„Noch nicht einmal drei Jahre alt und schon einen solchen Preis“, gab sich Peter Scholer, Präsident der IG Pro Steg in seiner Dankesrede erstaunt, nachdem er von der Obfrau der Jury des Aargauer Heimatschutzpreises Nicoletta Brentano-Motta die Urkunde und von Heinz Thommen den von der NAB gesponserten Check im Wert von 10'000 Franken überreicht bekam.
(v.l.) Peter Scholer, Kurt Beretta, Nicoletta Brentano-Motta, Chris Leemann, Heinz Thommen
Doch zurück zum Anfang. Mit einer Stoffinstallation hat die Hamburger Künstlerin Rud Witt dem Steg ein festliches, buntes Gewand übergezogen. Im Restaurant Zähringer versammelten sich rund 120 Gäste, um der feierlichen Preisübergabe beizuwohnen. Der Ansteckknopf mit der Aufschrift „Abriss STOP Kraftwerk", welchen viele der Teilnehmer trugen, erinnerte an die Anfänge der 70-er Jahre, als Protestdemos beinah zur Tagesordnung gehörten.
Nibeleungenlied Eröffnet wurde die Festlichkeit musikalisch mit dem Tenor Luca Martin, von Matthias Wamser am Klavier begleitet, bezeichnenderweise mit einem Lied vom Schatz, nicht am, sondern im Rhein aus dem Nibelungen-Epos. Oder meinte der Verfasser des Heldenepos in weiser Vorahnung mit dem Schatz gar die zwei, zwar nicht direkt im Wasser aber doch unterm Wasserspiegel befindlichen noch stromproduzierenden Francis-Turbinen aus dem Jahre 1898 vom Kraftwerk Rheinfelden? Ein passenderes Lied jedenfalls hätten sich die beiden Künstler zum Auftakt der Preisverleihung wohl kaum aussuchen können. Sie blieben auch in ihren weiteren musikalischen Beiträgen dem Thema Wasser treu und ernteten jeweils grossen Applaus.
Leuchtturm für die Zukunft Ruedi Weber, Obmann des Aargauer Heimatschutzes gestand in seiner Grussbotschaft ein, dass er, wie viele andere Mitmenschen bis vor Kurzem dem Kraftwerk Rheinfelden keine Bedeutung beimass, er sei aber heute von dessen Schutzwürdigkeit überzeugt.
Für seine Ansprache setzte Stadtammann Franco Mazzi seine siebenjährige Tochter als Ghostwriter ein, die ihm in konzentrierter Form den alles beinhaltenden Satz empfahl: „Vielen Dank, dass Sie das machen, denn wir haben unseren Steg sehr gern, den Leuten wünschen wir viel Glück“. Dennoch holte Mazzi etwas mehr aus und betonte die Symbolhaftigkeit des Kraftwerkes für Rheinfelden. Das Ensemble, bestehend aus Kraftwerk und Steg sei aber auch ein Leuchtturm für die Zukunft. Ob die Zeit reiche, um den Abriss zu verhindern, wisse er nicht, die Chancen seien aber sehr viel Einsatz an Energie wert.
„Der Erhalt von Steg und Kraftwerk ist keine spinnige Idee der Politik, sondern sie wird dank dem unermüdlichen Einsatz der IG Pro Steg von der Bevölkerung getragen“, analysierte Oberbürgermeister Eberhard Niethammer sinngemäss. Das Engagement sei dringend erforderlich; da auf Behördenebene nicht alle Involvierten die grossmehrheitliche Meinung beider Rheinfelden teilen, verliefen die Gespräche sehr schwer, erklärte der OB. Als Erstes seien nun die Kosten für den Erhalt des Ensembles zu ermitteln, um alsdann nach Investoren Ausschau zu halten. Die Chancen für den Erhalt seien trotz rechtskräftigen Bau- und Abrissbewilligungen vorhanden. „Die Vorstellung, dass die Bagger kommen könnten, sei unerträglich“, meinte Niethammer abschliessend.
Lebensqualität dank Heimatschutz Der Aargauer Regierung läge viel an einer guten Zusammenarbeit mit dem Heimatschutz, erklärte Landammann Roland Brogli eingangs seiner Grussbotschaft. Die Gesellschaft setzte teils berechtigt Fortschritt und Wohlstand ins Zentrum der Bestrebungen, doch gründe eine gute Lebensqualität auch auf subjektiven Wahrnehmungen der Umwelt. Deshalb komme der Pflege der Baudenkmäler und des historischen Erbes ein hoher Stellenwert zu.
