Männerchor Gipf-Oberfrick - hautnah «weit, weit weg»
Von: Hans Berger
Mit seinem Jahreskonzert vom 5. Februar entstaubte der Männerchor Gipf-Oberfrick unter der Leitung von Andreas Bryner den herkömmlichen Männerchorgesang und setzte neue Akzente. Wohl begeisterten die Männer ihr Publikum wie gewohnt mit einigen Liedern über Kameradschaft, Wanderlust, Wein, Weib und Gesang; neuen Wind in die Männerchorszene aber brachte der Chor mit Country-, Rock- und Bluessongs und der Einbezugnahme eines Frauentrios.
Männerchor Gipf-Oberfrick - hautnah weit, weit weg
Als der Vorhang aufging und Dirigent Andreas Bryner im Smoking die Bühne betrat, staunte er nicht schlecht über das Outfit seiner Mannen. Statt der von ihm erwarteten Uniform trugen sie Wanderkleider und begründeten ihr Aussehen mit der Lust, auf Wanderung zu gehen. Kann sein, dass einige unter den angereisten Gesangeskollegen hier bereits den ersten Faux-pas witterten, Neider gibt’s ja überall, in Musikerkreisen besonders viele. Doch die haben die Rechnung ohne den Wirt, respektive Dirigenten gemacht. Denn eine „Meuterung“ vorausahnend hatte Andreas Bryner seinen Männern auch Wanderlieder beigebracht und so begab sich der Chor frohgemut „In die blühende Welt“ hinaus.
Natürlich war das Ganze ein inszenierter Aufstand und gehörte zur Moderation, welche die Sänger alternierend humorvoll mit Sketchen und Dialogen selber übernahmen.
Weiss der Kuckuck
Angesteckt vom „Lied eines fahrenden Schülers“ stellten die Männer unisono fest „und wieder jagt mich der Reisetrieb“, der dann aber „am Lagerfeuer“ erstmals besänftigt wurde. Weiss der Kuckuck warum sie sich dann plötzlich mit dem Lied „jetzt kommen die lustigen Tage“ von ihrem „Schätzel“ verabschieden wollten und ohne dabei irgendwelche Gewissensbisse zu haben.
Die Psychologen im Publikum schrieben den Sinneswandel zuerst dem Alkohol zu, doch als die Sänger gemeinsam feststellten „ich war noch niemals in New York“ war klar, deren vorgängig erwähnter Reisetrieb war noch nicht gestillt. Irgendwie kann das Kollegium aber dankbar sein, dass ihr Wunsch nicht sofort erfüllt wurde, denn mit ihrem Wanderoutfit wären sie wohl zum Gespött der New Yorker, aber vor allem der New Yorkerinnen geworden.
Hossa und Tequilla
Im Nachhinein haben sich die reislustigen Sänger das wohl auch gedacht und passten sich den Gepflogenheiten ihres nächsten Gastlandes Mexiko mit Sombreros an. Beim „Fiesta Mexicana“ mit entsprechend dreifachem Hossa und viel Tequilla fiel allerdings der Sänger mit dem Tirolerhut schon etwas auf. Die neue Order des Reisführers hiess „Heute an Bord“. Nach derart viel Festivitäten war es nachvollziehbar, dass die Reisegesellschaft irgendwann auf hoher See zur Einsicht kam „jede brucht sy Insle“. Offenbar entsprach dies aber doch nicht ganz ihren Bedürfnissen, denn auf den „Country roads“ zogen sie Richtung Virginia.
Auf in die Sahara
Beim Surfen im Südatlantik machten die Weltenbummler die gleichen Erfahrungen wie seinerzeit in Kalifornien die Beach Boys im Pazifischen Ozean „I get around“. Vor lauter Herumdrehen packte den Chor den „Heimwehblues“, machte dann aber mit „Aveva gli occhi neri, neri, neri“ einen Zwischenhalt im Tessin, bevor er nach Gipf-Oberfrick zurückkehrte. Allerdings muss der Empfang nicht sonderlich freundlich gewesen sein, denn die Männer beschlossen „ich fahre mit der Klara in die Sahara“; das Fiese der Sänger daran war, dass sie hofften, ihre Klaras werden dort von wilden Löwen gefressen...
Rückkehr
Die Mission scheint erfolgreich gewesen zu sein, denn in Russland bezirzten die Männer Kalinka. Wem die Schönheit alsdann ihre Gunst schenkte, war nicht in Erfahrung zu bringen. Auf der Rückreise erwiesen die Sänger der goldenen Stadt noch ihre Referenz und sangen auf dem Wenzelsplatz das „Wanderlied der Prager Studenten“. Nun packte die Sänger aber die Sehnsucht nach ihren, hoffentlich doch nicht gefressenen „Klaras“, was sie mit Polo Hofers „Uf däm lange Wäg“ zum Ausdruck brachten. Mit „Globetrotter“ von Patent Ochsner erinnerten sich die Globetrotter rockig an die schöne, abwechslungsreiche musikalische Welt, die sie zusammen erleben durften und kündigten ihren Lieben zuhause an, dass sie noch „weit, weit, weg“ sind, aber nach einem Schluck „Wiener Blut“ sie zackig mit dem „Radetzky-Marsch“ in Gipf-Oberfrick Einzug halten werden. Der Empfang war bombastisch und zur Freude der Männer - die Klaras hatten die Löwen in der Sahara besiegt.
Perfekte Crew
Ja, es war eine erlebnisreiche Reise, die den Männerchor Gipf-Oberfrick und sein begeistertes Publikum „weit, weit, weg“ führte und beide die Welt des Männerchorgesangs neu entdecken liessen. Yves de Grot erwies sich dabei als guter Steuermann, der die Tasten gefühlvoll bis rockig zu drücken wusste, Jolanda Amsler, Nicole Häberli sowie Sandra Higgins verstanden es, jeweils den richtigen Ton und Susanne und Hansueli Thommen tanzend den Dreivierteltakt anzugeben und der Mann auf der Brücke, Kapitän Andreas Bryner behielt stets den Überblick und führte den Männerchor Gipf-Oberfrick souverän durch all die vielen Klippen weit, weit, weg und wieder zurück.
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