Rechtsmedizinisches Gutachten im Todesfall nach polizeilicher Intervention vom 11.09.2007 in Fislisbach
Von: Bezirksamt Baden (eingesandt)
Rückblick: In den frühen Morgenstunden des 11.09.2007 wollten in Fislisbach zwei Polizisten der Regionalpolizei Rohrdorferberg-Reusstal einen psychisch angeschlagenen Mann, welcher seine Medikamente nicht eingenommen hatte, in das Kantonsspital Baden überführen. Nachdem sich der Mann zuerst verbal gegen das Vorhaben der Polizisten zur Wehr setzte, sprang er unverhofft aus dem Küchenfenster des ersten Stockwerks (Höhe ca. 3 Meter).
Die beiden Polizisten konnten den Mann im Garten vor der Liegenschaft wieder betreffen, wo dieser ein Brett drohend gegen die Polizisten erhob. Dies führte dazu, dass die Polizisten unter dem Einsatz der Schusswaffe den Mann aufforderten, den Gegenstand wegzuwerfen, was dieser auch tat. In der Folge kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung, welche mehrere Minuten dauerte und in deren Verlauf die beiden Polizisten den Mann in Bauchlage mit auf dem Rücken gefesselten Händen fixieren konnten. Die herbeigerufene Ambulanz, sowie weitere Polizisten, welche zur Verstärkung angefordert wurden, trafen wenige Minuten später am Ereignisort ein. Bei deren Eintreffen konnten beim Betroffenen keine Lebenszeichen mehr festgestellt werden. Die Reanimationsmassnahmen mussten erfolglos abgebrochen werden.
Zwischenzeitlich vorliegendes definitives rechtsmedizinisches Gutachten Nach erfolgter Legalobduktion des Verstorbenen wurde durch das Institut für Rechtsmedizin (IRM) Bern vorerst ein provisorisches Gutachten erstellt, welches zum Schluss kam, dass ein klarer Zusammenhang zwischen dem Todeseintritt und dem erfolgten Polizeieinsatz besteht und dass sich der Tod auf keine andere Art erklären liesse als durch ein lagebedingtes Ersticken.
Das definitive rechtsmedizinische Gutachten vom Institut für Rechtsmedizin (IRM) Bern ist zwischenzeitlich beim Bezirksamt Baden eingegangen. Es konnte eine vorbestehende Verengung der Herzkranzschlagadern beim Verstorbenen festgestellt werden. Dieser Befund war nach vertiefter Abklärung seitens der Rechtsmedizin für den fatalen Verlauf jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Gänzlich ausgeschlossen werden konnte, dass der Tod als Folge des Sturzes aus der Wohnung eingetreten ist. Aus rechtsmedizinischer Sicht haben die während mehrerer Minuten anhaltenden Festhaltemassnahmen des damals 41-jährigen Mannes am Boden in Bauchlage den Tod herbeigeführt. Als Todesursache liegt ein akuter lagebedingter Erstickungstod (Sauerstoffunterversorgung des Gehirnes) vor.
Die Schilderungen der beiden Regionalpolizisten über das Vorgefallene stimmen mit den Ergebnissen des Gutachters überein. Das Niederdrücken an den Armen mit am Rücken zusammengebundenen Händen war ausreichend für eine Atembehinderung.
Nach Abschluss der Untersuchung wird durch das Bezirksamt Baden gegen die beiden Regionalpolizisten ein Schlussbericht zur Anklage an die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau verfasst. Es ist davon auszugehen, dass anschliessend seitens der Staatsanwaltschaft eine Anklageerhebung an das Bezirksgericht Baden erfolgen wird.
Ob sich die beiden Regionalpolizisten wegen fahrlässiger Tötung infolge Verletzung von Sorgfaltspflichten / pflichtwidriger Unvorsichtigkeit in strafrechtlich relevanter Weise zu verantworten haben, wird die gerichtliche Beurteilung zeigen.
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