Vom Acker zum Steinkauz-Lebensraum
Von: Anina Riniker
Von einer landwirtschaftlich genutzten Fläche mit vereinzelten Hochstammbäumen zum nischenreichen Lebensraum für den bedrohten Steinkauz – diese Entwicklung konnte in den letzten drei Jahren am Siedlungsrand der Jurapark-Gemeinde Oeschgen verfolgt werden. Die Gemeinde setzt mit dem Projekt «Hochstammobstgarten Amle» ein Zeichen für mehr Natur und eine intakte Kulturlandschaft. Über 20 neu gepflanzte Hochstamm-Obstbäume runden diesen November die Naturaufwertung des Obstgartens ab. Das nun fertig gebaute Kleinod ist Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Oeschgen, dem Pächter, BirdLife Schweiz, dem lokalen Naturschutzverein und dem Jurapark Aargau.
Vom Acker zum Steinkauz-Lebensraum (Fotos: zVg)
Am Montag, 6. November 2023 hat das Projekt «Hochstammobstgarten Amle» in Oeschgen den letzten Schliff erhalten: Freiwillige der Seniorengruppe «Grauschnäpper», Vertreterinnen des Naturschutzvereins Oeschgen und der Gemeinde sowie der Pächter der Gemeindeparzelle haben den bestehenden Hochstammobstgarten erweitert und gemeinsam 21 Jungbäume gepflanzt.
Auf dem ehemaligen Ackerland werden nun neun verschiedene Baumarten Wurzeln schlagen und dereinst Früchte tragen, darunter Zwetschgen-, Birnen-, Quitten- und Mirabellenbäume. Als Versuch und Reaktion auf den Klimawandel wurden ausserdem zwei Arten aus wärmeren Regionen gepflanzt: je ein Mandel- und ein Kastanienbaum.
Dass sich zahlreiche Personen ehrenamtlich an der Pflanzung beteiligen, setzt eine spezifische Motivation voraus. Verena Kläusler, Präsidentin des Naturvereins Herznach-Ueken, erläutert: «Die «Grauschnäpper» unterstützen die Naturschutzvereine im oberen Fricktal bei verschiedenen Aufgaben.
Das Angebot ist niederschwellig organisiert: Es braucht keine Vereinsmitgliedschaft, mitmachen kann, wer Zeit und Lust hat. Wir engagieren uns in und für die Natur, weil wir uns gerne draussen bewegen und arbeiten. Auch zu sehen, was in den verschiedenen Gemeinden für die Natur gemacht wird und dann gedeiht, motiviert uns.»
Kommunale Initiative für mehr Natur am Siedlungsrand
Die umfassende Naturaufwertung auf der Gemeindeparzelle mit Flurnamen «Amle» wurde 2021 auf Initiative der Gemeinde Oeschgen angegangen. «Die Zusammenarbeit mit dem Jurapark Aargau war wirkungsvoll, professionell und produktiv. Es ist eine grosse Freude zu sehen, dass in der «Amle» ein wichtiger Lebensraum für Flora und Fauna und gleichzeitig eine Erholungsoase für die Menschen entstanden sind», so Gemeinderätin Vesna Wöhler.
Strukturreiche Hochstammobstgärten bieten einer Vielzahl von Tieren Lebensraum: Wildbienen, Zauneidechsen, Gartenrotschwanz, Wendehals und auch dem vom Aussterben bedrohten Steinkauz. Da sich der Jurapark Aargau schon seit mehreren Jahren für den Erhalt der traditionellen Obstgärten mit Hochstammbäumen einsetzt, konnte die Gemeinde auf dessen Unterstützung zählen.
Der Park hat als Projektträgerschaft von Anfang an fachlich und mit einem breiten Netzwerk unterstützt und konnte im Verlauf der Aufwertung weitere Partner und Geldgeber integrieren. So unter anderem auch BirdLife Schweiz – der Verband setzt sich mit dem Artenförderungsprogramm «Steinkauz und Obstwiesen» für die bedrohte Vogelart in der Nordwestschweiz ein. Auch die Abteilung Landschaft und Gewässer des Kantons Aargau beteiligt sich finanziell am Projekt.
