Auf den Spuren des Lebens - 30 Meter gleich 650 Mio. Jahre
Von: Hans Berger
Die Szenerie auf dem Hübstel oberhalb Herznach, wo am vergangenen Mittwoch im Auftrag vom Verein Eisen und Bergwerke Herznach (VEB) die Bohr- und Messtechnik Firma Stump, Russikon eine Tiefenbohrung durchführte, suggerierte den Pioniergeist Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, als die Erdölförderung ihren Anfang nahm.
Auf dem Hübstel über Herznach Bohrung vom Verein Eisen und Bergwerke Herznach in 650 Mio. Jahre Erdgeschichte.
Der Verein Eisen und Bergwerke Herznach (VEB) hatte die Bevölkerung zum grossen Spektakel auf den 460 Meter über Meer gelegenen Hübstel eingeladen, aus dessen Innern von 1937 bis 1967 insgesamt 1.7 Mio. Tonnen Erz gefördert wurde. Peter Scheuble, Präsident des Vereins sowie Projektleiter von „Zurück in den Stollen“ zeigte sich bei der Begrüssung erfreut, dass die Bohrung auf ein grosses Interesse gestossen ist. Nebst dem wissenschaftlichen Aspekt, so Scheuble, soll der rund dreissig Meter lange, 650 Mio. Jahre Erdgeschichte beinhaltende Bohrkern dereinst auch als „roter Faden“ in der momentan im Umbau befindlichen, dann neu gestalteten und vergrösserten Fossilienausstellung eingesetzt werden.
Nur Humus und Geröll
Ausser der prächtigen Aussicht gab es vermeintlich für die Zuschauer auf dem Hübstel nicht viel zu sehen. Rund alle dreissig Minuten holte der Bohrmeister etappenweise zwei Meter Erdgeschichte aus dem Boden, wofür es viel Feingefühl bedarf, wie Werner Deiss, Vorstandsmitglied des Vereins, zuständig für Bau und Infrastruktur, zu berichten wusste. Doch das, was das Bohrgestänge freigab und Kameramann Tello Frutiger, Video One AG Aarau , filmisch festhielt, war aus Laiensicht eigentlich nur Humus und Geröll, mehr nicht.
Unfassbar faszinierend
Dr. Peter Bitterli, Endingen, Spezialist für den Mittleren Jura jedoch belehrte die Unaufgeklärten eines Besseren und zog sie mit seinem grossen Wissen in seinen Bann. Es gab wohl keinen fest gepressten Klumpen, in dem er nicht irgendetwas entdeckte und darüber seiner Zuhörerschaft eine spannende, wissenschaftlich fundierte Geschichte zu erzählen wusste.
650 Millionen Franken ist eine Dimension, zu der auch „Otto-Normalverbraucher“ eine Beziehung aufbauen kann, zu 650 Millionen Jahr fehlt aber nicht nur ihm jeglicher Bezug. Eine Zeitepoche, welche mit „Spätes Proterozoikum“ bezeichnet wird, die ihren Anfang vor 2.5 Mrd. Jahren hatte, als sich das tierische Leben entwickelte und die Erde gerade Mal zwei Milliarden Jahre alt war.
Schlichtweg unfassbar und gleichzeitig faszinierend, dass in Herznach, nur dreissig Meter unter dem Boden, in diese Zeitepoche eingedrungen werden kann. Übrigens „Homo habilis“ trat erst vor etwa 2,4 Mio. und der „Homo sapiens“, also unsere Rasse, gar erst vor 200'000 Jahren auf – rechnet man die Erdgeschichte auf ein Jahr um, dann erscheint der Mensch erst am 31. Dezember um 23 Uhr.
Peter Bitterli verdeutlichte eindrücklich, dass das gesamte Wissen über die Erdgeschichte einzig aus den Erkenntnissen von Geologen und Fossilienforschern entstammt, doch sei das Bild noch lange nicht komplett, daher komme solchen Bohrungen wie in Herznach noch immer grosse Bedeutung zu.
Patenschaft
Wer zu der 650 Millionen Jahre alten Erdgeschichte einen persönlichen Bezug schaffen oder gar ein Teil von ihr sein will, kann dies mit der Übernahme einer Patenschaft für einen Meter des geologischen Schichtenprofils, wie Peter Scheuble erläuterte. Wie, sei demnächst auf der Homepage vom Verein Eisen und Bergwerke Herznach (VEB) zu erfahren.
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