Pfarrerin Esther Borer-Schaub sagt adieu
Von: Hans Berger
Dieses Jahr wird es für die reformierten KirchgeängerInnen von Kaiseraugst wohl eher einen merkwürdigen Pfingstgottesdienst geben. 26 Jahre lang hat die Kaiseraugster Pfarrerin Esther Borer-Schaub an diesem kirchlichen Feiertag von dem Pfingsten verheissenden Neuanfang gepredigt und heuer setzt sie selber ein persönliches Zeichen für diese Wende. Am 8. Juni wird die „frischgebackene AHV-Teenagerin“ Pfarrerin Esther Borer-Schaub in einem festlichen Gottesdienst verabschiedet und ab 9. Juni wird in der reformierten Teilgemeinde Kaiseraugst wohl nichts mehr so sein wie es mal war, die Pfingstbotschaft wird Realität.
Pfarrerin Esther Borer-Schaub sagt adieu
An dem, was die Schlagersängerin Katja Ebstein in einem ihrer Hits feststellt: „Abschied ist ein bisschen wie sterben“ ist was dran, darum wird am Pfingstgottesdienst in Kaiseraugst verständlicherweise kaum jene in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments geschilderte Pfingstfreude aufkommen.
Leuchtturm
Selbst in der heutigen so säkularisierten Welt gehören Pfarrerin/Pfarrer alleine nur ihres Amtes wegen der "Würdenträgerkategorie" an. Oft wachsen sie aber darüber hinaus und werden zu Leuchttürmen einer Gemeinschaft. Ein Beispiel dafür ist die scheidende Kaiseraugster Pfarrerin Esther Borer-Schaub.
Zwischen 1988 und 2014 liegen für die Kaiseraugster Kirchgemeinde, welche der Kirchgemeinde Rheinfelden, Kaiseraugst, Magden, Olsberg angehört, segensreiche Jahre. Nach der langen Ära des beliebten Pfarrers Jürg Fahrni schlug dessen Nachfolgerin Esther Borer-Schaub neue Pfähle ein und veränderte so sachte, aber zielstrebig die Gemeindestruktur - unter anderem mit Jugendgruppen, Seglerwochen, Seniorenferien bis hin zum damals noch als revolutionär eingestuften Fasnachtsgottesdienst. Die Pfarrerin wurde eine Pfarrerin "zum anfassen".
Da die Kaiseraugster Reformierten seit jeher ein wenig anders ticken wie die Rheinfelder „Kirchenregierung“, Esther Borer-Schaub sich aber mit „ihrem Volk“ stets solidarisierte, war ihre Position im Gremium nicht immer die Komfortabelste. Umso mehr schätzen aber die Kaiseraugster die Standfestigkeit ihrer Pfarrerin.
Seelsorgerin, Predigerin, Kirchenmanagerin
Darüber hinaus erwies sich Esther Borer-Schaub als mutige, tatkräftige und wortgewandte Pfarrerin mit grossem Gottvertrauen, starkem Selbstbewusstsein und klaren Positionen in theologischen, kirchen- wie gesellschaftspolitischen Fragen, hat in der Gemeinde bei der Bewältigung der grossen und vielfältigen Aufgaben mehr als gute Arbeit geleistet und Vieles ermöglicht. In Allem, ob als Seelsorgerin, Predigerin oder Kirchenmanagerin machte sie es sich nicht leicht, wie aus ihrem Umfeld zu vernehmen ist.
Dies besonders auch bei ihren Seele und Geist nährenden Predigten, welche für sie bis heute die grösste Herausforderung blieben, gestand die Pfarrerin in einem Gespräch, denn schliesslich gehe es dabei darum, „Gottes Wort“ zu verkünden. Aus der Überzeugung, dass für die Sinnlichkeit und Nachhaltigkeit Worte allein nicht genügen, verwendete sie oft Symbole und Bilder, um das Gesagte zu verdeutlichen, respektive zu verinnerlichen.
Breite Unterstützung
Eine wichtige Stütze war für die Pfarrerin ihr Ehemann Martin. „Ohne ihn hätte ich dieses Amt nie ausüben können, er war sowohl mein Assistent wie Berater und Kritiker,“ würdigte sie das Wirken ihres Mannes. Lobende Worte fand Esther Borer-Schaub auch für den jahrelang als Siegrist tätigen Gottfried Felder und die vielen freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Ohne diese fleissigen und verantwortungsbewussten Mitmenschen wäre diese lange Zeit für mich und die Gemeinde kaum zu bewältigen gewesen. Deswegen bin ich für die unwahrscheinlich vielen Fäden, die im Hintergrund gezogen wurden sehr dankbar“, ergänzte die Pfarrerin sinngemäss.
Erstens kommt es….
Esther Borer-Schaubs Werdgang ist exemplarisch dafür, dass es im Leben oft anders kommt wie gedacht. Zwar wuchs die Kleinbaslerin in einem religiösen Umfeld auf, Pfarrerin zu werden war aber für sie damals nie ein Thema. Als gelernte Reisebürofachfrau und spätere Sekretärin in der „Teppichetage“ gehörte es zu ihrer Aufgabe, Menschen zu begleiten, betreuen und ihnen hilfreich zur Seite zu stehen. Aus der Pflicht wurde eine Berufung, welcher sie auch über die obligate Arbeitszeit folgte. „Irgendwann öffneten sich meine Ohren für Gott und Gott wurde für mich zum Menschen“, erinnerte sich die Pfarrerin in einem Gespräch.
Im Lebensabschnitt zwischen dreissig bis anfangs fünfzig Jahren, der sogenannten Midlife-Crisis, kommt bei vielen Menschen die Frage auf: „Woher komme ich und wohin gehe ich?“ Die Sekretärin sann aber schon mit 26 Jahren darüber nach und wollte ein Jahr später die Antwort darauf in einem Theologiestudium finden. Pfarrerin zu werden war auch dann noch fernab ihrer Zukunftsplanung. Im siebten Semester verspürte die Studentin ihre zweite Berufung und so kam es, dass sie 1983 in Pratteln ihr Vikariat absolviert und danach dreieinhalb Jahre in Reinach (BL) als Pfarrerin amtete, bevor sie 1988 die Pfarrstelle in Kaiseraugst antrat.
Neuanfang (Pfingsten)
Nach 26 Jahren brechen nun Esther und Martin Borer-Schaub ihre Zelte in Kaiseraugst ab und ziehen in ihr neu erstelltes Zweifamilienhaus nach Zuzgen. Dies mit einem tränenden und lachenden Auge weil, so die Pfarrerin, sie einerseits ihre Arbeit und die täglichen Kontakte vermissen und andererseits sich auf die neu gewonnene Freiheit freuen werde. Nach einer Auszeit werde sie aber bestimmt wieder als Aushilfe die eine oder andere Kanzel betreten, prognostizierte Pfarrerin Esther Borer-Schaub zum Abschluss des Gespräches.
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