Klangexplosion im Kirchgemeindehaus Kaiseraugst
Von: Pfr. Andreas Fischer *
Am vergangenen Samstag, 11. März wurde im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst das 3. Klavierkonzert von Sergei Rachmaninoff auf zwei Flügeln aufgeführt.
Assel Abilseitova und Rani Orenstein (Fotos: zVg)
Seit die Ökumenische Kirche Liebrüti wegen Umbaus geschlossen ist, hat der sonst dort platzierte Steinway-Flügel im Kirchgemeindehaus eine provisorische Bleibe gefunden. Deshalb stehen hier zurzeit zwei Flügel.
Das gibt die Möglichkeit, Konzerte wie dieses anzubieten, mit den beiden hochkarätigen Pianisten Assel Abilseitova und Rani Orenstein. Beide haben u.a. an der renommierten Royal Academy of London studiert.
Maus und Elefant
Im Herbst letzten Jahres hatte Assel Abilseitova in ihrer Heimat Kasachstan, von einem Orchester begleitet, das 3. Klavierkonzert op. 30 in d-Moll des russischen Komponisten Sergei Rachmaninoff (1873-1943) zur Aufführung gebracht. Zurück in der Schweiz erklärte sie sich bereit, dies noch einmal zu tun, nicht in einem Konzertsaal diesmal, sondern im intimen Rahmen des kleinen Kirchgemeindehauses.
Und Rani Orenstein erklärte sich bereit, den Orchesterpart einzustudieren und Assel Abilseitova zu begleiten. Er sagte im Vorfeld, sein Job sei vergleichsweise easy, er könne ein wenig spielen, während Assel Abilseitova richtig hart arbeiten müsse. Es gebe, fuhr er mit feinem Humor fort, die Geschichte vom Elefanten und der Maus, die gemeinsam in der Sandwüste gehen. Die Maus sage stolz zum Elefanten: Schau, wieviel Staub wir aufwirbeln. Er, lautete Rani Orensteins Folgerung, sei die Maus, Assel Abilseitova der Elefant. Die Pointe zeugt von Bescheidenheit, denn auch der Orchesterpart ist von höchstem Schwierigkeitsgrad.
Kleine Hände, grosse Musik
Das Konzert gehört zum Anspruchsvollsten der gesamten Klavierliteratur. Der Pianist, für den Rachmaninoff es einst geschrieben hatte, spielte es zeitlebens nie. Seine Hände seien dafür zu klein gewesen.
Wie Assel Abilseitova das mit ihren zierlichen Fingern hinkriegt, bleibt ihr Geheimnis. Jedenfalls: das Konzert war fantastisch, die stehenden Ovationen danach wollten kein Ende nehmen. Von den vielen Rückmeldungen, die beim anschliessenden Apero ausgesprochen wurden, sei diese zitiert:
„Das Konzert der Virtuosen ist unvergesslich. Die Kraft, die diese feine Frau in die Tasten legt, ist unglaublich. Und Rani Orenstein: die Emotionen, die er nur in der Musik, nicht aber äusserlich zeigt. Was für ein Geschenk, zwei so brillante und bescheidene Künstler immer wieder hören zu dürfen!“
Es war dies eine besondere Qualität des Konzerts – eines Salon-Konzerts im besten Sinn –, die mehrfach erwähnt wurde: Die beiden Musiker sind herzlich, nahbar, berührbar, man kommt mit ihnen ins Gespräch, beim Apero oder auch ganz schlicht beim Kirchenkaffee nach dem Gottesdienst. Beide sind ja Kirchenmusiker der reformierten Kirchgemeinde Region Rheinfelden, zu der Kaiseraugst gehört.
Rachmaninoffs 3. Klavierkonzert beginnt mit einer einfachen Melodie. Gemäss einer zur Lokalität, in der es aufgeführt wurde, passenden Theorie war es ein Kirchenlied, welches Rachmaninoff dazu inspirierte. Dann folgt ein ekstatischer Exzess an Läufen, Sprüngen, Trillern über die gesamte Tastatur. Von allen grossen Klavierkonzerten, heisst es, habe dieses im Klavierpart am meisten Noten pro Sekunde – mehr als alle 27 Mozart-Klavierkonzerte zusammen.
Per aspera ad astra
Doch auch wer sich nicht für Quantität interessiert, war begeistert von der unsagbaren Schönheit der Musik. Zuletzt schwingt sie aus in eine Siegeshymne. Mit ihr wird die Trift des ganzen Werks deutlich: Das Konzert führt, wie ein lateinisches Sprichwort sagt, „Per aspera ad astra“, also: „Durch das Raue gelangt man zu den Sternen“. Der Abend trug die Anwesenden tatsächlich hoch, hinaus ins Sternenmeer.
Zwei Dinge, die Assel Abilseitova im Vorfeld des Konzerts sagte, bleiben in Erinnerung:
1. Sie spiele sehr gern mit Rani Orenstein zusammen, sie verstehe sich nicht nur menschlich, sondern auch musikalisch sehr gut mit ihm. Mit ihm zu spielen sei ein nonverbaler Dialog, ein Gespräch ohne Worte. Das war an diesem Abend hörbar.
2. erläuterte Assel Abilseitova, was für sie „Schönheit“ bedeute, nämlich: „Einfachheit, Ehrlichkeit ohne Hintergedanken und in diesem Sinne: Reinheit“.
„Jeder Mensch“, fuhr sie fort, „trägt diese Schönheit in seiner Seele, unsere Aufgabe als Künstler ist es, sie durch unsere Musik auszudrücken.“
In diesem Sinn bekommen die simplen Worte tiefen Sinn: Man dankt für dieses schöne Konzert! Es klang aus in der berühmten Arie „Schafe mögen sicher weiden“ von J.S. Bach, welche Assel Abilseitova und Rani Orenstein vierhändig auf dem Steinway spielten – sehr heiter, sehr leise und in wunderbarem Kontrast zum vorhergehenden Feuerwerk.
* Andreas Fischer ist reformierter Pfarrer in Kaiseraugst.
Sponsoring Konzert PROJECT AGORA
Assel Abilseitova ist Co-Geschäftsführerin und musikalische Leiterin des PROJECT AGORA, welches dieses Jahr zum zweiten Mal stattfindet, vom 5.-7. Mai in Basel (www.projectagora.ch). Bei dem Festival begegnen sich im Rahmen von Konzerten und Workshops verschiedene Musikstile von Jazz über Punk, Pop, Folk und Rock bis hin zu Barock.
PROJECT AGORA finanziert sich wesentlich über Crowdfunding.
In diesem Zusammenhang findet am Sonntag, 19. März im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst ein Sponsoring Konzert statt:
► 10 Uhr: Gottesdienst für Gross und Klein, bei dem Assel Abilseitova gemeinsam mit dem südafrikanischen Drummer Max Liebenberg spielt.
► 11 Uhr: Apero Riche, ausgerichtet von der Yoya Pita Bar in Basel.
► 12 Uhr: Konzert mit Assel Abilseitova and Friends: Classic meets Jazz.
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal»