Klimawandel beeinflusst Überschwemmungen
Von: Josef Zens
Ein internationales Forschungsprojekt zeigt erstmals in grossem Umfang, dass der Klimawandel das Ausmass der Hochwasserereignisse in Europa verändert. Demnach nehmen Hochwasserereignisse in Nordwesteuropa zu und in Südosteuropa ab.
Der Klimawandel beeinflusst nicht nur das zeitliche Muster von Überschwemmungen, sondern auch ihr Ausmass. Das zeigt eine internationale Studie, die Daten von mehr als 3‘700 Hochwassermessstellen aus ganz Europa in einem Zeitraum von fünfzig Jahren auswertete. Die Studie, an der auch Bruno Merz vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ beteiligt war, erschien in der Zeitschrift Nature.
Über die Ufer tretende Flüsse verursachen weltweit jedes Jahr rund 100 Milliarden Dollar Schaden. Und schon länger vermuten Forschende, dass der Klimawandel das Problem verschärfen könnte. Doch es fehlten Daten.
„Nachdem wir vor zwei Jahren zeigen konnten, dass sich die zeitlichen Muster ändern, haben wir gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen jetzt nachgewiesen, dass auch die Schwere der Ereignisse vom Klimawandel beeinflusst wird“, sagt Bruno Merz. Er war an der Studie beteiligt, die von Günter Blöschl geleitet wurde. Blöschl forscht an der Technischen Universität Wien und war sechs Jahre lang Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Geo Forschung Zentrums (GFZ. Der Hochwasserexperte sagt: „Unabhängig von den notwendigen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels werden wir in den kommenden Jahrzehnten die Auswirkungen dieser Veränderungen sehen. Das Hochwassermanagement muss sich an diese neuen Gegebenheiten anpassen. Es wird seit langem vermutet, dass der Klimawandel Auswirkungen auf das Ausmass von Hochwasser hat, da eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser speichern kann“, erklärt Günter Blöschl. „Aber das ist nicht der einzige Effekt, Hochwasseränderungen sind komplizierter.“
Die Auswertung der Daten ergab unterschiedliche Trends in den verschiedenen Regionen Europas: In Mittel- und Nordwesteuropa, zwischen Island und den Alpen, nehmen die Überschwemmungen zu, weil die Niederschläge zunehmen und die Böden feuchter werden. In Südeuropa hingegen sinken die Hochwasserstände tendenziell - denn der Klimawandel führt dort zu sinkenden Niederschlägen und die höheren Temperaturen führen zu einer erhöhten Verdunstung des Bodenwassers. Bei kleinen Flüssen können die Überschwemmungen jedoch aufgrund häufigerer Gewitter und Veränderungen im Landmanagement (z.B. Entwaldung) grösser werden.
Im kontinentaleren Klima Osteuropas sinken auch die Überschwemmungsniveaus, was auf weniger Schnee im Winter zurückzuführen ist. „Es gibt in ganz Europa klare Muster des Hochwasserrisikos, die mit den prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels übereinstimmen“, sagt Blöschl. Bisher reichten die Daten nicht aus, um festzustellen, ob sich beides – Ausmass und zeitliches Muster – von Hochwasserereignissen europaweit verändert. Jetzt sagen die Autorinnen und Autoren: Ja, die Auswirkungen des Klimawandels sind hier deutlich sichtbar.
Das Ausmass der Hochwasseränderungen ist bemerkenswert: Sie reichen von einem Rückgang des erwarteten Hochwasserniveaus um 23% pro Jahrzehnt bis zu einem Anstieg um 11% pro Jahrzehnt (im Vergleich zu den langfristigen Durchschnittswerten). Wenn sich diese Trends auch in Zukunft fortsetzen, sind in vielen Regionen Europas erhebliche Auswirkungen auf das Hochwasserrisiko zu erwarten.
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