Massnahmen für Steinkauz, Glögglifrosch und Co.
Die rund eine Hektare grosse Parzelle «Amle» umfasste vor der Aufwertung einen kleinen Hochstammobstgarten sowie eine landwirtschaftlich genutzte Ackerfläche. Bereits im Frühling 2022 hat der Forstwart und Weiherbauer Frank Möri im bestehenden Hochstammobstgarten zwei unterschiedlich tiefe Laichgewässer für die Geburtshelferkröte – umgangssprachlich als Glögglifrosch bekannt – ausgehoben und einen Landlebensraum angelegt. Beide Weiherbiotope hat er mit viel Erfahrung optimal ins Gelände eingepasst und die Ufer mit verschiedenen Neigungen ausgestaltet.
Am gewählten Standort befindet sich eine natürliche Feuchtstelle, die von einer Quelle am Hang gespiesen wird. In geringer Entfernung lebt ausserdem ein grösserer Bestand der Geburtshelferkröte, sodass die neu geschaffenen Biotope diesen Bestand im oberen Fricktal stärken werden. Ebenfalls im bestehenden Obstgarten wurden die Hecken aufgewertet sowie die Hochstammobstbäume geschnitten. Aus dem angefallenen Astmaterial wurden wichtige Unterschlüpfe für Igel, Wiesel und weitere Kleintiere gebaut.
Im Verlauf des letzten Jahres hat der Pächter Pascal Ehrsam die an den Obstgarten angrenzende Ackerfläche mit regionalem Saatgut in eine extensive – sprich vielfältige und artenreiche – Naturwiese umgewandelt. Auf dieser Fläche haben die Freiwilligen die neuen Hochstammbäume gepflanzt. Dabei wurden möglichst alte und vielfältige Sorten berücksichtigt.
Damit der Steinkauz in einem Hochstammobstgarten vorkommt, sind Insekten für seine Nahrungssicherheit essenziell. Diese findet er in den Hochstammbäumen und in den artenreichen Wiesen. Zur weiteren Förderung des Steinkauzes werden der Naturschutzverein Oeschgen und BirdLife Schweiz Kleinstrukturen wie Steinkauz-Röhren und Nisthilfen in den älteren Hochstammbäumen montieren.
Einsatz für ein ökologisches Kleinod
Damit diese neu geschaffenen Strukturen und Flächen ihren Wert auch in Zukunft behalten, müssen sie entsprechend gepflegt werden. Pächter Ehrsam wird sich weiterhin der zielgerichteten Bewirtschaftung der neuen Lebensräume widmen und so einen bleibenden ökologischen Wert der Massnahmen sicherstellen. Vom Kanton werden diese Leistungen im Rahmen der Biodiversitätsförderung mit Labiola-Beiträgen honoriert. Obst und Nüsse der Hochstammbäume wird der Pächter weiterverarbeiten.
Künftig wird eine Informationstafel entlang dem Spazierweg Naherholungssuchende für die Arten sensibilisieren, die von den vielfältigen Massnahmen in der «Amle» profitieren. Der Gemeinde ist es ein Anliegen, die Bewohnerinnen und Bewohner von Oeschgen persönlich und vor Ort zu informieren: Im kommenden Frühjahr ist ein Einweihungsanlass für die Bevölkerung geplant. Interessierte werden sich im Hochstammobstgarten über die vielfältigen Massnahmen ins Bild setzen und sich von der neu entstandenen Erholungsqualität am Siedlungsrand überzeugen können.
Das Aufwertungsprojekt «Hochstammobstgarten Amle» zeigt, dass eine Gemeinde mit Herzblut und den richtigen Partnern wertvolle Räume für Mensch und Natur schaffen und bei diesem Vorhaben auf die Unterstützung des Jurapark Aargau zählen kann.
Interessierte Gemeinden, die eine Idee zur ökologischen Aufwertung einer eigenen Parzelle haben und mehr Natur darauf schaffen wollen, wenden sich direkt an den Jurapark Aargau: Mathias Villiger, m.villiger@jurapark-aargau.ch , 062 869 40 79.
Jurapark Aargau
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