Waldfriedhof Rheinfelden – „Im Reich der ewigen Ruhe“
Von: Hans Berger
Der Friedhof ist ein Ort des Abschieds, des Rituals, der letzten, der ewigen Ruhe und auch eine Stätte der Erinnerung und der Trauer. Hier kann man sich an die Verstorbenen erinnern und den Tod eines lieben Menschen betrauern. Wenn Christen den Toten gedenken, so bitten sie oft: „Gib ihnen die ewige Ruhe“ und „Lass sie ruhen in Frieden.“ Am Rheinfelder „Tag des Friedhofes“, zu dem die Stadt vergangenen Samstag in den Waldfriedhof geladen hatte, konnte die Frage aufkommen: „Ja wenn die zwei Bitten nicht hier erfüllt werden, wo dann?
Waldfriedhof Rheinfelden – „Im Reich der ewigen Ruhe“
Der 1924 angelegte Rheinfelder Waldfriedhof hat tatsächlich auch den Ruf, einer der schönsten im Aargau zu sein. Dies vor allem darum, weil er weniger den Eindruck eines Friedhofes als vielmehr den eines Waldes suggeriert.
Mitten im Leben
An einem so prächtigen Tag wie vergangenen Samstag sind auf dem Waldfriedhof die alleingelassenen Trauernden nicht allein, sondern werden vom Gezwitscher der Vögel begleitet und somit zart und liebevoll daran erinnert, dass sie noch mitten im Leben stehen. Und werfen die Friedhofbesucher einen Blick in den Wald, so stellen sie fest, dass der Baum zwar seine Blätter fallen lässt, er aber weiter lebt.
Die Blätter wiederum sind Nahrungsgrundlage für Kleinstlebewesen und Mikroorganismen. Sie schließen den Nährstoffkreislauf in der Natur. Ohne sie könnte der Stoffkreislauf nicht funktionieren und es wäre kein Pflanzenwachstum möglich. Die Ausgangsstoffe für Humus sind zudem abgestorbene Pflanzen und tote Lebewesen aller Art.
Friedhöfe als Räume der Toten sind eben oft auch Räume des Lebens. Darauf weisen in Rheinfelden die vielen Bänke hin, die zum Ausruhen und Sinnieren über Leben, Trauer und Tod einladen. Alle Erwachsene wissen es ja, auf dem Friedhof wird es einem aber immer wieder richtiggehend bewusst: „Leben und Tod gehören unauflöslich zusammen!“ Die im Alltag und erst recht in der Trauer eher zynisch klingenden Fragen des Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ verlieren besonders im Waldfriedhof dann auch ein wenig von ihrem mutmasslichen Hohn.
Bestattung
Einer der markanten Unterschiede zwischen Mensch und Tierreich ist, dass er seine Toten nicht einfach liegen lässt, sondern sie, meist religiös begründet, entweder der Luft, dem Wasser, dem Feuer oder der Erde übergibt. Dennoch, obwohl der Homo sapiens bereits vor 300‘000 Jahren in Afrika existent war, fanden die ersten (vermutlich) bewusst vorgenommenen Bestattungen erst vor 90‘000 bis 120‘000 Jahren in den Höhlen von Qafzeh und Skhul in Israel statt.
Zu den ältesten Beerdigungsformen zählt das „Hockergrab“. Der Leichnam liegt wie ein Embryo mit angezogenen Beinen und gekrümmtem Rücken auf der Seite in einem Steingrab. Soll es so aussehen, als ob der Tote schläft? Im Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein war es bei uns üblich, nur in einem Tuch bestattet zu werden, und zwar möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden nach Eintritt des Todes.
Die allgemeine Verbreitung des Sarges etabliert sich ab etwa 1800 und erfolgte parallel zur Entstehung der Leichenhäuser. Diese wiederum wurden eingeführt, um den Scheintod zu verhindern. Die Menschen kamen also ins Leichenhaus und wurden dort mindestens 48 Stunden lang unter Beobachtung aufgebahrt. So wollte man sicherstellen, dass man – sollte man noch das kleinste Anzeichen von Leben entdecken – sofort entsprechend einschreiten könnte.
Die Angst vor dem Scheintod hat also zu dieser 48-Stunden-Frist geführt, die bis heute gilt. Damit war es nicht mehr möglich, den Menschen zu Hause zu lassen, sondern man hielt – auch aus hygienischen Gründen – das Leichenhaus für notwendig. Und das wiederum hat die Notwendigkeit eines Sarges nach sich gezogen.
In der abendländischen Kultur, sprich im Christlichen Glauben, war lange Zeit die Erdbestattung die traditionelle Form der Bestattung, da der Körper für die Auferstehung aufbewahrt werden musste. Eine Verbrennung war schändlich und nur für Hexen oder Verbrecher angedacht
Reduzierter Platzbedarf
Die Feuerbestattung wurde erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in grossen Teilen Europas aufgrund sanitarischer, ökonomischer und ästhetischer Gründe wieder eingeführt.
Das erste Krematorium der Schweiz (das dritte in Europa) wurde 1889 in Zürich eingeweiht. Die römisch-katholische Kirche hat allerdings erst 1963 der Kremierung stattgegeben. Somit wurde auch den sich daraus ergebenden Alternativen wie beispielsweise das immer mehr bevorzugte Gemeinschaftsgrab, die Wasser- oder Baumbestattung, respektive das Ausstreuen der Asche irgendwo, der Weg geebnet.
Diese Alternativen führen auch dazu, dass der Rheinfelder Waldfriedhof, trotz grossem Bevölkerungswachstum der Stadt, über Jahre hinaus keine Belegungsprobleme hat. Kommt hinzu, dass die abendländische Kultur seit dem Mittelalter die mehrfache Nutzung von Grabflächen zulässt, dies im Unterschied vom Judentum und Islam, wo ewige Gräber vorgeschrieben sind.
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