Cannabis-Markt unter der Lupe
Von: mm/f24.ch
Ein interdisziplinäres Team von Forschenden von Sucht Schweiz, dem Institut für Kriminologie der Universität Lausanne und Unisanté hat den Betäubungsmittelmarkt im Kanton Waadt untersucht. Nach Heroin und Stimulanzien lag das Interesse dieses Mal bei Cannabis. Der Cannabis-Markt ist von allen Betäubungsmitteln der grösste, doch bleibt der Umsatz hinter demjenigen beim Kokain zurück.
Der Cannabis-Markt setzt ein Volumen um, das vier bis sieben Mal grösser ist als bei allen anderen Betäubungsmitteln zusammen. Für den Kanton Waadt wird geschätzt, dass jährlich 3,5 bis 5,1 Tonnen Cannabis konsumiert werden, was mehr als 50‘000 Joints pro Tag entspricht. Hinzu kommen die Beschlagnahmungen der Waadtländer Polizei, die mit rund 183 Kilogramm 3,5 bis 5,0 Prozent darstellen. Wird das Gesamtvolumen von 3,7 bis 5,3 Tonnen auf die ganze Schweiz hochgerechnet, ergibt sich ein Marktvolumen von etwa vierzig bis sechzig Tonnen Cannabis, also weniger als die bisweilen genannten 100 Tonnen.
Der Jahresumsatz des Cannabis-Marktes dürfte im Kanton Waadt etwa 31,7 bis 46,3 Millionen Franken erreichen und Erträge von zwanzig bis dreissig Millionen Franken generieren. Damit liegen diese Zahlen zwar tiefer als bei Kokain, aber deutlich höher als bei Heroin, Ecstasy und Amphetaminen. Werden diese Zahlen für den Kanton Waadt auf die Schweiz hochgerechnet, ergeben sich Umsatzwerte von 340 bis 500 Millionen Franken sowie Erträge von etwa 220 bis 325 Millionen Franken.
Das Pendel schlägt zurück
Bis Mitte der 1990er Jahre lag Cannabis hauptsächlich in Form von importiertem Harz (Haschisch) vor, das später von lokal angebautem Gras (Marihuana) mit teils hohem THC-Gehalt abgelöst wurde.
Heute schlägt das Pendel gewissermassen zurück. Aufgrund der Datenlage ist anzunehmen, dass die Importe (Harz und Gras) heute volumenmässig der lokalen Produktion von Gras entsprechen und dass dem Harz wieder eine nicht zu unterschätzende Marktstellung zukommt (Grössenordnung 30 % Marktanteil).
Dies insbesondere darum, weil es von den stark Konsumierenden genutzt wird und der THC-Gehalt angestiegen ist (durchschnittlich 28 % in beschlagnahmten Stichproben). Der lokale Kleinanbau von Gras (Eigenanbau) dürfte etwa ein Zehntel des Gesamtmarkts ausmachen.
Neu: Mischung von illegalem und legalem Cannabis
Die Analyse von Beschlagnahmungen kleiner Mengen zeigt, dass sich auf dem Markt heute auch Mischungen von illegalem Cannabis mit viel THC und legalem CBD-Cannabis mit weniger als einem Prozent THC finden. Ein Grund dafür sind bestimmt die sinkenden Preise auf dem legalen Cannabis-Markt.
Die Akteure
Eine Besonderheit des Cannabis-Marktes ist die grosse Vielfalt der Akteure. Diese gehen vom Konsumenten, der ein paar Pflanzen für den Eigengebrauch anbaut, bis zu kriminellen national oder international tätigen Organisationen, die Cannabis zentnerweise produzieren oder importieren und ihre Vorräte auch mit Waffengewalt verteidigen.
Dazwischen finden sich Kleinimporteure unterschiedlicher Art und Herkunft sowie auch Hanfbauern und Hobbygärtner. Den Marktanteil dieser unterschiedlichen Kategorien einzuschätzen, ist jedoch mit dem heutigen Wissensstand nicht möglich.
Der Kauf von Cannabis erfolgt oft im privaten Kreis oder bei Bekannten, die ebenfalls konsumieren und die allmählich in den Handel eingestiegen sind, weil sie direkten Zugang zu einer Nachschubquelle hatten. Wahrscheinlich spielt der Strassenverkauf eine eher untergeordnete, der Verkauf in öffentlichen Lokalen (Bars, Cafés) dafür aber eine grössere Rolle.
Marktmotoren
Es wird geschätzt, dass weniger als neun Prozent der Konsumierenden Cannabis intensiv gebrauchen (an mind. 20 Tagen pro Monat). Diese kleine Gruppe steht für die Hälfte des gesamten Cannabis-Konsums im Kanton Waadt.
Dafür werden monatlich mehrere Hundert Franken pro Kopf ausgegeben. Offenbar spielt eine weitere Gruppe eine wichtige Rolle: (Ehemalige) Opioid-Konsumierende, die neben vielen anderen Substanzen auch Cannabis konsumieren. Obschon sie nur ein bis zwei Prozent der Konsumierenden ausmachen, dürften sie etwa zehn Prozent des Gesamtvolumens für sich beanspruchen.
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