Faszination Universum – Astronom:innen identifizieren rekordbrechenden Quasar
Von: esa/f24.ch
Astronom:innen haben mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) einen hellen Quasar untersucht und festgestellt, dass er nicht nur der hellste seiner Art ist, sondern auch das leuchtkräftigste Objekt, das jemals beobachtet wurde. Quasare sind die hellen Kerne entfernter Galaxien und werden von supermassereichen schwarzen Löchern angetrieben. Das Schwarze Loch in diesem rekordverdächtigen Quasar wächst um eine Sonnenmasse pro Tag und ist damit bis heute das am schnellsten wachsende Schwarze Loch.
Die Schwarzen Löcher, die Quasare antreiben, sammeln Materie aus ihrer Umgebung in einem Prozess ein, der so energiereich ist, dass dabei gewaltige Mengen an Licht ausgesendet werden. Das geht so weit, dass Quasare zu den hellsten Objekten an unserem Himmel gehören, selbst weit entfernte Quasare sind also von der Erde aus sichtbar. In der Regel weisen die leuchtkräftigsten Quasare auf die am schnellsten wachsenden supermassereichen Schwarzen Löcher hin.
"Wir haben das am schnellsten wachsende Schwarze Loch entdeckt, das bisher bekannt ist. Es hat eine Masse von 17 Milliarden Sonnenmassen und verzehrt etwas mehr als eine Sonnenmasse pro Tag. Damit ist es das leuchtstärkste Objekt im bekannten Universum", erläutert Christian Wolf, Astronom an der Australian National University (ANU) und Erstautor der in Nature Astronomy veröffentlichten Studie. Der Quasar mit der Bezeichnung J0529-4351 ist so weit von der Erde entfernt, dass sein Licht über 12 Milliarden Jahre brauchte, um uns zu erreichen.
Die Materie, die in Form einer Scheibe zu diesem Schwarzen Loch gezogen wird, strahlt so viel Energie ab, dass J0529-4351 über 500 Billionen Mal heller leuchtet als die Sonne [1]. "All dieses Licht kommt von einer heissen Akkretionsscheibe mit einem Durchmesser von sieben Lichtjahren - das muss die grösste Akkretionsscheibe im Universum sein", ergänzt Samuel Lai, Doktorand an der ANU und Ko-Autor. Sieben Lichtjahre sind etwa das 15’000-fache der Entfernung von der Sonne zur Umlaufbahn des Neptun.
Bemerkenswerterweise war dieser rekordverdächtige Quasar eigentlich unübersehbar. "Es ist seltsam, dass er bis heute unerkannt geblieben ist, wo wir doch bereits eine Million weniger beeindruckender Quasare kennen. Er hat uns bis jetzt buchstäblich ins Gesicht gestarrt", bemerkt Ko-Autor Christopher Onken, Astronom an der ANU, und ergänzt hinzu, dass dieses Objekt bereits 1980 auf Bildern der ESO auftauchte, aber erst Jahrzehnte später als Quasar erkannt wurde.
Das Aufspüren von Quasaren erfordert präzise Beobachtungsdaten von grossen Bereichen des Himmels. Die daraus resultierenden Datensätze sind so gross, dass Forscher:innen häufig auf maschinellem Lernen basierte Modelle verwenden, um sie zu analysieren und Quasare von anderen Himmelsobjekten zu unterscheiden.
Diese Modelle werden jedoch auf der Grundlage bereits vorhandener Daten trainiert, was die Zahl der potenziellen Kandidaten auf ähnliche Objekte wie die bereits bekannten beschränkt. Wenn ein neuer Quasar heller leuchtet als alle anderen bisher beobachteten, könnte das Programm ihn ablehnen und stattdessen als einen Stern klassifizieren, der nicht allzu weit von der Erde entfernt ist.
Eine automatische Analyse der Daten des Gaia-Satelliten der Europäischen Weltraumagentur (ESA) hat J0529-4351 als zu hell für einen Quasar eingestuft und ihn stattdessen für einen Stern gehalten. Die Wissenschaftler:innen identifizierten ihn schliesslich letztes Jahr mit Hilfe von Beobachtungen des 2,3-Meter-Teleskops am Siding Spring Observatory in Australien als fernen Quasar.
Um herauszufinden, dass es sich um den leuchtstärksten Quasar handelt, der jemals beobachtet wurde, waren jedoch ein grösseres Teleskop und Messungen mit einem präziseren Instrument erforderlich. Der X-Shooter-Spektrograf am VLT der ESO in der chilenischen Atacamawüste lieferte die entscheidenden Daten.
Die Entdeckung und Untersuchung entfernter supermassereicher schwarzer Löcher könnte Licht in einige der Geheimnisse des frühen Universums bringen, z. B. wie sie und ihre Wirtsgalaxien entstanden sind und sich entwickelt haben. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Wolf nach ihnen sucht. "Ich persönlich mag einfach die Jagd", bekennt er. "Für ein paar Minuten am Tag fühle ich mich wieder wie ein Kind, das Schatzsuche spielt, aber diesmal bringe ich alles mit, was ich seitdem gelernt habe."
Endnoten
[1] Vor einigen Jahren berichteten die NASA und die Europäische Weltraumagentur ESA über die Entdeckung des Quasars J043947.08+163415.7 mit 600 Billionen Sonnenleuchtkräften durch das Hubble-Weltraumteleskop. Die Helligkeit dieses Quasars wurde jedoch durch eine Gravitationslinse verstärkt, eine Galaxie, die sich zwischen uns und dem entfernten Quasar befindet. Die tatsächliche Helligkeit von J043947.08+163415.7 wird auf etwa 11 Billionen Sonnenleuchtkräfte geschätzt (1 Billion ist eine Million Millionen: 1.000.000.000.000 oder 1012)
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