Gewerkschaft fordert eine Wende in der Einkommenspolitik
Von: mm/f24.ch
Die unteren und mittleren Reallöhne stagnierten, die Last der Krankenkassen-Prämien werde untragbar. Die Einkommens- und Abgabenpolitik in der Schweiz gingen klar in die falsche Richtung, konstatiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Leidtragende seien die unteren und mittleren Einkommen und die Profiteure die Topverdiener:innen und Gutsituierten. Die obersten Löhne seien stark gestiegen. Die Firmen schütteten mehr Dividenden aus. Und die Kantone senkten die Steuern für hohe Einkommen und Vermögen.
Vania Alleva, Präsidentin Unia; Pierre-Yves Maillard, Präsident SGB (Archivfoto)
Dies zeigt jedenfalls auch der Verteilungsbericht, den der SGB gestern präsentierte. Es brauche eine Wende in der Lohn- und Einkommenspolitik. Damit diejenigen, die Tag für Tag für ihr Geld hart arbeiten müssten, finanziell gut über die Runden kommen.
Bei den unteren und mittleren Reallöhnen droht laut dem Bericht ein «verlorenes Jahrzehnt». Real seien sie heute nicht wesentlich höher als im Jahr 2016. «Hauptgrund ist, dass zahlreiche Arbeitgeber ihren Kunden zwar höhere Preise verrechneten, aber nicht bereit waren, ihren Angestellten den Teuerungsausgleich zu gewähren. Die Kader und Topverdienernden haben heute hingegen 3’000 Franken pro Monat zusätzlich (oberstes Prozent der Löhne). Erstmals haben in der Schweiz über 4’000 Personen ein Jahresgehalt von einer Million Franken und mehr. Von der Individualisierung der Lohnpolitik über Bonuszahlungen in den Firmen profitieren Kader und Topmanager überproportional. Damit auch die Arbeitnehmenden mit normalen Löhnen etwas vom Wohlstand haben, den sie erwirtschaften, braucht es im Gegenteil wieder mehr allgemeine Lohnerhöhungen», hält Daniel Lampart, Chefökonom SGB, fest.
Ungerechte Abgabenpolitik korrigieren
Auch die Steuer- und Abgabepolitik spielee den Gutsituierten und der Oberschicht in die Hände. Die Kantone hätten wieder damit begonnen, die Einkommens- und Vermögenssteuern zu senken. Weitere Steuersenkungen seien geplant. «Auf der anderen Seite wiegt die Krankenkassen-Prämienlast für die unteren und mittleren Einkommen immer schwerer – auch weil die Kantone die Prämienverbilligungen nur schwach erhöhen. Eine vierköpfige Familie zahlt heute mehr als 1000 Franken pro Monat für die Krankenkasse – auch wenn sie ein Hausarzt- oder HMO-Modell gewählt hat. Statt die ungerechte Verteilung der Einkommen zu korrigieren, verstärkt die aktuelle Abgabenpolitik die Ungleichheiten, insbesondere weil die ungerechten Kopfprämien ungebremst steigen», sagt Pierre-Yves Maillard, Präsident SGB.
Normal- und Geringverdienende hätten heute nach Abzug der Steuern und der Wohnkosten deshalb weniger Geld zum Leben als im Jahr 2016. Die Topverdiener-Haushalte hingegen stünden finanziell besser da. Ihre Bruttoeinkommen stiegen. Und weil die Schweiz das Gesundheitswesen als einziges Land in Europa über eine Kopfsteuer finanziere, müsse sie sich weniger an der Entwicklung der Gesundheitskosten beteiligen als anderswo. Die Schweiz sei deshalb das Land in Europa, welches die Ungleichverteilungen am geringsten korrigiere.
Forderung
Es brauche eine Wende in der Schweizer Lohn- und Einkommenspolitik. Die Reallöhne der Normal- und Geringverdienenden müssten markant stiegen. «Wer eine Lehre gemacht hat, soll mindestens 5’000 Franken pro Monat verdienen. Generell müssen die Löhne mindestens 4’500 Franken betragen. Diese Lohnerhöhungen sind betriebswirtschaftlich möglich. Die Ertragslage und die Margensituation der Firmen sind gut. Damit der Lohnrückstand und die Lohnlücke geschlossen werden, braucht es in diesem Lohnherbst substanzielle Lohnerhöhungen insbesondere bei den unteren und mittleren Löhnen. Nach wie vor gross ist auch der Handlungsbedarf bei den sogenannten Frauenberufen mit zu tiefen Löhnen. Wir werden die Lohnfrage in diesem Lohnherbst mit Aktionen in den Betrieben und auf den Strassen zum Thema machen», erklärt Vania Alleva, Vizepräsidentin SGB und Präsidentin Unia.
Mehr Kaufkraft
«In der Abgabenpolitik müssen die «Kopfsteuern» bei den Krankenkassenprämien gesenkt werden – über höhere Prämienverbilligungen, wie das die Prämien-Entlastungs-Initiative vorsieht. Niemand soll mehr als 10 Prozent des Einkommens für die Prämien ausgeben müssen. Die geplanten Senkungen der Einkommens- und Vermögenssteuern gehen hingegen in die falsche Richtung. Sie stellen diejenigen noch besser, die es nicht nötig haben.»
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