Martin Willi - „Mein Theaterleben“ - Teil 35
Von: Martin Willi
Die vorliegende mehrteilige Serie „Martin Willi - Mein Theaterleben“ ist eine ausführliche Zusammenfassung, eine Art Biografie, meiner bisherigen Tätigkeit im Bereich des Theaters und der Literatur. Als künstlerischer Leiter des theater WIWA Laufenburg, als Schauspieler, Regisseur, Autor und Kursleiter, durfte ich viel Interessantes und Spannendes erleben, wovon ich Ihnen berichten werde. Darunter viele unvergessliche Highlights, aber auch schwierige Momente, die mich geprägt haben.
Szene aus "Matto regiert"
Wer regiert die Welt? - Matto!
Über die Entstehungsgeschichte des Stücks „Matto regiert“, frei nach dem gleichnamigen Roman von Friedrich Glauser, habe ich Ihnen bereits in den Teilen 29 und 33 berichtet.
Nun also war es soweit, auf das Frühjahr 2010 planten wir die Inszenierung des Stücks. Wie würde das Publikum dieses nicht alltägliche Werk aufnehmen? Ein Werk, in dem Matto, der Geist des Wahnsinns, die Welt regiert.
Zunächst aber ging es darum, das Theaterteam zusammenzustellen. Dies war nun wirklich keine leichte Aufgabe, waren doch fünfzehn anspruchsvolle Rollen (acht Männer und sieben Frauen) zu besetzen. Überdies mussten ja einige Spieler(innen) auch gesanglich und instrumental zum Gelingen beitragen. Und auch dies musste den qualitativ hohen Ansprüchen genügen.
Bei „Matto regiert“ waren acht Personen erstmals auf der WIWA-Bühne zu sehen, darunter mit Roland Graf und Urs Schmassmann auch zwei Männer mit einer Schauspielausbildung.
Roland Graf spielte als Matto die tragende Rolle des Stücks. In der Rollenbiografie als Matto hat er geschrieben: „Ich habe keine Vergangenheit, ich habe keine Zukunft, ich bin im Hier und Jetzt, in der absoluten Gegenwart, und ich manipuliere sie, wie es mir gefällt, denn ich bin der Meister des Wahnsinns.“ Bis zum heutigen Tag ist Roland Graf ein nicht mehr wegzudenkendes Element in unserem Ensemble geblieben.
Tatort psychiatrische Klinik
Beim Stück beginnt alles mit einem markterschütternden Schrei, mit flüsternden Stimmen startet das Geschehen auf der Bühne, das bis zum Schluss packend und spannend bleibt.
Der Direktor Borstli ist verschwunden, der Patient Hansjörg Pieterlen, ein Kindsmörder, ausgebrochen. Der Polizeibeamte Jakob Studer blickt hinter die Kulissen psychiatrischer Theorien und Therapien. Er versucht, einem Verbrechen auf die Spur zu kommen, tritt aber auch eine Reise in die Grenzregionen von Vernunft und Irrationalität an, die keineswegs so klar zu trennen sind - Matto, der Geist des Wahnsinns, regiert überall. Aber es ist nicht nur Matto, der den Patienten und Patientinnen Angst einflösst, sondern auch Nyx, die griechische Göttin der Nacht und der Finsternis.
Die Handlung entführte die Zuschauer in die rosarote Welt der Psychiatrischen Klinik „Himmelsfrieden“. Allgegenwärtig regiert Matto, der Geist des Wahnsinns, der seine silbernen und bunten Fäden spinnt. Der Weg ins Innere der Anstalt führt Wachtmeister Studer auch an die Abgründe der menschlichen Psyche und ins dunkle Reich, wo Matto regiert.
Der Wahnsinn ist allgegenwärtig, doch was treibt die Menschen in den Wahnsinn? Was treibt sie Dinge zu tun, die ihnen selbst und anderen nicht gut tun, die ihnen schaden? Ist es wirklich Matto, der unser Leben und unser Handeln so sehr bestimmt?
Im Laufe des Stücks tritt die kriminalistische Aufklärung in den Hintergrund. Statt dessen treten einerseits die doch recht beengende und irre Atmosphäre der Anstalt und andererseits die Einzelschicksale der Insassen in den Vordergrund und ins Zentrum des Geschehens. Vieles bleibt offen und allgegenwärtig stehen die Fragen im Raum: „Wo hört Mattos Reich auf?“ und „Was ist schon normal?“
Im Rosengarten…
Wie erwähnt wurden diverse Musik- und Gesangseinlagen ins Stück integriert. Dies wurde zu einem Knackpunkt, der erst in der Endphase der Probenzeit gelöst wurde. Gab es doch ganz unterschiedliche Musikelemente wie beispielsweise der Oldie-Ohrwurm „Im Rosengarten von Sanssouci“, das vertonte Erich Kästner-Gedicht „Man kann mitunter scheusslich einsam sein“, aber auch knallharte Heavy-Metal Songs.
Urs Schmassmann hat für das Stück seine alte Handorgel hervorgeholt, auf der er sich als Kind mühselig versucht hat und die er viele Jahre nicht mehr gespielt hat. Für „Matto regiert“ hat er das Instrument neu entdeckt.
Abschliessend muss ich betonen, dass die Aufführungen zwar eine grosse Herausforderung waren, auch betreffend Bühne und Technik, dass aber ein rundum positives Fazit zu ziehen war.
Die Spieler(innen) gaben ihr Bestes und „Matto regiert“ darf zweifellos als ein Höhepunkt in der Geschichte des theater WIWA, aber auch in meiner persönlichen theatralischen Laufbahn erachtet werden.
Das Publikum zeigte sich begeistert und so durften wir zehn ausverkaufte Aufführungen absolvieren. Auch die Presse zeigte sich wohlwollend, so war unter anderem zu lesen: „Der Wahnsinn regiert die Welt - Welch wahnsinniges Vergnügen!“ Was soll man da noch anfügen?
Fortsetzung folgt nächsten Samstag…
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