«Der Schwarze Hecht» vom Theater Zuzgen goldbraun, knusprig serviert
Von: Hans Berger
Angefangen bei der Beleuchtung, der perfekten Tonqualität, über das stimmige Bühnenbild, die dazu passenden Kostüme bis hin zu den Leistungen des Vier-Mann-Orchesters und den singenden Schauspielerinnen und Schauspielern vom Theater Zuzgen stimmt bei Kurt Jakobers Inszenierung „Der schwarze Hecht“ von Paul Burkhard einfach alles. 2 ½ Stunden beste Unterhaltung, die gleichwohl aber nicht nur auf Klamauk bedacht ist, sondern mit ihren gesellschaftskritischen Elementen durchaus auch gehörig zum Nachdenken anregt.
Familienidylle? Soll man sie ins Herz schliessen oder verachten, die Familie Oberholzer, dessen Oberhaupt Albert (Stefan Gysin) seinen 60. Geburtstag feiert und deshalb die liebe Verwandtschaft zum grossen Fest einlädt. Ausgeschlossen aber sind der Bruder des Jubilars und erfolgreiche Zirkusdirektor Alois (Thomas Sacher) und dessen Frau Iduna (Tanja Sacher), sie passen nicht in das bourgeoise, von Verlogenheit geprägte Familienidyll der Oberholzers. Als die beiden dennoch erscheinen, ist der Konflikt eigentlich vorprogrammiert. Mit dem Song vom „Pony Johnny“, insbesondere aber mit dem Lied „Oh mein Papa!“ vermag die kesse Iduna allenfalls ihre männliche Verwandtschaft zu bezirzen und bei der Tochter des Hauses Anna (Daniela Brogli) die Lust auf Zirkusluft aufkommen, das Publikum aber ist vom Charme der Zirkusprinzessin schlichtweg begeistert.
Gesellschaftsspiegel? Die Oberholzers entsprechen exakt dem Bild, das man sich von einer Familie der Oberschicht aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts macht. Es ist durchaus vorstellbar, dass bei der Uraufführung vom „Schwarzen Hecht“ am 1. September 1939 im Zürcher Schauspielhaus der damaligen Moral entsprechend die Sympathien des Publikums auf der Seite der Familie lagen. Der Schreibende selber glaubt sich erinnern zu können, dass dies auch bei ihm der Fall war, als er das Stück anfangs der 60er-jahre zum ersten Mal sah. Dies ist bei der Inszenierung von Kurt Jakober eindeutig nicht der Fall. Gekonnt hat er es verstanden, aus dem Lustspiel eine Tragikomödie zu machen, ohne dabei die lustigen Elemente der Urfassung zu vernachlässigen.
Würden die handelnden Personen durch ihre Kleidung nicht eine Distanz zur heutigen Zeit schaffen, wären sie durch ihre Arroganz und Gehässigkeit einfach unerträglich. Einzig ihre Unbeholfenheit und Gefangenschaft im damaligen System lässt noch Verständnis für ihre Handlungsweise aufkommen. Ob vom Regisseur gewollt oder ungewollt: Am Schluss kann der Frage nicht ausgewichen werden, ob sich die heutigen Gesellschaftsstrukturen wirklich so wesentlich von den Damaligen unterscheiden.
Doppelte Moral Die Fotos zeigen es deutlich, die hochnäsige Schwester des Jubilars Lina Eberle (Stefanie Frischherz) und deren Schwägerinnen Paula (Susi Haslimeier) und Berta (Monika Mösch) haben nur verachtende Blicke für das ungebetene Paar übrig, insbesondere natürlich für die emanzipierte Iduna. Dagegen helfen auch die zaghaften Mässigungs- und Schlichtungsversuche der Gastgeberin Karline (Gisela Brogli) nichts. Allein die aufgestellte Köchin Kattri (Gisela Gysin), einzig darum bemüht, den Fisch nicht anbrennen zu lassen, benimmt sich untadelig.
Buchstäblich der doppelten Moral verfallen sind die Ehemänner der gehässigen Frauen. Fritz Oberholzer (Lorenzo Pedrocchi) liegt in Abwesenheit seiner Frau Berta der Zirkusartistin zu Füssen. Nicht anders verhält sich der ewig kränkelnde Bruder Gustav (Martin Hüber), der für seine Gesundheit das Leben lassen würde. Aber auch Giacomo (Christian Brogli) kann nicht nah genug an die Schönheit heranrutschten. Eine Ausnahmeerscheinung ist der junge Fischer Marinello (Micha Binkert), welcher von der Anmut der Tochter des Hauses angetan ist.
Im Zirkus Die zum Scheitern verurteilte Geburtstagsfeier wird durch eine turbulente Zirkusschau unterbrochen. Kleine Elfen eröffnen tanzend das Programm vom Zirkus Obolski. Ein Messerwerfer besticht durch seine Treffsicherheit, zwei Jongleure verblüffen mit ihrer Flinkheit und drei Akrobaten strotzen vor Kraftmeierei. Von besonderer Anmut sind die drei Clowns, welche am Schluss ihres Auftrittes mit einem Glockenspiel „Oh mein Papa“ wiedergeben. Komischgrotesk ist die Nummer der prüden Tanten und Onkels, wenn sie als brüllende Raubkatzen mit ihren Krallen den verschmähten Zirkusdirektor vergeblich zu attackieren versuchen.
Zurück zur „Feier“ Im dritten Akt überborden die negativen Affinitäten. Die Geburtstagsfeier gerät total aus den Fugen. Auf den Angriff folgt Beschimpfung und auf die Beschimpfungen wieder ein Angriff. Es scheint so, also ob nichts mehr zu retten sei und kommen muss, was kommen muss. Ob dies so ist, oder es doch noch ein Happy End gibt, sei an dieser Stelle aber nicht verraten.
Eins aber ist sicher, auch beim Theater Zuzgen kommt der „Schwarze Hecht“ als schwarzer Fisch auf den Tisch, aber er wird goldbraun und knusperig serviert. Wer’s nicht glaubt, dem kann nur empfohlen werden, sich an Ort und Stelle davon zu überzeugen. (Vorstellungstermine und Ticketbestellung siehe Homepage)
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