Touristiker unterschätzen Bedeutung der Gastfreundschaft
Von: mm/f24.ch
Umfragen der Hochschule Luzern zeigen: Für rund die Hälfte der Gäste in der Zentralschweiz ist Gastfreundschaft einer der drei wichtigsten Faktoren beim Buchungsentscheid. Die Mehrheit von Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusbranche hingegen messen den Gastgeberkompetenzen weniger Bedeutung bei. Ein Forschungsprojekt hat deshalb zum Ziel, vermehrt für das Thema zu sensibilisieren.
In der Zentralschweiz wird heuer mit «Gästival» die 200-jährige Tourismusgeschichte gefeiert. Die Hochschule Luzern nahm dies zum Anlass, um in einem interdisziplinären Forschungsprojekt zu untersuchen, wie es um die hiesigen Gastgeberqualitäten bestellt ist.
Dazu führten die Wissenschaftler in den vergangenen Monaten zwei Umfragen durch: Einerseits beurteilten 114 Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusbranche die Wichtigkeit der Gastfreundschaft und die Zufriedenheit damit in der Zentralschweiz – und zwar aus Sicht der Gäste.
Andererseits beantworteten 887 Touristen, grösstenteils aus dem Inland, und 496 Personen aus der ansässigen Bevölkerung die gleichen Fragen. Nun konnten die Einschätzungen der verschiedenen Gruppen miteinander verglichen werden.
Die Gäste sind zufrieden
Eine erste Erkenntnis ist, dass die Branchenvertreter die Zentralschweizer Gastgeberqualitäten wesentlich kritischer taxieren, als dies die Gäste selbst und die Bevölkerung tun. Auf einer Skala von 1 (völlig unzufrieden) bis 7 (völlig zufrieden) beurteilen sie die Zufriedenheit mit der Gastfreundschaft nur mittelmässig, nämlich mit einem Durchschnittswert von 4.7. Deutlich besser fallen die Antworten der Gäste aus, die 6.2 Punkte vergeben; die durchschnittliche Einschätzung der Bevölkerung liegt bei 5.6 und ist also etwas näher an jener der Gäste als die der «Profis».
Ein möglicher Grund für die unterschiedliche Beurteilung der Zufriedenheit mit der Gastfreundschaft ist, dass die Schweizer generell und insbesondere die Touristiker sehr selbstkritisch sind», erklärt Jürg Stettler, Leiter des Forschungsprojekts.
Positiv stimmt ihn das gute Abschneiden bei den Touristen: «Die Umfrage macht deutlich, dass wir im Umgang mit unseren Gästen nicht so schlecht sind, wie es oft dargestellt wird. Sie sind zufrieden mit unserer Gastfreundschaft.» Trotzdem gibt es Verbesserungspotenzial, wie die Umfragen zeigen: Die Gäste wünschten sich insbesondere mehr Freundlichkeit, Herzlichkeit sowie Wertschätzung und Respekt.
Gastfreundschaft als Wettbewerbsfaktor
Die insgesamt gute Beurteilung ist umso bedeutender, als dass 48 Prozent der befragten Gäste Gastfreundschaft zu den drei relevantesten Faktoren für einen Buchungsentscheid zählen. Bei den Touristikern sind es lediglich 26 Prozent, die den Softfaktor unter die Top-3 setzen. Aus ihrer Sicht sind Landschaft und lokale Attraktionen ausschlaggebender.
«Die Branchenvertreterinnen und -vertreter unterschätzen, wie wichtig Gastfreundschaft für Touristen ist. Das ist problematisch», sagt Stettler. «Denn Gastfreundschaft ist ein Wettbewerbsfaktor: Gäste, die das Gefühl vermittelt bekommen, willkommen zu sein, sind zufriedener, bleiben länger, geben mehr Geld aus, kommen häufig wieder und empfehlen den Ort weiter.»
Verbesserte Gastgeberkompetenzen hätten somit einen positiven Effekt auf den Umsatz und führten zu einer höheren Wertschöpfung und Beschäftigung sowohl in touristischen Unternehmen als auch in Betrieben, die indirekt von den Gästen profitieren. «Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Zentralschweiz gestärkt werden», so Stettler.
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