aus dem Schaden seines letzten Banküberfalls nicht klug geworden, plant schon wieder einen Coup.
Ob es zu einem Happyend kommt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Eins aber ist gewiss, die hochmotivierte Theatergruppe Oeschgen wird mit dem Ladysitter auch am kommenden Samstag ihr Publikum wiederum in helle Begeisterung versetzen und ihm einen gemütlichen Abend bescheren.
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