Waldeslust in Zeihen
Von: Hans Berger
Obwohl der Wald keine Winter-Tristesse kennt und die Wanderer auch in der kalten und kahlen Jahreszeit mit seinen schöpferischen Offenbarungen verwöhnen kann, ist momentan die Waldeslust nicht sonderlich aktuell. Dem Ruf des Waldes folgen daher zu dieser Zeit vorwiegend Förster, Waldarbeiter und insbesondere in Zeihen fünfzehn Forstwartslehrlinge des zweiten Lehrjahrs, welche beim Forstbetrieb Homberg-Schenkenberg gegenwärtig einen zweiwöchigen Kurs für das Baumfällen unter erschwerten Bedingungen absolvieren.
Ein sauberer Schnitt ist der Stolz eines jeden Holzfällers
Sichere und effiziente Motorsägenarbeit erfordert eine entsprechende Ausbildung, wie vom Kursleiter Walter Bussinger vom in Solothurn ansässigen Waldwirtschaftsverband Schweiz am offiziellen Besuchstag vom vergangenen Montag zu erfahren war. Die nebst den Ausbildnern anwesenden Eltern, Verwandte, Freunde und Freundinnen der Kursteilnehmer merkten dann auf dem Rundgang im „Schlag“ auch sehr bald, dass Baumfällen nicht einfach Baumfällen ist, sondern es dafür viel Wissen, Technik, Gespür und handwerkliches Geschick bedarf.
Pflege und Nutzung
Die Schweiz ist zu rund dreissig Prozent bewaldet. Rund 9’000 Menschen in forstlichen Berufen sorgen mit ihrem täglichen Einsatz unter freiem Himmel dafür, dass ein gesundes Gleichgewicht zwischen Wirtschaft und Ökologie erhalten bleibt. Denn bei aller Liebe zur Natur - ohne fachkundige Pflege kann der Schweizer Wald sein Produkt, den erneuerbaren Rohstoff Holz nicht produzieren.
Dafür braucht es qualifizierte Berufsleute auf allen Stufen, eine wichtige Stellung nehmen dabei die Forstwarte ein. Sie sind im wesentlichen verantwortlich für Pflege und Nutzung des Waldes. Ihre zentrale Aufgabe ist die Holzernte. Zu ihren Tätigkeiten gehören aber auch die Pflanzung und Pflege von Jungwald, Bauarbeiten oder Wegunterhalt, wie Walter Bussinger zu berichten wusste.
Versuchung
Das Holz muss wirtschaftlich geerntet werden können. Steiles Gelände in den Bergen oder klein strukturierte Besitzverhältnisse erschweren und verteuern die Holzernte, den Transport und den Verkauf. Letzterer deckt je länger je weniger die dem Waldbesitzer verbleibenden Kosten, welche durch die anderen Waldfunktionen verursacht werden. Die grossen Erntemaschinen im Wald werden oft als zerstörerisch empfunden. In Wirklichkeit ermöglichen sie es, mit Sorgfalt zu arbeiten, die Gesundheit des Forstpersonals in ihrem gefährlichen und mühsamen Beruf zu schonen und wenigstens ein Minimum an Rentabilität zu erzielen.
Die Versuchung, so Walter Bussinger, sei heute jedoch gross, aus vermeintlichen Kostengründen für jeden zu fällenden Baum die automatische Erntemaschine, welche innert wenigen Minuten und in einem Arbeitsgang den Baum fällt, entastet und in meterlange Stücke zersägt, zu ordern. Angesichts der langen Anfahrten sei es aber oftmals nicht zuletzt auch in Hanglagen rentabler, den Baum händisch zu fällen, weshalb der Kurs auch elementar für die Ausbildung der Forstwartslehrlinge sei.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus
So war es auch auf dem Rundgang im Wald von Zeihen. Das Surren der Motorsägen und der herrliche Duft von frisch gefälltem Holz waren stetiger Begleiter. Auffallend das gute Verhältnis zwischen den hoch motivierten Lehrlingen und ihren Ausbildnern. Nicht ohne einen gewissen Stolz, verbunden mit viel Sachkompetenz, zeigten die Stifte ihren Meistern und den Besuchern die verschiedenen Schnitttechniken, von denen es zirka deren neun gibt, wie von einem Lehrling zu erfahren war.
Dass die Forstwarte hart im Nehmen sind, zeigt der Stundenplan des Kurses, welcher um 6.30 Uhr mit einem theoretischen Teil seinen Anfang nimmt und den Teilnehmern, welche in der Militärunterkunft von Hornussen nächtigen, erst um 7.15 Uhr ein Frühstück zugesteht; um 8.00 Uhr ist dann die Waldarbeit angesagt.
Sauber oder nicht sauber?
Ältere Menschen schwärmen oft, wie sauber der Wald doch früher noch war. Sie wissen jedoch nicht, dass besonders in den Kriegsjahren, wo es an Energie mangelte, regelrecht Raubbau am Wald betrieben und ihm dadurch die Nahrung entzogen wurde, worunter der Wald dann noch jahrelang litt, antwortete ein Förster auf eine entsprechende Frage. Das herumliegende Geäst erfreut zwar nicht zwingend den Wanderer, aber umso mehr den Wald und seine Bewohner.
Auch wenn die Forstwartslehrlinge Bäume fällen, so bedeutet der Kurs für Rolf Treier, Förster und Betriebsleiter vom Forstbetrieb Homberg-Schenkenberg erhebliche Mehrarbeit. Nichtsdestotrotz sieht er sich dazu verpflichtet, den Lehrlingen eine gute Grundlage zu geben und letztlich den Fortbestand des für einen gesunden Wald wichtigen Berufs des Forstwarts zu sichern.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»