Mässige Honorierung
Von: Hans Berger
Den Mut des Kaiseraugster Gemeinderates, mit der Veranstaltung „Sie fragen - wir antworten“ eine kalte Dusche zu riskieren, honorierte die Kaiseraugster Bevölkerung, milde ausgedrückt, sehr mässig. Von den rund 3'200 Stimmberechtigten fanden am vergangenen Mittwoch lediglich deren Elf den Weg in den Saal vom Violahof, wo mindestens hundert Personen einen freien Platz gefunden hätten.
(v.l.) Françoise Moser, Gemeinderätin; Heinz Hassler, Gemeinderat, Roger Rehmann, Gemeindeschreiber; Max Heller, Gemeindepräsident, Sibylle Lüthi, Vizepräsidentin; Hanspeter Meyer, Gemeinderat
Spekulationen
Ist etwa den Kaiseraugstern angesichts der 15 %igen Steuererhöhung von 75 auf 90 Prozent die Lust am Politisieren abhanden gekommen? Schmerzt die Tatsache, den Gürtel um vier Millionen enger schnallen zu müssen zu sehr? Sitzt der Schock über die Erkenntnis, doch nicht im „Dorf. wo Milch und Honig fliesst“ zu leben, noch zu tief? Oder ist es einfach der Frust, dass heuer kein Neujahrsapéro stattfand und es, entgegen der Kaiseraugster Tradition, selbst nach der Frage-Antwort-Runde keinen Umtrunk gab?
Fragen, die sich angesichts der vielen leeren Stühle eventuell auch Gemeindepräsident Max Heller und dessen Kolleginnen und Kollegen insgeheim stellten oder noch stellen werden, aber schlussendlich nicht abschliessend zu beantworten sind. Denn vielleicht ist die mangelnde Präsenz des Kaiseraugster Stimmvolks auch nur in den widrigen meteorlogischen Bedingungen zu gründen, die an diesem Abend herrschten. Nicht völlig auszuschliessen ist ebenso die Hypothese, dass der Gemeinderat seine Arbeit so gut macht und diese zudem so offen und klar kommuniziert, dass sich daher gar keine Fragen ergeben.
Enttäuschung
In der Begrüssung verhehlte Gemeindepräsident Max Heller seine Enttäuschung über das magere Interesse nicht und eröffnete, vermutlich getreu dem Motto „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“, den Infoabend, der so strukturiert war, dass jede Gemeinderätin, jeder Gemeinderat einen kurzen Rück- und Ausblick über sein Ressort machte und anschliessend seitens des Plenums die Fragen gestellt werden konnten.
Gesundheit, Bildung, Finanzen
Vizepräsidentin Sibylle Lüthi machte sodann als Erste den Sprung ins vermeintlich kalte Wasser, orientierte, dass die Gemeinde im Gesundheitswesen, nicht zuletzt aufgrund der gut funktionierenden Spitex keine Probleme habe. Schloss einen vom Planungsverband Regio Fricktal anvisierten Zusammenschluss aller elf Spitexvereine nicht völlig aus, bot aber dazu noch keine Hand.
Auch im Bildungswesen laufe in Kaiseraugst alles rund, so die Vizepräsidentin. Ein besonderes Kränzchen wand sie Schulpflege und Lehrpersonal für den positiven Bericht der Fachstelle externe Schulevaluation der Pädagogischen Hochschule FHNW, bei welcher alle sieben geprüften Ampeln auf grün standen. Wie vielen Bildungspolitikern machen momentan auch Sibylle Lüthi die Folgen der Aargauer Schulreform, über welche am 11. März abgestimmt wird, noch Sorgen und ärgert sich wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen über den unlängst Furore gemachten Negativentscheid des Grossen Rates bezüglich „Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung“.
Abschliessend beleuchtete Lüthi die eingangs erwähnte Kaiseraugster Finanzmisere, welche mit Aarau noch eingehend erörtert werde.
Die Fragerunde zeigte, wie in der Folge bei den übrigen Gemeinderätinnen und Gemeinderäte: Sibylle Lüthi war weder ins kalte, noch lauwarme Wasser gesprungen. Das Miniplenum verhielt sich emotionslos und stellte lediglich sachliche, der Verständlichkeit dienende Fragen, weshalb nachfolgend nicht näher darauf eingegangen werden muss.
