Der Bundesrat will die organisierte Suizidhilfe ausdrücklich regeln. Er schlägt zwei Varianten zur Änderung des Strafrechts vor: Festlegung von klaren Sorgfaltspflichten im Strafrecht für Mitarbeitende von Suizidhilfeorganisationen oder aber die organisierte Suizidhilfe zu verbieten. Der Bundesrat hat am Mittwoch die zwei Varianten eines Gesetzesentwurfes mit einem erläuternden Bericht in die Vernehmlassung geschickt, die bis am 1. März 2010 dauert.
An der bisherigen liberalen Regelung, welche die Beihilfe zum Suizid ohne selbstsüchtige Beweggründe zulässt, will der Bundesrat grundsätzlich keine Abstriche machen. Da die Suizidhilfeorganisationen aber den rechtlichen Spielraum vermehrt ausschöpfen und sich teilweise den staatlichen und standesrechtlichen Kontrollmechanismen entziehen, drängen sich nach Überzeugung des Bundesrates Leitplanken und Schranken auf. Diese sollen verhindern, dass sich die organisierte Suizidhilfe zur gewinnorientierten Tätigkeit entwickelt. Sie sollen zudem gewährleisten, dass die organisierte Suizidhilfe todkranken Patienten vorbehalten bleibt und nicht durch chronisch oder psychisch kranke Menschen in Anspruch genommen werden kann. Der Suizid soll nur der letzte Ausweg sein. Im Vordergrund muss nach Ansicht des Bundesrates der Schutz des menschlichen Lebens stehen. Insbesondere durch die Förderung der Palliativmedizin und der Suizidprävention können suizidwilligen Personen Alternativen zum Suizid geboten werden.
Variante 1: Strenge Sorgfaltspflichten Der vom Bundesrat bevorzugte Gesetzesentwurf sieht vor, die beiden gleichlautenden Artikel 115 des Strafgesetzbuches (StGB) und Artikel 119 des Militärstrafgesetzes (MStG) mit verschiedenen Sorgfaltspflichten zu ergänzen. Folgende Elemente sind dabei wesentlich:
Freier und dauerhafter Wille Mitarbeitende von Suizidhilfeorganisationen machen sich demnach in einem konkreten Fall von Suizidhilfe dann nicht strafbar, wenn erwiesen ist, dass sie alle im StGB aufgeführten Sorgfaltspflichten beachtet haben. Zunächst muss die suizidwillige Person ihren Willen frei äussern und sich ihren Entscheid reiflich überlegt haben. Diese Bestimmung soll überstürzte und unbedachte Entscheide ausschliessen.
Zwei ärztliche Gutachten erforderlich Erforderlich sind zudem zwei Gutachten von zwei verschiedenen Ärztinnen oder Ärzten, die von der Suizidhilfeorganisation unabhängig sind. Ein Gutachten muss belegen, dass die suizidwillige Person urteilsfähig ist, das zweite, dass die suizidwillige Person an einer körperlichen Krankheit leidet, die unheilbar ist und in kurzer Zeit zum Tod führen wird. Damit ist die organisierte Suizidhilfe für Personen mit chronischen Krankheiten ohne tödliche Prognose sowie für psychisch Kranke ausgeschlossen. Die umfassende Behandlung, Pflege und Unterstützung im Sinne der Palliativmedizin soll es diesen Menschen ermöglichen, in Würde weiter zu leben.
Kein Erwerbszweck Der Suizidhelfer muss ferner Alternativen zum Suizid aufzeigen und mit der betroffenen Person prüfen. Das eingesetzte Medikament muss ärztlich verschrieben worden sein, was eine nach ärztlichen Berufs- und Sorgfaltspflichten vorgenommene Diagnose und Indikation voraussetzt. Der Suizidhelfer verfolgt keinen Erwerbszweck; er darf keine Gegenleistung annehmen, die die Kosten und Auflagen für die Suizidhilfe übersteigen würde. Diese Bestimmung stellt sicher, dass sich der Suizidhelfer nicht von eigennützigen Motiven leiten lässt und dass die Hilfe für die suizidwillige Person im Vordergrund steht. Die Suizidhilfeorganisation und der Suizidhelfer müssen schliesslich über jeden Fall eine vollständige Dokumentation erstellen, um allfällige Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden zu erleichtern. Der Bundesrat ist überzeugt, dass mit der Festlegung dieser Sorgfaltspflichten Auswüchse und Missbräuche in der organisierten Suizidhilfe unterbunden und der sog. Sterbetourismus eingedämmt werden können.
Variante 2: Verbot der organisierten Suizidhilfe Als Variante zu einer Einschränkung stellt der Bundesrat ein Verbot der organisierten Suizidhilfe zur Diskussion. Diese Variante geht von der Annahme aus, dass eine in einer Suizidhilfeorganisation tätige Person von vorneherein nicht aus rein altruistischen Gründen handeln und eine ausreichend enge Beziehung zur suizidwilligen Person entwickeln kann.
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