Vom Flachs zum Leinenkleid
Von: Stephan Schöttli
Der Vogelschutz-, Heimatschutz- und Verschönerungsverein Maisprach, kurz VVM ist in Sachen Natur- und Heimatschutz ein sehr aktiver Verein. Dies kommt auch in dem kürzlich gestarteten Projekt Flachs 2024 der vereinsinternen Museumsgruppe vom zum Tragen. Der längst in Vergessenheit geratene Flachsanbau und dessen Verarbeitung soll in diesem Jahr mit verschiedenen Aktionen möglichst anschaulich gezeigt werden.
Projektgruppe Flachs 2024 des VVM: (v.l.) Simone Schöttli, Rolf Imhof, Jessica Baumgartner, Christoph Schaub, Thomas Graf, Jürg Matt, Katharina Bütler, André Reber (Foto: Stephan Schöttli)
Der Flachs blüht im Sommer leuchtend blau und aus dem Flachs können Leinsamen und Leinenfasern gewonnen werden. Gemäss der Sprachforschung hat der neue heute gängige Ausdruck «eine Fahrt ins Blaue» seinen Ursprung tatsächlich in den früher sehr verbreiteten blau blühenden Flachsfeldern.
Mit dem stetigen Aufkommen der Baumwolle wurde der einheimische Flachsanbau hierzulande abgelöst und nahezu eingestellt. Eine alte Tradition, die auch in unserer Gegend heimisch war soll mit diesem Projekt neues Leben eingehaucht werden und den meisten dieses bis jetzt unbekannte Handwerk etwas näher bringen.
Aktiver Verein im Dienste der Menschen und der Natur
Der VVM wurde 1928 gegründet ist seit bald 100 Jahren in und um Maisprach auf verschiedene Art und Weise aktiv für die Vielfalt in der Natur. Zu den Schwerpunkten des Vereins gehören die Vernetzung von Natur und Menschen in und um Maisprach.
Mehrmals jährlich organisiert der Verein Arbeitseinsätze, Exkursionen oder Vorträge. Auch der Erhalt und die Förderung der Landschaft, zum Beispiel der Hochstammbäume oder durch naturnahe Trockenmauern im Rebgebiet gehören nebst vielem anderen zu den Aufgaben und Projekten des Vereins.
Das Museum kommt zu den Leuten
Das Konzept mit Aktionen «Dorfmuseum» an Anlässen im Dorf anzuhängen, entstand im Jahr 2001. Hintergrund der Idee war der Umstand, dass viele Dorfmuseen in der Region zu dieser Zeit nur noch wenige Besuchende hatten. Also drehte man den Spiess einfach um und ging zu den Leuten.
Das soeben gestartete Projekt der Museumsgruppe des VVM «Flachs 2024» ist das beste Beispiel dafür. Die Menschen sollen teilhaben und auch teilnehmen. Und so befindet sich das ausgewählte Landstück für den Flachsanbau nicht irgendwo sondern mitten im Dorf direkt neben der Bushaltestelle Richtung Rheinfelden und ist somit für alle gut sicht- und verfolgbar. Denn das Zuschauen, Fragen, Austauschen und Mitmachen der Bevölkerung ist bei diesem Projekt ausdrücklich erwünscht. Und so wundert es auch nicht, dass der Zeitplan dieses Projekts mittels einer Infotafel vor Ort und via Aushang und Gemeinde-App für alle verfolgbar ist.
Die Einsaat der Leinsamen erfolgte anfangs April
Am Samstag, 6. April startete das Projekt «Flachs 2024» mit der Einsaat der Leinsamen und dies bei fast schon sommerlichen Temperaturen. Dabei konnten der Präsident des Vereins, Christoph Schaub und Jessica Baumgartner zuständig für Projekte und Museumsgruppe zahlreiche Mitglieder der Projektgruppe und weitere Interessierte aus dem Dorf begrüssen.
Mit dabei war auch der in Maisprach wohnhafte Jürg Matt, welcher in der Region nicht nur vom Naturschutz her bekannt ist, sondern auch für sein grosses Engagement als Regisseur und gewiefter Manager zahlreicher Theaterproduktionen. Er hatte die Idee und stiess beim VVM auf offene Ohren.
Etwa Mitte Mai folgt dann das sogenannte «Steckeln und Fädnen», wo mit Hilfe von Pfählen und Stickel die Schnüre gezogen werden, damit der Flachs gerade wachsen kann. Während der Woche zwischen dem 20. und 27. Juli ist die Ernte sowie das Aufhängen der Bündel beim Werkhof geplant. Anlässlich der Bundesfeier am 1. August im alten Feuerwehrmuseum ein kurzes Theater geplant, welches zurzeit des Flachsanbaus im letzten Jahrhundert spielt.
Weiter folgen Mitte August die Samengewinnung und das Auslegen zum Rotten, das Trocknen sowie im Oktober anlässlich des diesjährigen Maispracher Bauern- und Flohmarkt das Brechen, Hecheln, Spinnen und Weben der gewonnenen Fasern. Geplant ist gegen Jahresende auch eine Leinen-Werkstatt, wo das Nähen und Gestalten des Rohmaterials gezeigt werden soll.
In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit und lokale Produktion angesagt sind, liegt dieses Schauprojekt genau richtig, auch wenn es hier nur darum geht, ein auch in unserer Region im frühen letzten Jahrhundert verbreitetes Handwerk aufleben zu lassen. Und wer weiss, vielleicht entsteht aus dem gesäten und verarbeiteten Maispracher Flachs noch in diesem Jahr in der Leinenwerkstatt ein Tuch oder Kleidungsstück. Und dies wäre dann im wahrsten Sinne des Wortes sehr nachhaltig! Und wem die genannten Ausdrücke, wie «Steckeln» oder «Fädnen» noch immer nichts sagen, ist gerne eingeladen an den verschiedenen Anlässen innerhalb «Flachs 2024» des VVM während dem Jahr teilzunehmen.
Vogelschutz-, Heimatschutz- und Verschönerungsverein Maisprach
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