Einbürgerungen Asyl-, Sozial-, Vormundschaftswesen
Einen Grund für die vielen Einbürgerungen in Kaiseraugst ortet Gemeinderat Hanspeter Meyer in der Zunahme der Wohnsiedlungen. Bei einer Aufnahmepflicht von elf Asylanten beherbergt Kaiseraugst mehr oder weniger problemlos, wie Meyer versicherte, deren 62 an sechs verschiedenen Standorten. Wichtig sind dem Gemeinderat, Kindern und Jugendlichen ein gutes Umfeld anzubieten, Meyer verwies diesbezüglich auf Midnightsport, ein von der Jugend selbst verwaltetes Zentrum, eine Kinder- und Jugendkonferenz , eine Kinderbaustelle, woraus sich ein Robbinsonspielplatz entwickeln und von einem noch zu bildenden Verein geführt werden soll.
Ein grosses Anliegen ist Meyer auch der Wunsch vieler Seniorinnen und Senioren nach altersgerechten Wohnungen. Entgegen vieler Meinungen sind die Wohnungen in der Liebrüti dafür nicht vollumfänglich geeignet, weil deren Konstruktion eine hundertprozentige Rollstuhlgängigkeit nicht umsetzen lässt. „Das Thema ist aber noch immer aktuell und wir sind auf der Suche nach Alternativen“ versprach Gemeinderat Hanspeter Meyer.
Verkehr, Liegenschaften, Gemeinschaftsantenne, Kultur
Gemeinderat Heinz Hassler hielt sich in seinen Ausführungen kurz, berichtete über den öV, den Umbau des Kindergartens im Dorf sowie die Neuaufschaltung von HD-Sendern bei der Gemeinschaftsantenne und versprach, dass weiterhin auch analog geguckt werden kann. Ausführlicher wies er auf die vielen erfolgreichen Kulturanlässe im Violahof hin und warb insbesondere für das „musikalische Sektfrühstück für zwei Klaviere“ vom 29. Januar mit dem Klavierduo „Schönegg-Westenberg“
Bauwesen
Rückblickend erinnerte Gemeindepräsident Max Heller an den, allgemein grosses Lob einheimsenden, neuen Dorfplatz, brandmarkte dabei aber die Unternutzung des Parkhauses und meinte dazu lakonisch: „Es gibt halt Viele, die zahlen lieber vierzig Franken Busse, wie zwei Franken Parkgebühren.“
Grosses kommt gemäss Heller mit der Revision der Nutzungsplanung sowie der Sanierung der Landstrasse auf Kaiseraugst zu. Ein heisses Thema sei noch immer das anvisierte, die Kaiseraugster Gemüter erregende Holzheizkraftwerk wie auch der mitten durch das Roche-Areal zum Wald führende Wurmisweg, welchen die Roche gerne zur Arrondierung des Areals kaufen würde. Heller gab sich überzeugt, dass zumindest letzteres auf einem guten Weg sei.
Feuerwehr, Hallenbad, Umwelt
Für Gemeinderätin Françoise Moser war der Umbau vom Feuerwehrmagazin eine spannende Sache. Obwohl die Heiz- und Nebenkosten vom Hallenbad innert drei Jahren von 400'000 auf 200'000 Franken gesenkt werden konnten, bleibt dieses noch immer ein Sorgenkind. Das Ziel, die sechste Energiestadt im Fricktal zu werden, ist in greifbarer Nähe. Françoise Moser gab sich überzeugt, dass der Gemeinde spätestens im Mai dieses Jahres das begehrte Label ausgehändigt wird.
Fazit
Nach den Ausführungen von Gemeinderätin Françoise Moser gab’s noch dies und jenes zu fragen und zu beantworten, bevor Max Heller die 1½-stündige, beinah schon gemütliche, lockere Versammlung schloss. Positiv, das Herz eines jeden Demokraten erfreuend ist zu vermerken, dass es für einmal keine schweigende, nicht zuordenbare Mehrheit gab und vermutlich niemand aus dem Plenum sich eine Frage verkneifen und seitens des Podiums aus Zeitmangel auch keine unterdrückt werden musste. So hat halt alles seine Vor- und Nachteile.
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