SPK verweigert jugendlichen Papierlosen Berufslehre
Von: mm/f24.ch
Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates will jungen Ausländerinnen und Ausländern ohne geregelten Aufenthaltsstatus kein Recht auf den Zugang zu einer Berufslehre einräumen. Sie beantragt dem Nationalrat, drei entsprechenden Standesinitiativen und einer parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben.
Die SPK hat zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Basel-Stadt und Jura mit jeweils 17 zu 8 Stimmen, eine Standesinitiative des Kantons Neuenburg mit 16 zu 9 Stimmen sowie eine parlamentarische Initiative von Sylvie Perrinjaquet (RL, NE) mit 13 zu 11 Stimmen abgelehnt.
Die drei Standesinitiativen „Zugang zu Lehrstellen für Sans-Papiers“ BS; „Zugang zur Berufslehre für Jugendliche ohne Rechtsstatus“ JU; „Berufslehre für Sans-Papiers“ NE und die parlamentarische Initiative „ Jugendliche Sans-Papiers, Berufsbildung ja, aber keine Umgehung des Rechts“ verlangen, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass Jugendliche ohne geregelten Aufenthalt in der Schweiz eine Berufslehre absolvieren können.
Die Kommission lehnt die Initiativen ab, weil sie der Meinung ist, dass die Problematik mit einer gesetzlichen Regelung nicht befriedigend gelöst werden kann. Durch das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Achtung des Familienlebens und das faktische Verbot der Familientrennung würde die Zulassung der betreffenden Jugendlichen zur Berufslehre ein Aufenthaltsrecht für ihre gesamte Familie begründen und letztlich in eine generelle Legalisierung einmünden.
Die Aufweichung des Ausländergesetzes in diesem Punkt würde zu einer unerwünschten Sogwirkung gegenüber weiteren Einwanderungswilligen ohne geregelten Aufenthaltsstatus führen. Schliesslich müssten die Lehrbetriebe ständig mit dem Risiko strafrechtlicher Massnahmen rechnen. Die Kommission verweist darauf, dass nach dem geltenden Recht in begründeten Härtefällen bereits heute Regularisierungen möglich sind: „ die Familienverhältnisse, insbesondere der Zeitpunkt der Einschulung und die Dauer des Schulbesuchs der Kinder“ sind bei der Beurteilung, ob ein Härtefall vorliegt, besonders zu berücksichtigen (Art. 31 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit).
Nach Ansicht der Kommissionsminderheit ist es eine Ungerechtigkeit, wenn jugendliche „Sans-Papiers“ zwar ein Studium absolvieren können, jedoch wegen der Notwendigkeit eines Arbeitsvertrags von der dualen Berufsbildung ausgeschlossen bleiben. Jugendliche, die keine Schuld an ihrer Situation treffe, sollten in ihrer beruflichen Entwicklung nicht benachteiligt und nicht in die gesellschaftliche Isolation gedrängt werden. Durch einen erfolgreichen Lehrabschluss würden im Falle eines späteren Wegweisungsentscheides auch die Chancen beträchtlich erhöht, sich im Heimatland der Eltern oder in einem Drittland niederlassen zu können. Die Minderheit erachtet deshalb eine einheitliche Regelung für diese Gruppe von Jugendlichen, für die heute zahlreichen Städte und Gemeinden um pragmatische Lösungen ringen, für angezeigt.
Mit ihrem Entscheid relativiert die Kommission den Willen des Parlamentes, in diesem Bereich gesetzgeberische Massnahmen zu treffen. So hatte nach dem Nationalrat in der Herbstsession auch der Ständerat einer Motion „Jugendlichen ohne gesetzlichen Status eine Berufslehre ermöglichen“ zugestimmt, die dem Bundesrat einen entsprechenden gesetzgeberischen Auftrag erteilt.
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