Möhlins Wachstumsfrage - Mehr Einwohner oder höhere Steuern?
Von: Hans Berger
Möhlins Mühlen mahlen langsam, zumindest was dessen Entwicklungsplanung angeht. Seit über vier Jahren debattieren Exekutive und Legislative über die bauliche Zukunft des Dorfes, welche unzertrennbar auch mit dessen finanzieller Perspektive verknüpft ist. Grundsätzlich hätte der Gemeinderat gegen ein Nullwachstum nichts einzuwenden, wenn die Bevölkerung dafür eine erhebliche Steuererhöhung in Kauf nehmen würde. Den „Foifer und s’Weggli“ gibt’s eben nur beim bekannten Trio „Trionettli“, aber nicht bei der Gemeinde Möhlin.
(v.l.) Fredy Böni, Gemeindeammann, Dieter Vossen, Gemeindeschreiber, René Berger, Leiter Bau und Umwelt
Rückblick
Am Anfang stand das aus der Zukunftskonferenz von Ende April 2007 und der darauf folgenden Ergebniskonferenz resultierende Leitbild, an dem seinerzeit rund 150 Personen mitwirkten, danach konnte die Bevölkerung in einer Online-Befragung nochmals Stellung dazu beziehen.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen erarbeitete in der Folge eine breit abgestützte Kommission Möhlins Zukunft bestimmende „Gesamtrevision Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland“, welche der Bevölkerung im Mai 08 zum ersten Mal und zur Eröffnung des Mitwirkungsverfahrens Mitte November 09 zum zweiten Mal vorgestellt wurde, nach einer nochmaligen Überarbeitung lag diese vom 2. bis 31. März 2010 öffentlich auf. Trotzdem zeigte sich der Souverän an der Gemeindeversammlung vom 20. Oktober 2010 mit dem Resultat doch nicht befriedigt und wies das Geschäft wieder zurück. Grund der Opposition war die Preisgabe von Fruchtfolgefläche sowie die Wachstumsfrage, über welche Möhlins Legislative am 22. Sept. 2011 nun abermals befinden muss.
Schuldfrage
Nicht nur Möhlins Bevölkerung ist über die durch den Bauboom der letzten Jahre ausgelöste Veränderung des eigenen Dorfbildes schockiert. Dabei wird aber oft vergessen, dass dafür weder der Gemeinderat noch der Bauboom als vielmehr der jeweils von den Gemeindeversammlungen bewilligte, auf 15 Jahre ausgerichtete Zonenplan verantwortlich ist. Jener von Möhlin stammt aus dem Jahr 1995, der damals 24 Hektaren Bauland auswies. Wen wundert’s also, dass Möhlin heute bis auf rund sechs Prozent überbaut ist. Offensichtlich erfreut sich das Dorf bei Wohnungssuchenden grosser Beliebtheit. Andere Gemeinden vom Fricktal, abseits der vom Kanton definierten Entwicklungsachse, würden Möhlin gerne einige seiner Zuzüger abnehmen, so sie dann kommen wollten.
Neue Fakten
Aufgrund der Zurückweisung des Souveräns ging der Gemeinderat nochmals über die Bücher. Obwohl das Räumliches Gesamtkonzept (RGK) aus dem Jahre 2008 bereits viele Perspektiven aufzeigte, veranlasste der Gemeinderat zusätzliche umfangreiche, vermutlich nicht billige, Analysen über die Einwohnerdichte in den einzelnen Quartieren und deren Entwicklungspotential.
Als Konsequenz daraus verzichtete der Gemeinderat schweren Herzens, wie Gemeindeammann Fredy Böni an einer Medienorientierung verriet, auf die Einzonung der 4.50 Hektaren grossen Parzelle „Eselacher“, die je nach Nutzungsordnung 250 bis 620 Personen Wohnraum geboten hätte.
Von den 12.17 Hektaren, welche der Gemeinderat der Bauzone zuführen wollte sind nun nur 7.67 Hektaren übrig geblieben, wodurch Möhlin, rein rechnerisch, in den nächsten 15 Jahren um 1'290 Einwohner anwachsen könnte (86 pro Jahr).
Aktuelle Variante
Zwei eigens zur Präsentation und Diskussion der neuen Faktenlage einberufene „Runde Tische“, an denen auch die Kontrahenten Platz nahmen, erwiesen sich als eckig. In der Folge schickte der Gemeinderat den revidierten Zonenplan vom 18. Mai bis 17. Juni in die Vernehmlassung.
Deren Auswertung und die Voten des gestern zum dritten Mal tagenden Runden Tisches bewogen den Gemeinderat eine erneute Lagebeurteilung vorzunehmen. Unter Würdigung der vorgetragenen Argumente kam er sodann zum Schluss, neben dem Gebiet „Eselacher“ auch das Gebiet „Breiti“ mit einer Fläche von rund 2 Hektaren nicht zur Einzonung vorzuschlagen. Damit redimensioniert sich das prognostizierte Wachstum innert 15 Jahren nochmals um 250 auf neu 1'040 Einwohner (70 pro Jahr).
Zugunsten einer positiven Perspektive ist Möhlin nun zu wünschen, dass die Gemeindeversammlung vom 22. September 2011 frei von Emotionen und unbeeinflusst von Lobbyisten die Zukunft mit den damit verbundenen Konsequenzen des mit 1'879 Hektaren (davon 687 Hektaren bewaldet und 348 Hektaren überbaut) drittgrössten Dorfes im Aargau abschliessend an die Hand nehmen kann.
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