Nachfrage nach Pflege zu Hause wird steigen
Von: mm/f24.ch
Eine neue Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zur Zukunft der Pflege im Alter zeigt, dass nicht nur die Zahl pflegebedürftiger Menschen stark zunehmen wird; es zeichnen sich auch bedeutsame Veränderungen der Art der benötigten Pflege ab. Die Nachfrage nach Hilfe- und Pflegeleistungen zu Hause, etwa durch die Spitex, wird ansteigen. In der Folge wird die Pflege in Heimen noch später als heute und häufiger erst gegen das Lebensende beansprucht werden.
Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Gemäss den Bevölkerungsprognosen des Bundesamtes für Statistik (BFS) wird sich der Anteil der über 65-jährigen Menschen zwischen 2010 und 2030 von 17 auf 24 Prozent erhöhen und anschliessend bis im Jahr 2060 sogar auf 28 Prozent ansteigen.
Besonders rasch zunehmen wird die Zahl und der Anteil der über 80- und über 90-jährigen Frauen und Männer, auch weil die Lebenserwartung im Alter voraussichtlich weiter steigen wird. Damit wächst auch der Anteil jener Menschen in der Schweiz, die auf Pflege angewiesen sind: Während bei den 75-79-jährigen Personen deutlich weniger als 10 Prozent pflegebedürftig sind, sind dies bei den 80-84-jährigen bereits 13 Prozent und bei der 85-jährigen und älteren Bevölkerung gut 34 Prozent. Bei der 90-jährigen und älteren Bevölkerung benötigt sogar jeder und jede Zweite Pflege.
Starke Zunahme pflegebedürftiger Menschen
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) hat untersucht, wie sich die Bevölkerungsentwicklung, aber auch medizinische und gesellschaftliche Trends auf die Pflegebedürftigkeit auswirken werden. Dabei zeigte sich: Selbst wenn sich die Gesundheit alter Menschen in den nächsten Jahren positiv entwickeln wird – beispielsweise dank medizinischem Fortschritt, verbesserter Gesundheitsvorsorge oder verstärkter präventiver Massnahmen – wird der Pflegebedarf stark ansteigen.
Im besten Fall wäre 2030 mit knapp 170’000 Pflegebedürftigen zu rechnen. Bleibt die Dauer von Pflegebedürftigkeit trotz steigender Lebenserwartung im Alter konstant, erhöht sich die Zahl der pflegebedürftigen Alten zwischen 2010 und 2030 von rund 125’000 auf rund 182’000 (plus 46 Prozent). Im ungünstigsten Fall dürften im Jahr 2030 in der Schweiz sogar 230’000 Personen pflegebedürftig sein.
Da mehr Menschen ein sehr hohes Alter erreichen, ist auch mit einem deutlichen Anstieg der Zahl der an Alzheimer und anderen Demenzformen Erkrankten zu rechnen: Die Zahl dürfte – unter Berücksichtigung gleich bleibender Häufigkeit von Demenz wie heute – zwischen 2010 und 2030 von 125’000 auf 218’000 Menschen (plus 75 Prozent) ansteigen.
Verbesserte Behandlungs- und Rehabilitationsstrategien, welche Beeinträchtigungen im Alltag durch hirnorganische Erkrankungen um ein bis zwei Jahre verzögern, könnten die starke Zunahme des Pflegebedarfs zwar abschwächen. Aber auch bei positiver Entwicklung ist in den nächsten Jahrzehnten mit rasch steigenden Zahlen zu rechnen, speziell weil geburtenstarke Jahrgänge die risikoreichen Jahre des Alters erreichen.
Qualitative Veränderungen bei den Pflegearrangements
In den kommenden Jahren wird sich nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen stark ändern, sondern auch die Art der Pflege, welche diese nachfragen. So zeigt die Studie des Obsan, dass die Nachfrage nach ambulanter, professioneller Pflege im Alter, etwa durch die Spitex, steigen wird.
Schon heute leben alte Menschen mehrheitlich zu Hause; bei den 80-84-Jährigen sind dies noch rund 90 Prozent. Anschliessend steigt eine stationäre Versorgung rasch an. Im hohen Alter von 95 Jahren und mehr leben 45 Prozent in einer Alters- und Pflegeeinrichtung.
In der Folge der demografischen, medizinischen und sozialen Trends erfolgt der Eintritt in ein Alters- und Pflegeheim in den kommenden Jahren tendenziell noch später und häufiger erst gegen das Lebensende.
Trend zur Kombination verschiedener Unterstützungsformen
Bei den Pflegearrangements zeichnet sich zudem vermehrt ein Zusammenspiel verschiedener Unterstützungsformen ab. Neue Konzepte kombinieren ambulante und stationäre Angebote. Allein lebende pflegebedürftige alte Menschen können oft nur zu Hause leben bleiben, wenn Spitex und das informelle Netz durch Familie, Freunde und Nachbarn zusammenspielen. Pflegebedürftige Personen mit einem Partner oder einer Partnerin kommen dagegen häufig mit informeller Hilfe alleine zurecht.
Bei zunehmender Pflegebedürftigkeit zeigt sich auch bei pflegenden Partnerinnen und Partnern ein verstärkter Trend, neben der informellen auch professionelle Unterstützung hinzuzuziehen und somit auf eine Kombination verschiedener Unterstützungsformen zurückzugreifen. Dies ist nicht zuletzt auf die starke Zunahme von Demenzerkrankungen zurückzuführen. Denn Demenzerkrankungen erlauben oft nur dann ein Verbleiben zu Hause, wenn eine Kombination von intensiver Angehörigenbetreuung und professioneller Pflege – neben Spitex beispielsweise teilstationäre Betreuung in einem Tagesheim – zum Tragen kommt.
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