Vorhang auf für Fricktaler Bühne und deren «Fledermaus»
Von: Hans Berger
„So muss allein ich bleiben acht Tage ohne dich?“, beklagt sich Rosalinde (Jeanne Pascale), doch sie irrt sich. Denn tatsächlich muss sie nur noch zwei Mal schlafen dann ist es soweit. Das alle zwei Jahre wiederkehrende gesellschaftliche und kulturelle Ereignis in der Region rund um Rheinfelden nimmt am kommenden Samstag mit der Operetten-Premiere der Fricktaler Bühne und ihrer Fledermaus, komponiert vom uneingeschränkt heute noch herrschenden Walzerkönig Johann Strauss Sohn, seinen Anfang.
„Glücklich ist wer vergisst“ ist eine der vielen bekannten Melodien, der wohl meist gespielten Operette. Nur wird dies bei den rund 10'000 erwartenden Zuschauern nicht der Fall sein. Die schönen Arien, wie auch die faszinierenden Stimmen der Solisten und der harmonische Gesang vom Chor der Fricktalerbühne sind nicht zu vergessen. Alltagssorgen allerdings treten, ohne eigenes Zutun automatisch in den Hintergrund.
„'s ist mal bei mir so Sitte“, erklärt Prinz Alexander Orlofsky (Åsa Margareta Dornbusch) seinen Gästen anlässlich seines rauschenden, das Leben der Akteure durcheinander bringenden Balls. Sitte bei der Fricktaler Bühne ist aber auch ein dekoratives Bühnenbild, diesmal erschaffen von Kristin Osmunden und natürlich die ehemalige, bequeme Polsterbestuhlung vom alten Basler Stadttheater, wo vermutlich einst einige der Operettenbesucher ihren ersten Kontakt mit der verzauberten Welt von Oper und Operette geknüpft hatten.
„Rekurrieren, appellieren, reklamieren, revidieren, rezipieren, subvertieren, devolvieren, involvieren, protestieren, liquidieren, exzerpieren, extorquieren“, so beschreibt Dr. Blind, der Rechtsanwalt Eisensteins seine Arbeit. Tätigkeiten, die wohl mehrheitlich auch dem Regisseur Paul Suter und dessen Assistentin Marianne Schärrer nicht fremd sein dürften, um aus zehn Solisten, dreissig Chormitgliedern und sieben Balletteusen ein so homogenes Ensemble bilden zu können. Zudem verstand es Suter vortrefflich, der Fledermaus, welche am 5. April 1874 im Theater an der Wien ihre Uraufführung hatte, mit kleinsten zum Teil sarkastischen, durchaus auch gesellschaftskritischen Wortspielereien einen Link in die Neuzeit und zu geben.
„Mein Herr Marquis, ein Mann wie Sie, sollt' besser das verstehn“, ein Vorwurf, den Adele (Christa Fleischmann) wohl nicht ganz zu unrecht an den noblen Herrn richtet. Er wäre aber bestimmt bei den beiden Dirigenten Renato Botti und Iwan Wassilevski völlig deplaziert. Sie haben die Fledermaus entstaubt und sie mit manchen kompositorischen Überraschungen gespickt, welche so harmonisch in die musikalisch anspruchvollste aller Operetten einfliessen, als entstammten sie der Feder Johann Strauss.
„Komm mit mir zum Souper, es ist ganz in der Näh. Eh du in der stillen Kammer, laborierst am Katzenjammer“, eine Empfehlung, welche Dr. Falke (Michael Raschle) an Gabriel von Eisenstein (Raimund Wiederkehr) richtet. Da vier Rheinfelder Restaurants den Operettenbesuchern eine kulinarische Ouvertüre anbieten, wäre der gut gemeinte Ratschlag auch gegenüber dem Publikum nicht fehl am Platz.
„Ach, wie leicht könnt es entschweben, dies holde Zauberbild!“ klagt Gabriel von Eisenstein (Raimund Wiederkehr), meint damit aber bestimmt nicht die neuste Produktion der Fricktaler Bühne, denn die Fledermaus ist neben dem „Zigeunerbaron“ und „Eine Nacht in Venedig“ eine der drei berühmtesten Strauss-Operetten und zudem eine der wenigen Operetten, die regelmässig auch an grossen internationalen Opernhäusern gespielt werden.
Der Grund hierfür ist vor allem die ausgesprochen feinsinnige, mitreissende und meisterhaft orchestrierte Komposition. Höhepunkte sind das Uhren-Duett (Rosalinde/Gabriel von Eisenstein), der Csárdás, das Couplet des Prinzen Orlofsky, die Arie Mein Herr Marquis (Adele) und der Chorwalzer Brüderlein und Schwesterlein – Du und du im zweiten Akt.
Die Rollen
Der männlichen Hauptrolle, Gabriel von Eisenstein (Raimund Wiederkehr), stehen die zwei ebenbürtigen weiblichen Hauptrollen Rosalinde, Eisensteins Gemahlin (Jeane Pascale), sowie deren Hausmädchen Adele (Christa Fleischmann) gegenüber. Sprechanteile und gesangliche Schwierigkeit der drei Hauptrollen sind gleichwertig.
Die wichtigsten Nebenrollen sind Alfred, Verehrer von Rosalinde (Michael Gniffke), Dr. Falke, alias die Fledermaus, ein vermeintlicher Freund von Eisenstein, (Michael Raschle), der Gefängnisdirektor Frank (Andreas Pfister) sowie Prinz Orlowski (Åsa Margareta Dornbusch). Letzterer wurde von Johann Strauss als Mezzosopran angelegt, in einigen, vorwiegend modernen Inszenierungen wird die Partie auch von einem Tenor gesungen, nicht so in Rheinfelden. Der Frosch (Wolfgang Beusel), Ida (Nina Widmer) und Dr. Bind (Hans Michael Sablotny) sind weitere Personen, die zum Verwirrspiel beitragen.
Nun geht’s los
Nach fünfzehn Monaten Vorlaufzeit besteigt nun vom 16. Oktober bis 27. November das Ensemble der Fricktaler Bühne im Rheinfelder Bahnhofsaal sage und schreibe 21 Mal „die Bretter, die die Welt bedeuten“ und bietet dem Publikum mit der Fledermaus und ihrem Feuerwerk berühmter Walzer- und Operettenmelodien drei Stunden beste Unterhaltung.
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