Förderer, nicht Verhinderer Das Engagement des Preisträgers, der IG Pro Steg würdigte Roland Brogli mit folgenden Worten: „Eine Bürgerinitiative braucht viel Kraft, viel Ausdauer und viel Mut. Von einigen wird man als Verhinderer und von anderen als Egoisten ohne Verständnis fürs öffentliche Interesse bezeichnet. Auch die Politik zeigt nach einem sachlich korrekten Entscheid oft wenig Lust, ein Projekt nochmals zu überdenken. Denn wer will schon dem Fortschritt und dem wirtschaftlichen Aufschwung im Weg stehen? Sie aber sind Förderer, nicht Verhinderer. Mit dem von Ihnen angestrebten Erhalt des alten Wasserkraftwerkes und des Steges verhindern sie den Fortschritt nicht. Darum gebührt der IG Pro Steg für ihren Einsatz Anerkennung – auch wenn das Ziel nicht erreicht werden sollte. Denn für das Resultat gibt es heute keinerlei Garantie.“
Die Initiative verfolge, so Brogli, mit der Rettung des Stegs und des alten und industriegeschichtlich bedeutenden Kraftwerks ein Ziel mit einer Symbolik, die schöner nicht sein könnte: „Zwei Staaten, zwei Rheinfelden und eine Brücke, die die Bürger in doppeltem Sinne verbindet.“ Die IG Pro Steg zeige, dass auch Heimat und Heimatschutz nicht vor Grenzen haltmachen müsse. Es brauche Idealisten wie die IG pro Steg, Menschen welche Kraft für andere, Ziele und Ideen wie sie diese erreichen vor Augen haben. Die Preisverleihung zeige zudem, dass Wirtschaft und der Schutz des kulturellen Erbes keine Gegensätze seien.
Laudatio Professor Dr. Gerhard Neidhöfer würdigte die technikgeschichtliche Bedeutung des Rheinfelder Kraftwerkes. Das erste Flusskraftwerk am Hochrhein, erbaut zwischen 1895 bis 1898 bezeichnete er als Perle aus den Anfängen der Stromerzeugung. Massgebend in der Entwicklung der Stromerzeugungstechniken waren die Erfindung der Kohlenfaden-Glühlampe 1879 durch Thomas Edison. Dem folgte der „Krieg“ der Stromsysteme: Gleichstrom, Wechselstrom, Drehstrom waren damals die Schlagwörter, Eins-, Zwei-, oder Drei-Phasenzahl weitere und zu guter Letzt ging es auch noch um die Periodenzahl von 25, 40, 45 1⁄3 oder 50 Herz. In Rheinfelden setzte man damals auf Dreiphasen-Wechselstrom: Drehstrom und einer Systemfrequenz von 50 Herz, was sich in der Folge weltweit durchsetzte.
Die Macher von Rheinfelden blieben am Ball und erstellten 1908 mit den Kraftwerken Beznau und Löntsch ein Verbundnetz. Damit schrieb sich das Kraftwerk Rheinfelden nicht nur als die erste grosse Wasserkraftanlage Europas, sondern auch als Urzelle des europäischen Verbundnetzes mit 50-Perioden-Drehstrom in die Geschichtsbücher ein. Rheinfelden sei daher, so Gerhard Neidhöfer, ein Meisterwerk von gestern und heute eine Brücke zur Gegenwart und Zukunft.
Preisübergabe Mit der Auszeichnung wolle der Aargauer Heimatschutz auf die Arbeit der Mitglieder der IG Pro Steg beider Rheinfelden hinweisen, mit welcher diese zeigen, wie denkmal-, umweltschützerische und raumplanerische Belange mit den Anforderungen an ein Hightech-Energie-Werk verbunden werden könne, begründete Nicoletta Brentano-Motta, Obfrau der Jury die Preisverleihung.
Nach der Überreichung von Urkunde und Check bedankten sich Peter Scholer und Dr. med. Kurt Beretta gemeinsam für die Auszeichnung. Letzterer verwies auf den Internationalen Kongress für die Bewahrung des Industriellen Kulturerbes (TICCIH) in Freiberg (D), an dem Rheinfeldens Bestrebungen eine namhafte Unterstützung widerfuhr (Beilage). Zwei weltweite Resolutionen des TICCIH sollen die Regierungen in Bern und Stuttgart nun zum Handeln bewegen.
Beim abschliessenden Apéro wurde alsdann auf die Preisverleihung durch den Aargauer Heimatschutz und eine erfolgreiche Zukunft der IG Pro Steg angestossen. Die Hoffnungen Scholers, dass die Verleihung einen wirklichen Schutz nach sich ziehe und nicht zum „Schutt-Preis“ werde, klangen beim Zuprosten mit.
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