Ueli Maurer wird der Geldhahn zugedreht
Von: mm/f24.ch
Der Bundesrat hat am Freitag den Armeebericht 2010 verabschiedet. Er hat damit den Startschuss gegeben für die politische Diskussion darüber, wie die Armee in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts ausgestaltet werden soll. Der Armeebericht 2010 ist eine weitere Etappe in der sicherheitspolitischen Diskussion. Im Sicherheitspolitischen Bericht 2010 hatte der Bundesrat im Sommer bereits an den Grundpfeilern „Milizarmee“ und „Allgemeine Militärdienstpflicht“ festgehalten. Das nun im Armeebericht 2010 skizzierte Grundmodell sieht 80‘000 Armeeangehörige vor und entspricht mit einem Ausgabenplafond von 4,4 Milliarden Franken (plus allfällige Teuerung) den finanzpolitischen Vorgaben des Bundesrates. Er hat das VBS beauftragt, bis in einem Jahr Sparmassnahmen aufzuzeigen, damit die 4,4 Mrd. Franken nicht überschritten und mittelfristig ein adäquates Verhältnis zwischen Betriebs- und Investitionskosten gewährleistet werden. Es wird ein Investitionsanteil von gegen 40 Prozent und ein Betriebsausgabenanteil von rund 60 Prozent angestrebt. Bis Ende 2012 sollen dann die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung dieses Grundmodells dem Parlament unterbreitet werden.
Unabhängig von dem im Armeebericht 2010 umschriebenen Grundmodell für die künftige Armee und zeitlich vorgelagert laufen die Konsolidierung der Armee XXI und die Umsetzung des Entwicklungsschrittes 2008/2011. Parallel dazu läuft auch der Auftrag des Bundesrates vom 25. August 2010 an das VBS und an das Eidg. Finanzdepartement, bis Ende 2011 Möglichkeiten für die Finanzierung eines Tiger-Teilersatzes in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts aufzuzeigen.
In einem einleitenden Standbericht hält der Armeebericht 2010 die von der Armee in den letzten Jahren erbrachten Leistungen fest. So wurden jährlich rund 6,4 Millionen Diensttage geleistet, 94 Prozent davon dienen der Ausbildung und den Grundfunktionen des Bereichs Verteidigung. Im In- und Ausland leistete die Armee 2009 rund 387‘000 Diensttage zur Zufriedenheit der Leistungsbezüger (Botschaftsschutz, WEF, Verstärkung des Grenzwachtkorps, Friedensförderung, Katastrophenhilfe usw.). Der Bericht beleuchtet aber auch die noch vorhandenen Mängel in einzelnen Bereichen, namentlich bei der Ausrüstung, in der Informatik und in der Logistik, und geht auf die Massnahmen zu deren Behebung ein.
Sollbestand von 80‘000 Armeeangehörigen
In Anlehnung an den sicherheitspolitischen Bericht werden dann die Bedrohungen und Gefahren aufgezeigt, bei welchen die Armee Leistungen zu erbringen hat, und die Konsequenzen dargelegt, die sich für die Armee ergeben. Diese Anforderungen bestimmen grundsätzlich das Leistungsprofil der Armee.
Darauf gestützt wird ein Grundmodell der Armee der Zukunft skizziert, das den Rahmenbedingungen Neutralität, Milizprinzip und allgemeine Militärdienstpflicht, welche in der Bundesverfassung festgelegt sind, entspricht.
