Martin Willi - „Mein Theaterleben“ - Teil 27
Von: Martin Willi
Die vorliegende mehrteilige Serie „Martin Willi - Mein Theaterleben“ ist eine ausführliche Zusammenfassung, eine Art Biografie, meiner bisherigen Tätigkeit im Bereich des Theaters und der Literatur. Als künstlerischer Leiter des theater WIWA Laufenburg, als Schauspieler, Regisseur, Autor und Kursleiter, durfte ich viel Interessantes und Spannendes erleben, wovon ich Ihnen berichten werde. Darunter viele unvergessliche Highlights, aber auch schwierige Momente, die mich geprägt haben.
Probeszenen aus „Ignatius, Bauernkaiser von Laufenburg“
Hinaus an die frische Luft am Rhein
Nachdem wir die ersten drei Monate in der Schüüre probten (vergleiche dazu Teil 26 vom letzten Samstag) galt es nun langsam aber sicher ernst für unser Freilichttheater „Ignatius, Bauernkaiser von Laufenburg“.
Ab dem 23. April 2007 begannen unsere Proben am Ort des Geschehens, nämlich in der idyllisch gelegenen Badstube am Rhein. Grösstenteils waren wir vom Wetterglück begünstigt. Wenn uns dann und wann aber doch mal Petrus einen Strich durch die Rechnung machte, so konnten wir unsere Probe in die ehemalige Bäckerei Vonlanthen verlegen.
Es war ein enormer Glücksfall für unsere Produktion, dass wir das Gebäude der stillgelegten Bäckerei, das sich in unmittelbarer Nähe der Badstube befand, benutzen durften, und dies erst noch unentgeltlich. Von ca. Mitte April bis zur Premiere Ende Juni wurde diese Lokalität beinahe zu einer zweiten Heimat für mich, aber auch für viele weitere Mitwirkenden. In der alten Bäckerei richteten wir Garderobe, Requisitenraum, Maske, Produktionsbüro, Aufenthaltsraum und vieles mehr ein.
Im Grossen und Ganzen verliefen die letzten Probewochen sehr zufriedenstellend. Auch wenn natürlich ein sogenanntes Probeweekend nicht machbar war. In der Regel absolviere ich mit meinen Spieler(innen) nämlich jeweils ca. vier Wochen vor der Premiere ein Probeweekend ausserhalb des Aufführungsortes. Dies einerseits um sehr intensiv und gezielt am Stück zu arbeiten, andererseits aber auch um die Teambildung zu fördern, denn in solchen Weekends habe ich schon wahre Wunder erlebt. Da wir bei „Ignatius“ aber beinahe 70 Spieler(innen) hatten, war ein solches Weekend natürlich nicht realisierbar.
Kleider und Musik wie zu Ignatius‘ Zeiten
Wie erwähnt spielten sehr viele Spieler(innen) bei diesem Freilichtspektakel mit. Viele davon mussten in historischen Gewändern aus dem 17. Jahrhundert oder in futuristischen Kleidern aus dem 23. Jahrhundert auftreten. Die meisten der Kostüme wurden von rund zehn Frauen unter der Leitung von Silvia Blaser genäht.
Damit die Spieler(innen) wirklich wie zu jener Zeit von Ignatius daherkamen, wurden keine Kosten und Mühen gescheut.
Für mich persönlich war es enorm wichtig, bei diesem Freilichtspiel nicht nur das Schauspiel, sondern viele weitere Elemente wie Musik, Tiere und Film zu integrieren.
Nicht ganz einfach war es, an die Noten und Texte von Liedern aus dem 17. Jahrhundert oder sogar früher zu kommen. Mit dem Recherchieren im Internet und im Stadtarchiv verbrachte ich unzählige Stunden, bis dann René Picard als musikalischer Leiter seine Tätigkeit aufnehmen konnte.
Mein Wunsch war es, das Theaterstück mit einem musikalischen Finale aller Spieler abzuschliessen. Dazu wurde eigens das Lied „Alt Laufenburg“ aus der Taufe gehoben. Das Lied „Alt Laufenburg“ basiert auf einem Text von Albert Probst, der von 1899 bis 1970 lebte. Der Text stammt aus seinem Tagebuch vom 09. Juli 1938, der Eintrag trägt die Nummer 79. Dieser Text diente mir als Vorlage zum Schlusslied. Die Musik zum Lied komponierte René Picard.
In den letzten Proben wurde nicht nur die Musik und die aufwändige Technik integriert, sondern auch die Tiere durften ihren Teil zum Gelingen beisteuern. Das heisst Pferde, Ziegen und Hunde.
Da wir Personen hoch zu Ross vorsahen, mussten einige Spieler buchstäblich über ihren eigenen Schatten springen und sich das Reiten anlernen. Das heisst, es mussten mehrere Reitstunden absolviert werden, bevor die Szenen mit den Pferden eingeprobt werden konnten.
Bauernkaiser bekam ein Bühne
Langsam aber stetig stieg der Adrenalinspiegel bei allen Beteiligten und das Lampenfieber machte sich allmählich breit. Am ersten Maisamstag begann nun der Bühnenaufbau im Grünen am Rhein.
Pech dabei für die Akteure, dass nach sechswöchigem herrlichem Wetter nun ausgerechnet Petrus an diesem Tag so ziemlich alle Schleusen geöffnet hatte. Davon konnten und wollten sich die sieben tatkräftigen Herren jedoch nicht beeindrucken lassen: Stück für Stück entstanden das Holzgerüst, der Bühnenhintergrund, die obere Etage, die Überdachung für Darsteller und Kulissen und das Gestell für den Vorhang.
Filmaufnahmen
Ein wichtiger Probentag war der 19. Mai. An diesem Tag drehten wir einen Überfall der schwedischen Soldaten auf einen Materialtransport, der unterwegs in die Stadt Laufenburg war. Dieser mehrminütige Film wurde bis in die letzte Sekunde mit einem detaillierten Drehbuch vorbereitet und dann abgedreht.
Der Film wurde als spezielles technisches Element in die Aufführungen integriert. Nicht erst durch diesen Drehtag kam in mir der Wunsch auf, irgendwann in ferner Zukunft ein Drehbuch für einen abendfüllenden Spielfilm zu schreiben. Wer weiss, vielleicht irgendwann, irgendwie, irgendwo…
Am nächsten Samstag nun werde ich Ihnen von den Aufführungen des Freilichttheaters berichten. Aber auch darüber, wie es beim Theater WIWA nach diesem Höhepunkt weiterging.
Fortsetzung folgt nächsten Samstag…
Einen Teil verpasst? Kein Problem! Klicken Sie in der linken gelben Spalte die Rubrik „Archiv“ an, geben Sie dann das Wort „Theaterleben“ ein, dann klicken Sie auf „Suchen“ und schon erscheinen alle bisher publizierten Beiträge.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»