Preisüberwacher kritisiert Taxen in Alter- und Pflegeheimen
Von: mm/f24.ch
Ein Heimaufenthalt kommt die betroffenen Personen in der Schweiz teuer zu stehen. Dementsprechend viele Meldungen erhält der Preisüberwacher Stefan Meierhans zu diesem Thema. Die Tariflandschaft präsentiert sich aber ziemlich uneinheitlich, intransparent und unübersichtlich. Der Preisüberwacher hat deshalb zum ersten Mal einen gross angelegten Preisvergleich der Aufenthalts- und Betreuungstaxen in Schweizer Alters- und Pflegeheimen durchgeführt.
Diese Untersuchung zeigt, dass sich die kantonalen Durchschnittswerte der Aufenthaltstaxen um bis zu Fr. 100.- oder 87% pro Tag unterscheiden. Mangels Regeln und Kontrollen hegt der Preisüberwacher deshalb Zweifel, ob in allen Heimen die gleichen Massstäbe der Kostenkalkulation gelten.
Häufig erzielen auch öffentliche Heime mit den Heimtaxen überhöhte Gewinne und quersubventionieren damit unzulässigerweise die defizitäre Pflege. Der Preisüberwacher fordert deshalb von den Kantonen, die Heimtaxen besser zu kontrollieren und die Kostenermittlung sowie Restkostenfinanzierung einheitlich und gesetzeskonform zu regeln.
Die Kosten der nicht-pflegerischen Leistungen (Betreuung und Hotellerie) in Alters- und Pflegeheimen gehen in der Schweiz vollumfänglich zulasten der Heimbewohner. Nur wenige Kantone setzen die Taxen selbst fest (teilweise implizit via EL-Maxima), oder schreiben zumindest vor, dass bei öffentlichen Heimen die Taxen für Pension und Betreuung höchstens kostendeckend sein dürfen.
Ansonsten sind die Schweizer Alters- und Pflegeheime im Unterschied zu den regulierten Pflegetaxen in der Taxgestaltung weitgehend frei. Der Preisüberwacher hat die bislang wenig untersuchten Heimtaxen erstmals analysiert und einen schweizweiten Preisvergleich erstellt. Zu diesem Zweck hat er die Tax-ordnungen von 1417 Schweizer Alters- und Pflegeheimen ausgewertet. Das sind 91% aller 1‘552 Schweizer Alters- und Pflegeheime gemäss Bundesamt für Statistik, was beinahe einer Vollerhebung entspricht. Die Resultate dieser Analyse sind u.a. die Folgenden:
Die sog. Aufenthaltstaxen gelten die Kosten von Betreuung und Hotellerie in einem Alters- oder Pflegeheim zusammen ab. Wie Abbildung 1 (siehe Anhang) zeigt, stellte der Preisüberwacher bei den durchschnittlichen Taxen für den Aufenthalt in einem «Standard-Einzelzimmer» grosse Unterschiede zwischen den Kantonen fest.
So werden im Kanton Wallis den Heimbewohnern für die Leistungen Betreuung und Hotellerie im Durchschnitt nur Fr. 121.60 pro Tag in Rechnung gestellt. Im Kanton Genf müssen die Heim-bewohner durchschnittlich Fr. 227.40 bezahlen, also mehr als 100 Franken oder 87% mehr pro Tag als im Kanton Wallis. Der schweizweite Durchschnitt der Aufenthaltstaxen bei Unterbringung in einem Einzelzimmer liegt bei Fr. 171.04.
Wie Abbildung 2 (siehe Anhang)zeigt, weisen die Aufenthaltstaxen der einzelnen Heime eine sehr grosse Spannweite auf. Im günstigsten Heim bezahlt man für Pension und Betreuung Fr. 94.00 pro Tag. Das teuerste Heim ist mit einer Aufenthaltstaxe von Fr. 455.00 pro Tag fast um den Faktor 5 teurer. Abgesehen von diesen Extremwerten streuen die Aufenthaltstaxen der meisten Heime nicht derart stark.
Das 25. Perzentil liegt bei Fr. 155.54, der Median bei Fr. 162.00 und das 75. Perzentil beträgt Fr. 181.50 pro Tag. Zwischen den einzelnen Kantonen gibt es beträchtliche Unterschiede in der Verteilung der Aufenthaltstaxen. In einigen Kantonen liegen die Taxen aller Heime sehr nah beieinander (z.B. FR, GL, GR, JU), während andere Kantone eine sehr breite Streuung aufweisen (z.B. AG, LU, SG, ZH).
Empfehlungen des Preisüberwachers
Aufgrund der grossen festgestellten Preisdifferenzen, der dürftigen Regeln zur Tarifsetzung sowie der spärlichen Kontrolle der Heime durch die Kantone und Gemeinden gewinnt der Preisüberwacher den Eindruck, dass der Preissetzung der Betreuungs- und Pensionstaxen der Alters- und Pflegeheime in der Schweiz oft eine Spur Willkür anhaftet und nicht überall die gleichen Massstäbe zur Kostenkalkulation gelten.
Dies ist laut Meierhans umso stossender, als dass die Heimbewohner oftmals nicht die Wahl haben, in welches Heim sie gehen wollen. Sie wissen zudem nicht, ob sie mit den Taxen eine ineffiziente Leistungserbringung oder ungedeckte Kosten aus dem Pflegebereich bezahlen.
Solche Missstände in einem Bereich, welcher sozialpolitisch von grosser Bedeutung ist, sollten nach Ansicht des Preisüberwachers dringend behoben werden, damit die Heimbewohner in keinem Fall mehr als die maximal gesetzlich zulässigen Pflegerestkosten übernehmen müssen.
Der Preisüberwacher gibt deshalb den Entscheidungsträgern im Bereich der Pflegefinanzierung (Bundesrat, Bundesamt für Gesundheit, Kantone, Gemeinden) folgende Empfehlungen ab:
- Schweizweit ist eine einheitliche Methode zur Kostenermittlung bei den Alters- und Pflegeheimen, d.h. ein einziger, nationaler Rechnungslegungsstandard zu etablieren.
- Für eine korrekte Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Kostenträger (Pflege, Betreuung und Hotellerie) muss eine periodisch durchzuführende, heimspezifische Arbeitszeitanalyse ver-bindlich vorgeschrieben werden.
- Die Kantone sollen ihrer Aufsichtspflicht nachkommen und die Heime genau kontrollieren, wenn sich Hinweise auf mehr als kostendeckende Pensions- und Betreuungstaxen finden. Allfällige Gesetzesverletzungen sollen rasch im Sinne der Heimbewohner beseitigt werden.
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