Hochgiftige Insektizide im Schweizer Wald
Von: mm/f24.ch
Im Schweizer Wald wurden 2018 rund 700 Kilogramm hochtoxische Insektizide auf gefällte Stämme gespritzt. Dies zeigen Recherchen der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU, welche nun ein Verbot der „Giftkeule“ im Wald fordern.
Gefällte Baumstämme werden mit hochgiftigen Insektenmitteln behandelt. (Foto: Baudirektion Kanton Zürich/AefU)
Der Borkenkäfer liebt ungeschältes, geschlagenes Holz und kann es befallen. Dagegen spritzen besonders jetzt im Frühling viele Forstbetriebe die äusserst giftigen Insektenmittel der Cypermethrine (siehe Info). Die dabei verwendete Menge Gift kennt der Bund nicht.
Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) erstellten auf Basis einer Umfrage bei den 25 kantonalen Waldbeauftragten eine Hochrechnung, welche ergeben habe, dass 2018 etwa 700 Kilogramm hochtoxische Insektizide im Schweizer Wald auf gefällte Baumstämme gespritzt (sogenannte Rundholzspritzung) wurden. Im Wald landen somit rund zwölf Prozent der gesamten Cypermethrin-Menge, die in der Schweiz verkauft wurde.
Verbotene Insektizide
Die AefU Recherchen zeigen zudem, dass im Schweizer Wald 2018 sogar bereits verbotene Insektengifte ausgebracht worden seien. Im Aargauer Wald landeten demnach vier Spritzmittel auf den Baumstämmen, die seit Juli 2017 nicht mehr zulässig sind. Zwei davon enthielten das extrem toxische Chlorpyrifos (vgl. Info).
Auch Holzlager im Berner Wald hätten 2018 ein Chlorpyrifos-Produkt sowie zwei weitere verbotene Insektizide abbekommen. In den Kantonen Fribourg, Luzern und Zug sei je ein verbotenes Mittel zur Anwendung gekommen.
Zwar hält das Schweizer Waldgesetz fest: «Im Wald dürfen keine umweltgefährdenden Stoffe verwendet werden» (Art. 18 WaG). Ausnahmen sind möglich, doch diese scheinen eher die Regel zu sein: denn gemäss den AefU bewilligten vergangenes Jahr 22 der 25 kantonalen Forstämter den Einsatz hochgiftiger Insektizide, um im Wald gefällte Baumstämme zu ‹imprägnieren›.
FSC-Label schützt den Wald nicht vor Insektiziden
Erstaunlicherweise, so die AefU erlaube auch das Holzlabel FSC Schweiz den Einsatz der hochgiftigen Cypermethrin-Insektenmittel, da die Waldbesitzer ohne die Ausnahmeregelung für Cypermethrin bei FSC ausstiegen. «Würde das Holz entrindet oder permanent abgeführt, dann wäre der Einsatz von Cypermethrin nicht notwendig», erklärt Hubertus Schmidtke, Geschäftsführer des Vereins FSC Schweiz auf Anfrage der AefU. «Ab diesem Sommer will FSC Schweiz Cypermethrin möglicherweise nicht mehr akzeptieren. Das stünde dem Label gut an.»
Glarner Wald ohne Gift
«Was FSC Schweiz erst plant, gilt im Kanton Glarus seit mindestens fünf Jahren. Er hatte damals beschlossen, im Wald keine Insektizide mehr einzusetzen», sagt Maurus Frei, Leiter der Glarner Fachstelle Wald. Dafür müsse im Glarnerland das meiste Holz sofort aus dem Wald geschafft werden. Gelinge das, seien die Insektizide überflüssig. Das sei eine organisatorische Frage und habe auch 2018 trotz Sturm ‹Burglind› geklappt.
Bumerang für das Öko-Image von Schweizer Holz
Die AefU mutmassen, die meisten Kantone wie auch das Bundesamt für Umwelt BAFU rechtfertigen den Insektizideinsatz bei den geernteten Stämmen damit, dass die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft konkurrenzfähig bleiben müsse. Diese Billigung von Insektengift bei der Holzernte könne sich aber als Bumerang herausstellen für das ökologische Image des Schweizer Holzes, auf das sich die Branche berufe.
Die AefU fordern daher ein Verbot des Insektizid-Einsatzes im gesamten Schweizer Wald.
INFO
Die Insektizide Cypermethrin und Chlorpyrifos
Cypermethrine (z.B. Cypermethrin, alpha- und zeta-Cypermethrin) gelten als für den Menschen sehr giftig, reizend und organschädigend. Einige stehen im Verdacht, wie Hormone zu wirken und Krebs auszulösen. Alle Cypermethrine sind zudem starke Fischgifte. Sie stellen eine grosse Gefahr für naheliegende Gewässer dar. Zeta-Cypermethrin ist ausserdem giftig für Bienen.
Chlorpyrifos gilt ebenfalls als sehr giftig sowie reizend und steht im Verdacht, hormonaktiv zu sein sowie die Entwicklung des Gehirns bei Kindern zu beeinträchtigen. Auch Chlorpyrifos ist ein starkes Fischgift und zudem toxisch für Vögel.
Für diese äusserst problematischen Insektizide will das Bundesamt für Umwelt BAFU in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) neue Grenzwerte festschreiben. Angesichts der Giftigkeit habe es 2018 jedoch extrem tiefe Grenzwerte vor.geschlagen, welche laut AefU aber mit den in Labors üblichen Analysemethoden gar nicht überprüfbar seinen, weshalb sie diese ‹Alibiübung› ablehnen und das sofortige Verbot dieser Insektizide fordern.
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»