Diese künftige Armee sieht einen Sollbestand von 80‘000 Armeeangehörigen vor. Die einzelnen Aufträge sollen mit folgenden Beständen erfüllt werden:
- 22‘000: Operative Reserve und Erhalt und Weiterentwicklung der umfassenden Verteidigungskompetenz, einschliesslich der Wirkung in der Luft
- 35‘000: Unterstützung der zivilen Behörden bei ausserordentlichen Ereignissen einschliesslich Ablösungen, davon 150 für Katastrophenhilfe aus dem Stand, 800 für rasche Unterstützung der zivilen Behörden, 8‘000 für Konferenzschutz und Schutz kritischer Infrastruktur
- 22‘000: Basisleistungen sowie Teil Ausbildung und Support; Basisleistungen sind z.B. die Beschaffung von Nachrichten für die zivilen Behörden, Führungsunterstützungsleistungen für andere Departemente und Ämter wie Botschaftsfunkt, Polycom, Skyguide, Betrieb von Führungsinfrastruktur für den Bundesrat, ABC-Abwehr, Armeesanität
- 1‘000: Assistenzdienst im Ausland sowie Beiträge in friedensfördernden Operationen in Form von bewaffneten Kontingenten, unbewaffneter Einzelpersonen oder Kleindetachemente.
Ausgabenplafond 4,4 Milliarden Franken
Das Grundmodell muss innerhalb der finanzpolitischen Vorgaben des Bundesrates mit einem Ausgabenplafond von 4,4 Milliarden Franken (plus Teuerungsausgleich) realisiert werden.
Der Bundesrat hat das VBS deshalb beauftragt, bis in einem Jahr Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen, um die finanziellen Vorgaben einzuhalten, und die entsprechenden Konsequenzen auf das Leistungsprofil darzulegen.
Als Sparmöglichkeiten werden aufgeführt:
- Verzicht auf vollständige, flächendeckende Ausrüstung der Verbände zur Unterstützung der zivilen Behörden
- Ausrüstungsstandard, Technologieniveau
- Stellenabbau in Armee und Verwaltung
- Verzicht auf den Abbau des aufgelaufenen Sanierungsbedarfs der Immobilien
- weiterer Abbau von Standorten und Infrastruktur
- weitere Ausserdienststellungen
- Dienstleistungsmodelle und Reduktion der Anzahl Diensttage
- Reduktion der Komponente Verteidigung
- Verringerung des Armeebestandes
- internationale Kooperation
- Verzicht auf den Tiger-Teilersatz
Die skizzierten Massnahmen sollen eine politische Debatte ermöglichen. Entscheidungen sollen aber erst nach einer vertieften Analyse getroffen werden. Einsparungen werden Auswirkungen auf das Leistungsprofil der Armee haben und nicht ohne bedeutende wirtschaftliche Konsequenzen bleiben.
Andere Armeemodelle werden nicht weiterverfolgt
Der Bundesrat hat überdies beschlossen, verschiedene theoretisch denkbare andere Armeemodelle nicht weiter zu verfolgen, weil sie den politischen, gesellschaftlichen und militärischen Realitäten nicht entsprechen. Dazu gehören eine Berufsarmee, eine reine Wehrpflichtarmee (d.h. eine Armee, in der alle Milizangehörigen Durchdiener wären), eine Armee, in der die Kader vollständig aus Zeit- oder Berufssoldaten bestehen, eine Partisanenarmee und eine Armee ohne die Fähigkeit zur Abwehr eines militärischen Angriffs.
Hingegen bleibt die Frage aktuell, ob der Anteil an Durchdienern angehoben werden sollte, sei es, um die Bereitschaft der Armee zu erhöhen, um die Kompatibilität von Milizarmee und Gesellschaft zu verbessern, um den Ausbildungsbetrieb effizienter zu machen oder den Bestand der aktiven Armee zu verringern. Das Durchdienermodell hat nach Ansicht des Bundesrates verschiedene Vorteile, aber auch Nachteile. Erste Berechnungen zeigen keinen signifikanten Spareffekt. Entsprechende Modellrechnungen sollen vertieft werden. Im Hinblick auf das Milizprinzip werden im Übrigen rechtliche Fragen aufgeworfen, die noch nicht alle beantwortet sind.
Der Zeitplan
Ende 2012 soll die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Anpassungen des Militärgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung über die Armeeorganisation bereit sein. Die konkreten Anpassungen könnten damit voraussichtlich ab 2015 umgesetzt werden.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»