Abermillionen Verlust bei Schweizer Hochseeflotte
Von: mm/f24.ch
Der Bundesrat hat am 16. Mai 2017 eine Botschaft über einen Nachtragskredit über 215 Millionen Franken verabschiedet und den Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte zugestellt. Mit dem Nachtragskredit soll der voraussichtliche Schaden des Bundes infolge Bürgschaftsziehungen bei den zwölf Hochseeschiffen der SCL- und der SCT-Gruppe des Schweizer Investors Hansjürg Grunder sowie eines früher zur SCL-Gruppe gehörenden Schiffes abgedeckt werden. Für erstere sind diese Woche Verkaufsverträge unterschrieben worden. Für das früher zur SCL-Gruppe gehörende Schiff zeichnet sich eine Lösung ab. Im Jahr 2016 fuhren bei sechs Reedereien insgesamt dreissig Massengutfrachter, zwölf Mehrzweckfrachter und sieben Tankschiffe unter Schweizer Flagge.
Schiff der Schweizer Hochseeflotte in einem deutschen Dock (Foto: Tvabutzku1234)
Weltweite Krise der Hochseeschifffahrt
Der Bund gewährt seit 1959 im Rahmen des Landesversorgungsgesetzes Bürgschaften an Reedereien in der Hochseeschifffahrt. Dies dient dazu, in einem Krisenfall Hochseeschiffe in den Dienst der wirtschaftlichen Landesversorgung zu stellen und damit die Versorgung zu sichern. Ab 2002 betrug der Rahmenkredit 600 Millionen Franken; 2008 wurde er auf 1.1 Milliarden Franken erhöht. Aus diesem Kredit hat der Bund Bürgschaften vergeben, welche sich heute auf rund 770 Millionen Franken belaufen.
Seit 2008 befindet sich die Hochseeschifffahrt weltweit in einer tiefgreifenden Krise. Ausländische Reedereien und Banken erlitten deshalb Milliardenverluste. Ende Januar 2017 hatte Bundesrat Schneider-Ammann die Öffentlichkeit über die Krise von Schweizer Reedereien in der Hochseeschifffahrt informiert und die Risiken von Bürgschaftsziehungen als hoch eingestuft.
Wie das WBF am 27. Januar 2017 mitteilte, hatte es gemeinsam mit der Eidg. Finanzverwaltung EFV seit Mitte 2015 versucht, Schaden für den Bund infolge Bürgschaftsziehungen zu vermeiden oder zu minimieren. Die Investoren- und Käufersuche des Reeders wurde ab Herbst 2016 durch den Bund begleitet.
Schwieriger und verlustreicher Verkaufsprozess der SCL- und SCT-Schiffe
Die Probleme betreffen die SCL- und SCT-Gruppe mit zwölf Schiffen. Trotz Sanierungsvorgaben des Bundes gelang es der Reederei nicht, bis im Herbst 2016 eine wirtschaftlich tragfähige Investorenlösung abzuschliessen oder einen Käufer für die zwölf Schiffe zu finden. Der Verkauf der Schiffe mit Inkaufnahme eines hohen Verlustes für den Bund als Bürgen erwies sich immer klarer als der einzig gangbare Weg.
Der ab November 2016 vom Bund unterstützte Verkauf der Schiffe bzw. die Umsetzung einer tragfähigen Investorenlösung, allenfalls mit Besserungsschein, verlief zäh. Der Prozess zeigte die Grenzen und Schwierigkeiten des Bundes, in seiner Rolle als Bürge den Verkaufsprozess zu beeinflussen.
Diese Woche wurden für die SCL- und SCT-Schiffe verbindliche Verkaufsverträge unterschrieben, die in den nächsten drei Monaten umgesetzt werden. Über die Details der Verkäufe – beispielsweise die Käufer – will / kann der Bund nicht informieren.
Im Rahmen des oben beschriebenen Prozesses zeigte sich, dass auch ein 2011 von der SCL an einen Investor verkauftes Schiff nicht mehr wirtschaftlich tragbar betrieben werden kann. Auch bei diesem Schiff zeichnet sich eine Lösung ab. Diese wird ebenfalls zu einem Verlust für den Bund führen, der entsprechend in den Nachtragskredit integriert wurde.
Die dreizehn betroffenen Schiffe waren mit Bürgschaften des Bundes in der Höhe von insgesamt 254 Millionen Franken versehen. Dies entspricht jedoch nicht dem zu erwartenden Verlust für den Bund. Dazu kommen in den vergangenen Monaten von einer Bank geleistete Überbrückungsfinanzierungen sowie weitere, namentlich maritime Verbindlichkeiten für die Ermöglichung eines lastenfreien Verkaufs der Schiffe. Abzuziehen sind der Verkaufserlös der Schiffe und bereits erfolgte Amortisationen.
Der geschätzte maximale Gesamtausfall für den Bund beläuft sich inklusive einer Sicherheitsmarge auf 215 Millionen Franken. Unter Berücksichtigung der Verkaufserlöse beantragt der Bundesrat nun in seiner Botschaft einen Nachtragskredit von 215 Millionen Franken.
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