Oberrheinrat will bei nächster Grenzschliessung mitreden
Von: mm/f24.ch
Für den deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinrat ist klar: Funktionierende grenzüberschreitende Kooperationen sind in Krisenzeiten besonders bedeutend. Er fordert deshalb die Regierungen von Deutschland, Frankreich und der Schweiz auf, die engverzahnten Lebenswirklichkeiten bei Einschränkungen des Grenzübertritts künftig stärker zu berücksichtigen.
Plenarsitzung des Oberrheinrats in Karlsruhe
Der Oberrheinrat, das «Parlament» der Dreiländerregion, zog an seiner Plenarversammlung in Karlsruhe erste Bilanz zur Covid-19-Krise. Diese habe die Notwendigkeit einer etablierten Kooperation der Parlamente und der Regierungen aller drei Länder sowie der grenzüberschreitenden Regionen verdeutlicht.
Die etablierte Zusammenarbeit am Oberrhein habe es ermöglicht, sich schnell und unbürokratisch über die aktuellen Entwicklungen auszutauschen und entsprechend zu reagieren. So habe sich das Präsidium des Oberrheinrats früh dafür eingesetzt, die anfänglich sehr bürokratischen Grenzübertritts-Formulare zu vereinfachen.
Als sehr eindrückliches Beispiel für die guten Nachbarschaftsbeziehungen wurde die Aufnahme von Covid-19-Patienten aus dem besonders stark betroffenen Elsass in deutsche und Schweizer Krankenhäuser gewürdigt.
Nora Kronig, Vizedirektorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG), berichtete über diese Patientenverlegungen. Dass in der Schweiz der Bund die Koordination übernahm und die zentrale Ansprechstelle war, um eine möglichst rasche Abwicklung zu gewährleisten, sei für die föderalistische Schweiz sehr ungewöhnlich gewesen, habe sich aber bewährt. Möglich sei dies nur aufgrund der ausgezeichneten Beziehungen zu den Nachbarn gewesen.
Josiane Chevalier, Präfektin der Region Grand Est und in diesem Jahr Präsidentin der Oberrheinkonferenz, schilderte die dramatischen Zustände, die im Elsass herrschten, und bedankte sich für die grosszügigen nachbarschaftlichen Hilfeleistungen.
Auch im Krisenschutz enger zusammenarbeiten
Die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer berichtete über die Auswirkungen der Grenzschliessungen und die Wichtigkeit einer raschen Kommunikation zwischen den Bundes-regierungen in solchen Krisen, um handlungsfähig zu bleiben. Die Krise zeige auch die Chancen, im Gesundheitsbereich sowie im Krisenschutz noch enger zusammenzuarbeiten und Standards zu vereinheitlichen.
Die Mitglieder des Oberrheinrats verabschiedeten einstimmig eine Resolution, in der sie von den Regierungen Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz fordern, im Falle künftiger Einschränkungen beim Grenzübertritt die Lebenswirklichkeiten in den Grenzregionen stärker zu berücksichtigen. Die Regierungen werden ersucht, bei Beschränkungen des Grenzübertritts zwischen den drei Ländern künftig vorgängig die kantonale und regionale Ebene eng einzubinden.
Die Rechtsgrundlagen seien so anzupassen, dass Grenzregionen innerhalb des Schengen-Raums bei Einschränkungen – oder Lockerungen – der Grenzübertrittsbestimmungen die Kompetenz erhalten, die Modalitäten zu beeinflussen und mitzubestimmen, oder diese in alleiniger Kompetenz zu erlassen.
Der zurzeit laufende EU-Gesetzgebungsprozess, der Mechanismen zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse zum Ziel hat, soll beschleunigt werden und bewirken, dass die spezifischen Bedürfnisse der Grenzregionen berücksichtigt werden, auch im Fall von Grenzübertrittsbeschränkungen und epidemiologischen Herausforderungen.
Massnahmen gegen den Biodiversitätsverlust gefordert
Auch wenn aktuell der Fokus auf der Bewältigung der Pandemiekrise liegt, Handlungsbedarf gibt es in der trinationalen Region auch bei anderen Themen. Der Oberrheinrat verabschiedete einstimmig eine weitere Resolution, welche grenzüberscheitende Massnahmen gegen den Biodiversitätsverlust fordert.
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